Mikrofonregelung (bei Backes & Müller Beta)

bob_lage
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Mikrofonregelung (bei Backes & Müller Beta)

Beitrag von bob_lage »

Hallo liebe Aktivhörer,

ich habe vor einigen Wochen ein schönes Paar BM Beta erstehen können. Optisch gut in Form zeigten sie die üblichen Schwächen nach fast 30 Jahren Betrieb (schwammiger Sound, Aussetzer, Knacken beim Auschalten).

Ich habe alle Elkos, Relais usw. getauscht. Eine Box funktioniert jetzt einwandfrei. Die andere brummt (ca. 50 Hz) im Basslautsprecher. Der Bass fängt dann nach einer Weile stark zu schwingen. Beim Tausch der Module bleibt der Fehler in der Box. An der anderen Box funktioniert das Modul aus der defekten Box einwandfrei. Fazit: Basslautsprecher defekt!

Weil der Bass an einem "normalen" Verstärker ohne Regelung funktioniert, habe ich den Verdacht, dass das Mikrofon defekt ist. Der ohmsche Widerstand des Mikrofons beim heilen Basslautsprecher ist 1,5 kOhm. Der Widerstand des Mikrofons beim defekten Lautsprecher ist 990 Ohm.

Natürlich gibt es Mikrofone dieser Art in Hülle und Fülle für kleines Geld zu kaufen, aber welches ist das Richtige?

Hat jemand schon einmal ein Mikrofon bei der AFB Serie getauscht? Wer kann helfen?

Vielen Dank schon einmal im Voraus!

Beste Grüße

Thomas
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RPWG
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Beitrag von RPWG »

Hallo Thomas,

Kurze Frage: Trat der Fehler vor der Generalüberholung auch schon auf? Gibt es evtl. Undichtigkeiten bei der betroffenen Box?

Ich denke, dass zu Zeiten der AFB-Serie das MCE-2000 von Panasonic recht verbreitet war.

Bei meinen eigenen per Mikrofon gegengekoppelten Chassis habe ich ein WM61A von Panasonic mit Erfolg eingesetzt. Dieses ist aber vom Gehäuse her weitaus Flacher als die Mikrofone der AFB-Serie (rein optisch also überdenkenswert). Sollte der Fehler tatsächlich im Mikrofon liegen, muss noch bedacht werden, dass es Mikrofone gibt, die die Phase invertieren und solche die das nicht tun. Das WM61A z.B. invertiert meiner Erfahrung nach die Phase.

Viele Grüße,
Roman
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Nach 30 Jahren darf man von einem Elektretmodul keine zuverlässige einwandfreie Funktion mehr erwarten (Prof. Fritz Sennheiser, 1976), weil Elektretfolien unter Umwelteinflüssen ihre "eingefrorene" Polarisierung verlieren können. Das sagten in den 1970er Jahren die Hochrechnungen aus den Klimaschrank-Tests, auch wenn Wikipedia anderer Meinung ist.

Die geniale Idee, nicht die Membran in Elektrettechnologie, sondern die Gegenseite, den Mikrofonstator, damit auszustatten (Back-Elektret), und die Membran mit einer leichteren goldbedampften Folie auszuführen, war ein großer Fortschritt. Einerseits, weil die Membran so dünn wie technisch möglich mit Bedampfung erstellt werden konnte, was der Auflösung zugute kam, andererseits weil eine massige Korpusausführung in Elektret mehr Dauerhaftigkeit versprach als eine möglichst dünne Membran. Diese widerspricht dem Herstellungsprinzip, die langen Molekülketten des Kunststoffs in einem starken elektrischen Feld quer auszurichten, bevor der Kunststoff erstarrt. Leider kann ich nicht sagen, wann Back-Elektret den Massenmarkt erreichte, es muss um 1980 herum gewesen sein.

Lötet man ein Elektretmikrofon, kann die Dichtigkeit beschädigt werden. Das ist bekannt, muss aber nicht bedeuten, dass die Undichtigkeit sofort auftritt, und andere mechanische Einflüsse sind auch denkbar. Das beeinträchtigt die Druckaufnehmercharakteristik.
Wikipedia hat geschrieben:Aktuellere Schätzungen gehen davon aus, dass sich das Wissen der Welt sogar etwa alle fünf bis zwölf Jahre verdoppelt, wobei sich diese Rate noch beschleunigt
Welche Halbwertszeit Elektrete damit haben, ist leider nicht gesagt. :oops:

Ob eine defekte Elektretkapsel vorliegt, würde ich nicht mit einem Ohmmeter statisch testen, sondern dynamisch mit einer Tonaufnahme, also mit Batterie, Vorwiderstand, Auskoppelkondensator. Am einfachsten mit Anschluss an einen Laptop Mikrofoneingang, der hat das alles schon drin.

Grüße Hans-Martin
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Markus
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Beitrag von Markus »

Hallo Thomas,

bei meiner früheren BM Omega aus derselben Baureihe hatte ich exakt dasselbe Problem.
bob_lage hat geschrieben:... brummt (ca. 50 Hz) im Basslautsprecher. Der Bass fängt dann nach einer Weile stark zu schwingen.
Bei mir war es ein Relais mit Kontaktschwierigkeiten. Vielleicht hilft Dir das?

Viele Grüße
Markus
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bob_lage
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Beitrag von bob_lage »

Hallo,

vielen Dank für Eure Hinweise.

@Roman: Ich weiß nicht genau, ob der Fehler vor Revision schon aufgetreten ist. Die Bässe beider Boxen funktionierten nicht richtig. Ich habe es dann nicht weiter geprüft und erst einmal "die üblichen Verdächtigen" getauscht. Undichtigkeit ist sicherlich kein Problem. Der Bass brummt ja auch. Das hat sicherlich eine andere Ursache. Das Modul ist auch ok. Wenn ich es in das andere Gehäuse schraube, funktioniert es einwandfrei. Das MCE 200 kann man ja noch kaufen. Ich werde es einfach mal probieren. Hast du ein Datenblatt davon?

@Hans-Martin: Der Test mit der Aufnahme ist eine gute Idee. Da weiß ich auf jeden Fall Bescheid, ob es am MIC liegt, bevor ich investiere.

@Markus: Die Relais sind bereits neu. Die Elektronik funktioniert einwandfrei, wenn ich sie in das andere Gehäude einbaue. Es liegt also definitiv am Lautsprecher bzw. am eingebauten Mikrofon.

Beste Grüße

Thomas
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Thomas

Wenn dir das Prinzip des Wagnerschen Hammers geläufig ist, siehst du auch die Möglichkeit, dass die Zuleitungen am Chassis einen Bruch haben können, bei großen Auslenkungen kommt es zur Unterbrechung, was den Antrieb oder die Regelung massiv stört. Das bezieht sich auf die Schwingspulenzuführung wie auf die Mikrofonleitung.

Grüße Hans-Martin
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RPWG
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Beitrag von RPWG »

Hallo Thomas,

Das MCE-2000 wird soweit ich weiß nicht mehr gebaut, man bekommt es aber noch zu zweistelligen Preisen aus Restbeständen. Das meines Wissens baugleiche WM60 von Panasonic ist ebenfalls abgekündigt:

http://www.panasonic.com/industrial/com ... _a_dne.pdf

Bevor ich mich ernsthaft mit dem Gedanken tragen würde, das Mikro zu tauschen, gehe mal den Vorschlägen von Hans-Martin nach.

Kannst du in etwa die Frequenz der auftretenden Schwingung feststellen (Qualitativ reicht: Eher Richtung wenige 10 bis hundert Hertz / Brummen, oder eher im kHz-Bereich / Pfeifen)?

Viele Grüße,
Roman
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Für das Panasonic WM60a ist schon lange der Nachfolger WM61a eingesetzt, Panasonic hat den Vertrieb eingestellt.

Es spricht sich aber allmählich herum, dass baugleiche Kapseln unter anderem Namen im Verkehr sind. Leider habe ich den Link gerade nicht parat, vielleicht hat Uli ihn gespeichert, das Thema war in einem anderen Forum aufgekommen, welches wir gemeinsam besuchen. Ich vermute, Panasonic hatte den Bereich outgesourced (um es auf denglisch zu sagen). Alternativ kann man wohl jede Elektretkapsel mit Kugelcharakteristik (Druckempfänger) benutzen, deren Arbeitspunkt beim üblichen Wert nahe 0,5mA liegt.

Grüße Hans-Martin
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Zwodoppelvier
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Beitrag von Zwodoppelvier »

Hallo miteinander,

ich könnte mir vorstellen, daß das MCE-4000 ersatzweise passen könnte.

@ Thomas: habe Dir auch eine mail gesendet.

Viele Grüße
Eberhard
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bob_lage
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Beitrag von bob_lage »

Hallo,

danke für die Posts. Einiges hilft sicherlich weiter.

@Hans-Martin: Der Wagnersche Hammer ist mit nicht bekannt gewesen ;-) Allerdings brummt die Box auch , wenn kein Signal anliegt. Der Basslautsprecher schwingt sich dann langsam hoch. Das macht einen Kabelbruch unwahrscheinlich. Dazu kommt, dass der Lautsprecher, an einem anderen Verstärker ohne Regelung angeschlossen, funktioniert (schließt Kabelbruch zur Schwingspule aus) und das man an der Zuleitung zum Mikrofon 900 Ohm messen kann (weil beim heilen Bass 1,5 kOhm gemessen werden, ist ein Kabelbruch mehr als unwahrscheinlich).

@Roman: Das MCE 2000 gibt es z.B. hier: http://www.lautsprecherkauf.com/product ... -2000.html
Das Brummen ist ein 50Hz Ton (nur gehört nicht gemessen). Auch das macht eine mechanische Ursache wie Kabelbruch m.E. unwahrscheinlich.

@Eberhard: Danke für den Tipp und das Angebot. Das MCE 4000 sieht gut aus. Weil es dazu sehr preisgünstig ist, habe ich mal 2 bei Ebay gekauft. Vielleicht geht manchmal "probieren über studieren".


Beste Grüße

Thomas
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Thomas

wenn die 900 Ohm konstant bleiben bei allen Auslenkungen, hast du wohl recht.

Grüße Hans-Martin
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bob_lage
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Beitrag von bob_lage »

Hallo,

heute habe ich das MCE 4000 an einem extra Kabel an das Modul der Beta angeschlossen. Dafür habe ich die original Verbindung am Stecker, der auf das Module gesteckt wird entfernt und dort das neue Kabel angelötet. Das Mikrofon habe ich dann mit Klebeband am Gehäuse vor dem Basslautsprecher fixiert.

Ergebnis:

Der Basslautsprecher knallte einmal noch vorne und dann einmal nach hinten, um dann wild hin und her zu schwingen. Da hatte ich wohl eine astreine Mitkopplung gebaut ;-) Also habe ich die Polung des Mics getauscht.

Ergebnis:

Die Beta funktioniert wieder! Ob sie genauso klingt wie die Box mit dem original Mikrofon muss ich erst noch testen. Ggf. wären beider Mics zu tauschen und der Bass neu einzustellen. Wenn man an das Mic pustet, bewegt sich auch der Basslautsprecher. Leider kratzt er jetzt, wenn man ihn mit der Hand stark rein drückt. Das hat wohl die Mitkopplung verursacht. Im Betrieb hört man davon nichts, aber die Schwingspule ist sicherlich leicht verzogen.

Der schwierigste Teil kommt noch: Das neue Mikrofon muss auf den Basslautsprecher gebracht werden. Dazu muss das alte Mikro ab (Teppichmesser??) und die feinen Drätchen an das neue Mikrofon gelötet werden. Das ist für mich eine echte Herausforderung.

Hat schon jemand Erfahrung damit?

Grüße

Thomas
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cay-uwe
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Beitrag von cay-uwe »

Thomas,

super, dass alles scheinbar so gut geklappt hat und auch funktioniert wie es soll; einmal Mitkopplung, und dann richtig. :mrgreen:

Wenn Du das alte Mikro entfernen möchtest, benutzt Du am Besten ein Skalpell; kein Witz, Du operierst tatsächlich ... Leichte Beschädigungen an der Membran kannst Du später mit dem Kleber des neuen Mikros etwas ausbessern.

Da das Gewicht der Mikros recht klein ist, kannst Du auch darüber nachdenken, das alte Mikro dran zu lassen. Ich weiß, sieht nicht schön aus. :wink: Ich gehe davon aus, dass der Unterschied recht minimal ausfallen wird, da diese Kapseln alle sehr ähnlich sind, zu mindestens im Bereich der Nutzung. Wenn Du messen kannst, dann würde ich ein Vergleich zur anderen Box machen, die ja noch das Original Mikro besitzt und evtl. Abgleichen.

Wie auch immer, weiterhin viel Erfolg.
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dietert
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Beitrag von dietert »

Bei der Restaurierung meiner B&M AFB-5 musste ich die Staubschutzkalotten aller vier Tieftöner erneuern, d.h. die vier Mikrofone mussten runter. Habe sie erfolgreich durch neue/alte MCE-2000 Kapseln ersetzt. Die wurden über ebay beschafft und mit der von Linkwitz vorgeschlagenen Gegenkopplung zur Linearisierung bei hohem Schalldruck versehen. Es ist ein zusätzlicher Sourcewiderstand von 2K2. Das ist immer eine ziemliche Kniffelei unter dem Mikroskop. Nachher habe ich die Mikrofone hinten mit Pattex abgedeckt. Funktionierte auf Anhieb. Soweit ich mich erinnere, habe ich dann noch den Durchgriff der Regelung um 6dB angehoben, war vorher nur 6 dB, und 10 dB oder 12 dB gehen eigentlich immer. Solche Mikrofonkapseln sind im Bassbereich alle sehr gut, in vielen handelsüblichen Messmikrofonen sitzen genau dieselben.

Man kann die Mikrofone übrigens auch etwa 5 bis 10 cm vor den Membranen feststehend montieren, dann erfasst man die stehenden Wellen im Raum besser und die Regelung hilft mit, um solche stehenden Wellen zu reduzieren.

Wer ein Musikinstrument spielt und ein Vibrato hinkriegt: Wenn man mit der flachen Hand mit 8 Hz vor so einem akustisch geregelten Bass wedelt, folgt die Membran der Hand. Man kann es natürlich auch mit einem zweiten Lautsprecher machen. Der geregelte Bass sollte dann den Schalldruck stark reduzieren. Ein Feedback darf dabei nicht entstehen.

Viel Erfolg!
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Dieter

Nur nach meinem Gedächtnis - war da nicht ein Unterschied in der Polarität bei der Linkwitzmodifikation?

Grüße Hans-Martin
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