Analoge Regelung und digitale Steuerung

wully
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Beitrag von wully »

Hallo zusammen,
das hieße laut Herrn Müller, dass man mit Subtraktfilter und Regelung kein DSP mehr benötigt. Oder habe ich da etwas nicht verstanden?? Es geht also auch mit analogem Subtrakfilter der keine Phasendrehungen erzeugt, und mit geregelten Chassis.
Der Aufwand der Regelung ist wohl der kostenintensivere, daher der Sprung zum DSP.
Es geht also doch rein analog.

gruß, Wully : :P
Franz
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Beitrag von Franz »

Ja, so habe ich das mit meinem laienhaften Verständnis auch verstanden. :D

Jetzt würde mich mal interessieren, ob eine analoge Regelung sich von einer digitalen Steuerung klanglich unterscheidet. Meine Ohren sagen mir: Ja. :mrgreen:

Gruß
Franz
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wgh52
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Beitrag von wgh52 »

Wully,

so ganz klar ist das noch nicht, obwohl es vielleicht so scheinen mag.

Soweit ich sie verstehe, erzeugen Subtraktivfilter keine Phasendifferenz zwischen den Zweigen der Frequenzweiche. Sie haben aber selbst einen absoluten Phasengang, erzeugen also frequenzabhängig Phasendrehungen (siehe Infinite Impulse Response Filter- IIR). Das ist bei analogen Filtern halt so und nachzulesen in einschlägiger Fachliteratur.

Die digitale Domäne ist in der Produktion wahrscheinlich billiger als die analoge, hat aber den mehrfach genannten, zusätzlichen Vorteil, dass Filter ohne Phasengang möglich sind (FIR)!

Dass eine Regelung allein nicht zu glattem Phasengang führt, zeigt die Tatsache, dass geregelte Systeme keine sauberen Rechtecke produzieren(oder besser gesagt: nicht "absolut" Phasenlinear sind). Siehe Fourieranalyse einer Rechteckfunktion, die ja ein Rechteck aus Sinuswellen und deren Oberwellen zusammensetzt. Nur wenn der Phasengang des Systems gerade, wird wirklich ein Rechteck (re)produziert...

Ja, ich hör schon auf und will hier auch kein Loch graben:
LS-Regelung ist ein gutes, bewährtes Konzept, ich bin ein Fan davon!
Subtraktivfilter sind wirklich (einleuchtend!) gut, vielleicht das beste was man diskret analog bauen kann.

Aber die digitale Domäne kann hier zu weiterer Optimierung verhelfen. Wer digital nicht mag, muss diesen Weg nicht gehen. Für mich gilt: das beste beider Welten kombinieren!

Regelung macht für mich im Bass den meisten Sinn, denn da kann sie helfen aus begrenzten Gehäusen das optimale herauszuholen. In den Mitten ist es schon nicht mehr ganz so problematisch, aber ich denke da bringt's noch was. Bei der Hochtönerregelung habe ich echte Zweifel.

Gruß,
Winfried
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wully
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Beitrag von wully »

Hallo Winfried,

du hast mit Sicherheit recht, beide Lager zu kombinieren. Warum tut es keiner?? DSP und Regelung wäre aus meiner Sicht der Weg, der am meisten Vorzüge bringt. Oder bekämpfen sich da zwei Lager??

Gruß,
Wully
Christian
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Beitrag von Christian »

Deshalb würde mich mal eine Stellungnahme von Herrn Müller zu dem Thema interessieren.
Ich denke aber auch, dass es eine Frage von Know-How ist. Den DSP-Code hat man sicherlich nicht so leicht mal eben runtergeschrieben, wie das HTML für Omas eigene Homepage ;-) Umgekehrt hat BM bestimmt kein Technologietransferabkommen mit Herrn Müller bzgl. der FM-Technik :lol:

Gruß
Christian
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Rudolf
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Beitrag von Rudolf »

Ich wiederhole meinen Vorschlag, dass Herr Müller und Herr Siegler gemeinsam ein Bierchen trinken gehen. Dabei sind schon große strategische Allianzen entstanden! :D

Viele Grüße,
Rudolf
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Christian
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Beitrag von Christian »

Von der Physiognomie her würde ich vermuten, die beiden trinken wohl eher zusammen Brunello und Whisky-Cola als Bier 8) Im Ernst, ich wiederhole meine Bitte an Teilnehmer des nächsten Silbersand-Workshops da mal vorsichtig nachzuhören.
Gruß
Christian
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wully
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Beitrag von wully »

Hallo,
da beide Hersteller, FM bzw BM, unterschiedliche Ziele verfolgen, kann ich es mir nicht vorstellen, dass eine Allianz zustande kommt.
Die Konzepte sind einfach zu unterschiedlich.
BM mit DSP, nur noch im Bass geregelt und mit einem Zylinderwellenstrahler,
FM mit Subtraktionsfilter, und voll geregelten Lautsprechern.
Ich finde es auch nicht unbedingt schlimm, dass es so ist, so kommen neue und unterschiedliche Konzepte auf den Markt von denen jeder der beiden Hersteller überzeugt ist.
Im Endeffekt entscheidet der Kunde was er in seinem Wohnzimmer hören möchte.
Wo ich Bedenken habe ist das DSP. Das wird in kürzester Zeit billiger werden und damit zum Massenprodukt. Jeder Hersteller von Lautsprechern wird bei preislich günstigen DSP's diese nutzen und der Marktvorteil von den jetzigen Herstellern wird vorbei sein.
Es sei den es kommen neue Innovationen dazu. Aber im Endeffekt kochen alle nur mit Wasser. Ausnahmen bestätigen die Regel.

Gruß, Wully
Ralph
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Beitrag von Ralph »

wully hat geschrieben:...Jeder Hersteller von Lautsprechern wird bei preislich günstigen DSP's diese nutzen und der Marktvorteil von den jetzigen Herstellern wird vorbei sein.
Hallo Wully,

das stimmt schon, aber der DSP lässt sich am besten bei Aktivlautsprechern einsetzten. Eine breitere Marktpräsenz aktiver Systeme wäre für die bestehenden Vertreter von Vorteil.

Gruß,
Ralph
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Rudolf
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Beitrag von Rudolf »

Ich sehe das genauso:

Sensorgeregelte Systeme bilden die Königsklasse, sowohl vom Konzept her als auch vom notwendigen technischen Know-how und der handwerklichen Umsetzung.

DSP-gestützte Systeme sind mitnichten weniger komplex, die Implementation wird (aufgrund verbesserter "Interfaces" = Programmierbarkeit) im Vergleich zu sensorgeregelten Systemen aber immer einfacher werden.

Meine Überzeugung ist daher, dass wir immer mehr "preiswerte" DSP-gestützte Aktivlautsprecher sehen werden.

Sensorgeregelte Systeme profitieren von dieser Kostendegression leider nicht, weil der handwerkliche Aufwand auch bei einer Massenproduktion stets hoch bleiben wird.

Wenn man also bei unserm Hobby überhaupt von einem Preis-/Leistungsverhältnis sprechen darf, so wird sich dies zugunsten der DSP-gestützten Aktivlautsprecher verschieben.

Unabhängig von diesen Überlegungen bleibt für uns aktive Hörer natürlich zu hoffen, dass jemand den Mut und die Fähigkeiten (sowie die finanziellen Mittel) aufbringt, diese beiden Systeme miteinander zu kombinieren.

Viele Grüße,
Rudolf
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KSTR
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Beitrag von KSTR »

Hallo zusammen, ich bin nun auch hier gelandet (kleine Vorstellung wird noch folgen).
wgh52 hat geschrieben:Soweit ich sie verstehe, erzeugen Subtraktivfilter keine Phasendifferenz zwischen den Zweigen der Frequenzweiche. Sie haben aber selbst einen absoluten Phasengang, erzeugen also frequenzabhängig Phasendrehungen (siehe Infinite Impulse Response Filter- IIR). Das ist bei analogen Filtern halt so und nachzulesen in einschlägiger Fachliteratur.
Winfried, das ist richtig, wenn man es umgekehrt sieht :D

Subtraktionfilter erzeugen per Definition keine Phasendrehung über alles, sind also komplett allpass-frei, "transient-perfect", zeitrichtig und wie man diese Eigenschaft sonst noch benennen kann. Wenn ich von 1 einen beliebigen komplexen Frequenzgang abziehe, im Filter, und hinterher ich das akustisch wieder addiere, gibt es wieder exakt 1.
x + (1 - x) = 1

Jedoch die einzelnen Wege sind zueinander nicht synchron in der Phase. Das sind sie auch bei einzeln aufgebauten Filtern nicht, mit der Ausnahme von Linkwitz-Riley-Filtern (das ist genau deren entscheidendes Merkmal).

Es gibt auch andere Methoden, allpassfreie Filter herzustellen (sogar passiv, mal abgesehen vom Trivialfall der Filter erster Ordnung). Subtraktiv ist nur ein Weg dorthin zu kommen, mit dem Vorteil, dass es keine Verstimmfehler gibt, Aufgrund von Toleranzen, dafür haben sie andere Nachteile, wie immer.

Butter bei die Fische, hier eine Schaltung von mir für ein Subtraktionsfilter 2.ter Ordnung (beide Flanken):

Bild

Wie man sieht, in der Summe (blau) alles flach, die Einzelwege aber keineswegs und auch nicht phasenstarr.
Schaltung ist ein modfiziertes Sallen-Key, mit Bridged-T in der Gegenkopplung, per R sogar durchstimmbar (4-fach Pot). Das Sallen-Key kann man auch rumdrehen (R mit C tauschen) sowie auf 3.te Ordnung erweitern, damit bekommt man ein HP2-TP3 oder TP3-HP2, je nachdem.

Die Amplitudenüberhöhung der Einzelzweige ist jedoch schon recht deutlich, gute 3dB. Das ist halt der Nachteil der transient-perfekten Filter (ausser beim Filter erster Ordnung, die halt wieder nur sehr gemütlich die Wege trennen), ebenso wie die große Überlappung im Trennbereich. Es gibt leider nix umsonst...

Soweit so gut erstmal, ich muss mich im Forum zunächst mal einlesen...

Beste Grüße, Klaus
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Franz
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Beitrag von Franz »

Klaus, ich darf sagen, daß ich mich sehr freue, hier von dir zu lesen.

In Erwartung weiterer technisch fundierter Beiträge, grüßt dich herzlichst
Franz
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KSTR
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Beitrag von KSTR »

wully hat geschrieben:du hast mit Sicherheit recht, beide Lager zu kombinieren. Warum tut es keiner?? DSP und Regelung wäre aus meiner Sicht der Weg, der am meisten Vorzüge bringt. Oder bekämpfen sich da zwei Lager?
Hallo Wully,

"man" kann schon, sogar per DIY. Nämlich mit der digitalen Vorverzerrung ("Vorausregelung") + Weiche von Dr. Ulrich Brüggemann (http://www.acourate.com) + Eigenbau einer Sensor Regelung, entweder nach Methode Hawksford+Mills oder die einfachere Variante der Finnen von http://www.servospeaker.com.

Da der DSP-Teil keine Rückkopplung besitzt und die Filter linear sind (nicht von der Austeuerung abhängen), ist es von Vorteil, wenn das zu steuernde Chassis schon von der analogen Regelung linearisert wurde, speziell natürlich bei langhubigen Basstreibern ist das ideal.

Beide Lager ergänzen sich geradezu perfekt.

Grüße, Klaus
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KSTR
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Beitrag von KSTR »

wgh52 hat geschrieben:Aber: Die Phasendrehungen, die das LS Chassis SELBST hinzufügt, sind noch da... Das LS Chassis ist, vereinfacht gesagt ein Bandpass mit unterer und oberer Grenzfrequenz (also Frequenzgang) plus Resonanz und dadurch entsprechendem Phasengang.
Die durch das Chassis selbst verursachten Phasendrehungen werden durch eine Frequenzweiche (egal welche Bauart!) nicht "kompensiert", ja nichteinmal verändert und sind immernoch da. Und das führt zurück zu dem Phasenlinearisierer vor dem Chassis oder dem Gesamtlautsprecher...

Wie oben gesagt: Subtraktivfilter verbessern, sind aber keine Gesamtphasenlinearisierer!
Hallo schon wieder :D,
Hierzu muss man sagen, dass die Aufgabe der Weiche ja gerade das Herstellen der korrekten akustischen Übertragungsfunktion ist, die dann dem Soll, z.B. Linkwitz-Riley entsprechen soll. Dazu muss das Eigenverhalten der Chassis mit einfliessen. Die "rohe-Gewalt"-Methode ist, mindestens 2 Oktaven (besser eine ganze Dekade) in jede Richtung, um die Trennfrequenz herum, die Treiber glattzuziehen (jeden für sich) -- was, da sie minimalphasig sind, zum Glück einfach geht. Und darauf klatscht man dann die eigentliche Soll-Filterfunktion. Und wenn der Baffle-Step nahe an einer Trennfrequenz liegt, wird man diesen eher über alles drauflegen, ebenso wie generelle breitbandige Verbiegungen. Praktisch wird man dann, wenn alles steht, die Filterstufen wieder möglichst stark vereinfachen (worin dann der fiese Teil der Arbeit liegt).

Grüße, Klaus
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Rudolf
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Beitrag von Rudolf »

Hallo Klaus,

als "technischer Diplomat", der du dich bereits in anderen HiFi-Foren auf das Angenehmste präsentiert hast, bist du natürlich auch bei uns herzlich willkommen!

Ich habe eine große Bitte sowohl an dich als auch an alle anderen Techniker:

Nehmt uns Laien und Halblaien mit auf den Weg in den aktiven Olymp!

Aus meiner Sicht würde dies bedeuten, dass ihr neben der notwendigen, technisch exakten Sprache immer zusätzlich einleitend (oder abschließend) in eingängigen Worten beschreibt, was ihr denn da so diskutiert. Das würde sicherlich mich und viele andere begeistern und veranlassen, die eine oder andere "dumme" Frage zu stellen und uns intensiver mit dieser hochinteressanten Materie zu beschäftigen. Oftmals haben alles was davon, sogar die Experten!

Für die notwendigen Grundlagen könnten wir mit Hilfe unserer Techniker bezeiten ein kleines aktives Lexikon entwickeln - was meint ihr?

Viele Grüße,
Rudolf
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