Der AGM 7.4 gibt erste Töne von sich

Fortepianus
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Beitrag von Fortepianus »

Liebe Freunde,

immer mit der Ruhe, wie Rudolf und Eberhard richtig sagen. Einerseits freue ich mich natürlich sehr, dass unser Opus prophylaktisch von den alten Hasen, die mich und die beiden anderen AGM persönlich kennen, verteidigt wird. Ich fühle mich aber keinesfalls auf den Schlips getreten, wenn hier Vorschläge oder Anregungen kommen. Im Gegenteil, ich freue mich doch, wenn Ihr mitdenkt!

Erhöhter Klirr bei kleinerem TT: Ja, das stimmt erst mal, aber nur, wenn man einen großen TT durch einen kleineren TT mit dafür entsprechend größerem Hub ausstattet. Bleibt die Membranfläche gleich, bleibt theoretisch auch erst mal der Klirr (und die Dopplerverzerrung) gleich - gleiche Fläche, gleicher Hub, gleiche Verzerrung. Ob ich die Fläche auf 1x 40cm oder 4 mal 20cm verteile, ist für den Hubraum egal. Angenommen, die Membranen wären ideal steif, kommt der Klirr von der Nichtlinearität des Antriebs. Zu deutsch: Die Schwingspule erzeugt nach Auslenkung nicht mehr die gleiche Kraft wie in der Mittellage. Die antreibende Kraft ist Strom mal Magnetfeld mal Länge der Schwingspulenleiterbahn. Das heißt: Wenn die Schwingspule ausgelenkt wird und das Magnetfeld am Rand schwächer wird, nimmt die Kraft ab. Das klirrt. Hat man nun einen Sensor, der über einen größeren Hub linear arbeitet als der Antrieb, kann man den Klirr bei Auslenkung erheblich reduzieren.

Nun sind die Membranen aber nicht ideal steif, also kann ich mit vier kleineren TT bei gleicher Fläche eines großen diese geviertelte Membranfläche besser unter Kontrolle halten. Viel besser sogar, so dass ich bis zu einer deutlich höheren Grenzfrequenz ohne Aufbrechen der Membranen in Partialschwingungen arbeiten kann. Wenn da nicht die Bündelung bei höheren Frequenzen wäre - weshalb über 100Hz nur noch zwei der Töner ran dürfen. Aber da ist der für satten Schalldruck nötige Hub längst auf ein bescheidenes Maß abgeklungen - sinkt quadratisch mit der Frequenz.

Was bei höheren Frequenzen unerwünscht ist - die große Ausdehnung des Quartetts - ist bei niedrigen umso besser. Durch die Verteilung der vier Töpfe auf vier voneinander weit entfernte Stellen des Gehäuses regt man die Raumresonanzen deutlich weniger an. Da sind vier kleinere dem einen großen Chassis klar überlegen.

Im Tiefbass kommt dann bei entsprechend gewählter Anordnung noch die Impulskompensation hinzu. Das Gesamtpaket dieser vier geregelten Töner, die auf 2 Frequenzweichenwege verteilt sind bei phasenstarrem Übergang, hat ein recht ansprechendes Potential für den Frequenzbereich von ganz unten bis zur Übergabe an die (natürlich ebenso liebevoll geregelten) Mitteltöner. Man muss sich das schon einmal auf der Zunge zergehen lassen: Die acht extremen Langhuber eines Pärchens 7.4 werden von acht meiner extrem schnellen blitzsauberen 200W-Endstufen auf dem Kurs der Sensoren gehalten, die 4cm linear abdecken und auf einer extrem aufwändigen Maschinerie mit der Akribie gewickelt werden (Drahtdurchmesser 30µm!), die einem MC-Tonabnehmer gut stehen würde. Das Ergebnis ist schlicht ein sauberer Bass :cheers: .

Viele Grüße
Gert
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Fujak
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Beitrag von Fujak »

Hallo Gert,

besten Dank für diese sehr anschauliche und technisch nachvollziehbare Beschreibung. Kleiner Nebeneffekt: meine Neugier, sie live zu hören, wächst im Quadrat zur Menge Deiner Ausführungen.

Grüße
Fujak
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Wolfman
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Beitrag von Wolfman »

Mir geht`s nicht anders...

Lutz
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OpenEnd
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Beitrag von OpenEnd »

Hallo Freunde,

genau. Hören wollen.

Sollte es dann Diskussionsbedarf geben, können wir uns immer noch mit "Verbesserungen" bewerfen.
Habe aber eher die Befürchtung, dass ich mit meinem mageren Sparbuch diskutieren müßte, warum es so mager ist. 8)

Grüßle vom Charly
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Udor
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Beitrag von Udor »

Danke Gert für deine anschauliche Erklärung.

Vielleicht dürfen die "neuen" ja auch mal eine deiner Kreationen hören dürfen. Würde mich
auf jedenfall freuen.

Und noch mal meine Fragen und Anmerkungen sollten keinesfalls als Kritik zu verstehen sein. Ich möchte nur dazulernen und es zumindest ansatzweise verstehen.

Gruß Udo
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FoLLgoTT
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Beitrag von FoLLgoTT »

Hallo Gert,
werdet ihr Freifeldmessungen veröffentlichen? Das Abstrahlverhalten würde mich sehr interessieren. :)

Gruß,
Nils
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Wolfgang
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Beitrag von Wolfgang »

Hallo Gert,

ich bin schon sehr gespannt wie der AGM7.4 tönen wird. Es würde mich sehr freuen an einem Probehörtermin teilnehmen zu dürfen. :D

Grüssle vom See

Wolfgang
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musikgeniesser
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Beitrag von musikgeniesser »

Moin Forenten,
moin Gert,
moin Michael,

warum so erregt? Mir scheint, hier geht so manches durcheinander.

Nachgemacht zu werden sei das schönste Kompliment; deshalb vermute ich mal, dass Gert und Michael sich über diese angeregte Diskussion sehr freuen, zeigt sie doch, wie sehr es ihnen gelungen ist, mit ihrem Lautsprecher -- den wohl kaum einer von uns bereits gehört haben dürfte -- den Nerv von uns allen zu treffen. Wir alle geben unseren Senf dazu und zeigen damit letztlich doch nur, dass wir derartiges am liebsten selbst gebaut hätten. Nur waren es diesmal (wieder) Gert und Michael, die es gewagt und getan haben, nicht wir anderen. Das wurmt uns und ist der Kern unserer Erregung.

Mich stört es inzwischen nicht mehr, zu wissen, dass ich nicht alles kann. Solch einen Lautsprecher zu bauen würde mich maßlos überfordern. Ich kann Bücherregale bauen, die einem hinterher auch etwas nützen, um einmal ein Beispiel zu nennen, aber so etwas wie hier bewundere ich schlicht. Da ich mich ein wenig damit beschäftigt habe, kann ich ermessen, was alles dahinter stehen mag. Das beeindruckt mich zutiefst. Mehr ist dazu nicht zu sagen.

Ich hatte versucht, kenntlich zu machen, dass ich mir Varianten vorstellen kann; Varianten, also abgewandelte Typen; abgewandelt, nicht verbessert. Zu verbessern habe ich nichts, das könnte ich gar nicht; hören und mein Gefallen darüber äußern, das könnte ich. Ganz abgesehen davon, dass ich die 7.4, so, wie sie steht und liegt, stimmig finde, was ich gerne wiederhole. Gert und Michael haben das offenbar auch so verstanden, sofern sie es überhaupt mitbekommen haben. Denn ihr augenblickliches Interesse dürfte ganz in ihrem neuen Kind gebunden sein: ich habe hier gelesen, dass die Box jetzt fertig sei und es "nur" noch um das übliche Einmessen, Justieren und Optimieren ginge. Dazu wünsche ich viel Erfolg und Spaß.

Was wir brauchen, ist Geduld. Ich meine, Gert habe in diesem Gesprächsstrang von "erstmal die Lücke zwischen der 3.3 und der 7.4 füllen" gesprochen, worauf zu warten sicher lohnend sein wird. Die eine oder andere Anregung, vor allem Richtung Subwoofer-Sateliten-Auftrennung gehend, hat Gert offenbar selbst auch schon gehabt, nur ist derartiges einfach noch nicht dran. Alles andere würde mir auch Sorgen machen, denn es wäre doch unangemessen, die 7.4 jetzt unkonzentriert zu einem vorschnellen Ende zu bringen, nur, um uns hier mit Nachrichten zu neuen Projekten zu blenden.

Herzliche Grüße

PETER
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musikgeniesser
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Beitrag von musikgeniesser »

Moin Forenten,
moin Gert,
moin Michael,

für mich ist dieses Forum im allgemeinen und die Lautsprecherprojekte von Gert und Michael im besonderen eine einzige Lehrveranstaltung. Prominentestes Beispiel dafür ist, dass ich von der Verwendung möglichst weniger, großer Basslautsprecher abgerückt bin. Man muss gerade beim Lautsprecherbau in mehreren Ebenen denken und dann stellt sich schnell heraus, dass es häufig keine Patentlösungen gibt.

Ich komme aus einer Zeit, in der 30cm-Lautsprecher ohne mit der Wimper zu zucken bis 800Hz eingesetzt wurden, gerade auch bei Testsiegern: bei der Canton GLE 100, die lange im Wohnzimmer meiner Eltern stand, ist das so. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen, aber es war damals weit verbreitet. Meine Cabasse Petrel, die inzwischen besagte Canton GLE 100 ersetzt hat, macht das genauso. Nur wenig später vertrat Guido J. Wasser in seiner Selbstbauzeit entsprechend die These, dass man möglichst nur ein Basschassis verwenden sollte, um die Bündelung nicht unnötig zu verstärken, denn viele, membranflächengleiche, kleine Chassis hätten einen noch größeren umhüllenden Außendurchmesser als ein großes, innen ja fugenloses, Chassis. Entsprechend könne man ein großes Chassis höher ankoppeln als viele kleine und auf diese Weise zu wirtschaftlicheren Lösungen gelangen.

Das ist alles richtig und falsch zugleich. Entschließe ich mich nämlich, bestimmte wirtschaftliche Grenzen zu überwinden, also beispielsweise vom Dreiweg- zum Vierwegprinzip zu wechseln, ist der Vorteil der höheren, möglichen Übergangsfrequenz eines großen statt vieler kleiner Basschassis hinfällig, da ich die Übergangsfrequenz nun tiefer wählen werde. Damit tut sich ein völlig neuer Gestaltungsspielraum auf, denn ich kann die Übernahmefrequenz vielleicht sogar so niedrig wählen, dass Bündelungen überhaupt keine Rolle mehr spielen und man damit Gestaltungsmöglichkeiten für ein ganz anderes, bisher kaum gelöstes Problem erhält, nämlich das der Raumresonanz-Anregungen; wie dies hier bemerkenswert konsequent umgesetzt wurde.

Mit etwas Überlegung ist es somit möglich, Guido J. Wassers Ausführungen (nachzulesen in den Elektor-Sonderhefen der 80er Jahre) mit Gerts zur Deckung zu bringen. Das Forum hier ist wirklich interessant.

Herzliche Grüße

PETER
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Fortepianus
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Beitrag von Fortepianus »

Hallo Peter, hallo Ulli,
modmix hat geschrieben:Troels Gravesen zeigt Einiges zur Frage Anzahl der Systeme in seinem Beitrag "How do we choose optimal points of crossover for 2- and 3-way constructions?" - hat mir einiges an Erkenntnis gebracht.
habe mir die Seite eben angeschaut. Ich wähle die Übergangsfrequenzen noch etwas tiefer als dort vorgeschlagen. Der Grund ist, dass ich zunächst auf die Resonanzen von Antrieb, Masse und Volumen dahinter (die sog. Grundresonanz) keinerlei Rücksicht nehmen muss, weil ich geregelte Systeme habe. Ich stelle mir also hauptsächlich folgende Fragen bei der Wahl der Übernahmefrequenzen:

1. Bis zu welcher Frequenz kriege ich das System sauber geregelt?
2. Ab welcher Frequenz bricht die Membran in Partial-, Longitudinal- und Glockenschwingungen auf? Ist oft eine ähnliche Grenzfrequenz wie die durch 1. bedingte.
3. Ab welcher Frequenz bündelt das Chassis den abgestrahlten Schall?
4. Wie groß ist der Abstand zum Übernahmepartner, ab welcher Frequenz und welchem Abstand der beiden gibt es bei der Übernahmefrequenz Interferenzen?

Da kommen etwas niedrigere Übergänge raus. Beispiel 4-5" Mitteltöner:
Troels Gravesen hat geschrieben:Example 1 is the traditional 3-way utilising a 6-8” woofer, a 4-5” midrange driver working from around 350 Hz to 3-4 kHz and a 1” tweeter handling treble from around 3 kHz to 20 kHz.
Example 2 is an unusual approach – an oldtimer – using a 3-4” driver from around 800 Hz to 3-4 kHz, maybe even up to 5 kHz and a ¾”-1” tweeter up to 20 kHz.
Meine 4"-MT laufen von 400Hz bis 2kHz, die 5"-MT in der 8.4 von 250Hz bis 1kHz. Die obere Grenze ist zunächst bedingt durch das Absacken des Gegenkopplungsfaktors. Er sinkt prinzipbedingt mit 6dB pro Oktave. Den Vierzöller bis 2k geregelt zu kriegen, ist eine verdammt sportliche Veranstaltung. Ich kriege das hin durch eine kombinierte Strom-Spannungs-Gegenkopplung des treibenden Endverstärkers und extrem leichte Sensoren, und natürlich muss das Chassis geeignet sein. Ab 2k erst kann ich dank Stromregelung vernünftig den ER4 ankoppeln, so kann ich auf ein weiteres Chassis zwischen Mitteltöner und Bändchen verzichten. Bei der 8.4 habe ich dieses Chassis spendiert, dann sind die Verhältnisse äußerst komfortabel. Vier 8"-TT bis 250Hz, zwei 5"-MT bis 1kHz, eine kapazitiv geregelte Kalotte bis 3,5kHz und dann erst das Bändchen.

Tief ankoppeln ist immer günstig in Bezug auf breites Abstrahlverhalten und die Vermeidung von Interferenzen zwischen den Chassis. Kann man aus dem Vollen schöpfen, formt man dann die gewünschte Bündelung in vertikaler Richtung durch den Einsatz mehrerer gleicher Chassis symmetrisch zur Mitte (HT).

Ein spezielles Thema ist die Übergangsfrequenz von 100Hz bei der 7.4:

Die zwei symmetrisch zum HT angeordneten vorderen 8"-TT arbeiten von 16Hz bis 400Hz. So ab 500Hz beginnen die Partialschwingungen eines 20ers, da sollte man spätestens aufhören. Rechnet man sich nun die Wellenlänge aus, die der abgestrahlte Schall bei 400Hz hat, kommt man auf lambda=85cm. Ab lambda halbe tritt eine Bündelung des Schalls ein. Das kennt man auch aus der Optik, Objekte, die kleiner als die halbe Wellenlänge des zur Beobachtung verwendeten Lichts sind, sind prinzipbedingt bei der klassischen Mikrofonie nicht mehr sichtbar. Das ist beim Schall nicht anders. Mit 29cm Breite und 44cm Tiefe bin ich da gerade so in dem Bereich, ab dem bei 400Hz eine Bündelung durch das Lautsprechergehäuse eintritt. Deshalb dürfen ab da die asymmetrisch auf der Schallwand angeordneten und zum Sweetspot hin eingewinkelten 4""-MT weitermachen. Würden nun aber die beiden hinteren TT auch bis 400Hz arbeiten, würde ich die gewünschte leichte Bündelung des Schalls nach vorne, die bruchlos in die leichte Bündelung der MTübergeht, durch den Bipol verhindern, der durch die hinteren TT gebildet würde. Ich würde den Grundtonbereich ungewünscht zusätzlich nach hinten in die Raumecken blasen. Deshalb wird der Hub der vorderen TT unter 100Hz halbiert (was dem Schalldruck im Tiefbass zugute kommt) und die hinteren dürfen bis 100Hz mitmachen (wobei sie da noch wie schon erläutert als Impulskompensatoren agieren). Von 100Hz dagegen nähern sich die vorderen TT alleine dem Frequenzbereich, ab dem die Bündelung durch das Gehäuse einsetzt. Die Abstände zu den MT sind dabei so gewählt, dass beim Übergang TT-MT keine zusätzlichen Interferenzen entstehen. Abgesehen von den Bündelungseffekten durch das Lautsprechergehäuse, wären die hinteren TT mehr als lambda/2 von den MT entfernt bei der Übergangsfrequenz.

Ungefähr so kamen die Übernahmefrequenzen der 7.4 zustande.

Viele Grüße
Gert
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musikgeniesser
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Beitrag von musikgeniesser »

Moin Forenten,

so ändern sich die Zeiten: im Lichte der AGM 7.4 und der von mir in ihrem Zusammenhang neu gewonnenen Erkenntnisse zeigt sich mir, dass meine Cabasse Albatros gar nicht zu Ende gedacht worden ist: vier Wege mit einer einigermaßen gleichmäßigen Aufteilung des Frequenzspektrums sind für sich genommen schon mal ein guter Anfang, aber die Raumresonanz-Anregungs-Problematik hätte auch mit den damals zu Gebote stehenden Mitteln bereits gelöst werden können. Es zeigt sich einmal mehr, dass alles seine Zeit hat: das Problem fand in der damaligen Diskussion noch überhaupt nicht statt. Man hatte noch viel elementarere Sorgen: die Bassfrequenzen überhaupt erst einmal sauber zu erzeugen. Das immerhin tut die Albatros; wie auch meine übrigen Boxen.

Viel interessanter ist aber mein Erkenntnisgewinn an und für sich. Wirklich interessant aber ist für mich, dass ich beginne, mir ein Leben nach Cabasse und Canton überhaupt vorstellen zu können. Ich bin hier ursprünglich Mitglied geworden, weil ich meine alten Boxen instandsetzen wollte. Das möchte ich auch immer noch, aber, wenn sich herausstellen sollte, dass der ursprüngliche Zustand nicht wieder erreichbar sein sollte, würde ich das inzwischen nicht nur nicht mehr als Verlust, sondern sogar als Gewinn betrachten. So ändern sich die Menschen.

Manche jedenfalls.

Herzliche Grüße

PETER
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musikgeniesser
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Beitrag von musikgeniesser »

Moin Gert,
moin Michael,
moin Forenten,

nachdem ich nun den ganzen Tag über die 7.4 nachgedacht habe, ist mir eine verwegene Idee gekommen: was Canton (duck und weg) und Geithain (puh, das ist ja gerade noch mal gut gegangen) können (wobei Canton inzwischen wieder davon ab ist), rückt auch hier in den Bereich des möglichen: eine koaxiale Anordnung.

Als ich den Bändchenhochtöner ER 4 nach einigem Suchen -- ich bin total raus aus der Selbstbauszene und kenne mich dementsprechend schlecht aus, aber es gibt ja Google -- bei Eton gefunden habe, habe ich ihn mir angesehen, ohne gleich zu wissen, was mir an dem System auffällig erschien. Irgendwann ist es mir dann klar geworden: das System braucht ungewöhnlich wenig Einbauraum: es ist sehr flach und ein Gehäuse kann mit 22mm ebenfalls äußerst flach gehalten und nach hinten platt abgeschlossen werden.

Meine Idee ist nun, diesen vor ein fünftes Basschassis zu setzen, das in der Mitte der Box angeordnet ist und exklusiv die Frequenzen von 100 bis 400 Hz abstrahlt. Die Vier Basschassis werden zu reinen Basslautsprechern nur bis 100 Hz eingesetzt.

Ob damit allerdings eine Verbesserung zu erwarten ist, weiß ich nicht. Der Trick, wegen der Platzverhältnisse den Hochtöner nicht vor seinen direkten Frequenznachbarn -- der, das heißt die, es sind ja zwei, dafür viel zu klein wären -- sondern vor den nächsttieferen zu setzen, bedeutet ungekehrt auch, dass der Abstand zu den direkten Nachbarn deutlich zunimmt: statt der 110 mm Durchmesser bzw. Kantenlänge muss der Abstand für die 222 mm des Tiefmitteltöners ausreichen. Abstand bringt Nachteile mit sich, zumal er die Übergangsfrequenz von 2 kHz betrifft, nur, um die Abstrahlung unterhalb 400 Hz zu verbessern. Wenn es denn überhaupt eine Verbesserung ist, denn der Tiefmitteltöner geht ja bis 100 Hz herunter und ist in dieser Anordnung nur noch alleine.

Anmerkung 1: sollte der abgedeckte Flächenanteil zu groß sein -- von den 206 cm² Membranfläche würden mit 125 cm² immerhin 60% abgedeckt werden, könnte man auf den TIW 250 XS ausweichen, von dessen 314 cm² nur 40% abgedeckt würden. Allerdings rückten die Mitteltöner dann noch weiter auseinander und die Tieftöner wären dann gleich mit zu ersetzten, damit das ganze wieder ein Gesicht bekäme.

Anmerkung 2: der abgeschrägte Schallwandteil müsste aufgegeben werden.

Nur so eine Idee von mir; verrückt, ich weiß. Noch dazu, da hierdurch die Fertigungstiefe spürbar zunehmen würde, denn die Halterung für den Hochtöner wäre kein Industrieteil.

Herzliche Grüße

PETER
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veloplex
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Beitrag von veloplex »

Hallo Peter,

welche Vorteile versprichst du dir genau von dieser quasi coaxialen Bauweise? Die Schallereignisse zwischen 100 und 400 Hz würden näher an den Hochton heranrücken. Ist das in diesem Frequenzbereich (Wellenlänge) ein so schwergewichtiger Vorteil?

Womit würde man diesen Vorteil erkaufen? Z.B. mit einer weitaus unregelmäigeren und sich ständig bewegenden Schallwand für den ER4 (weniger ausgewogener F-Gang) bis hin zu Reflexionen am Rückwertigen Chassis mit entsprechenden Auslöschungen im F-Gang des ER4. Vermutlich ein kleineres Rückvolumen für den ER4 (höhere mögliche Trennfrequenz), das man sich erst noch basteln müsste. Die Zentren der Schallerzwugung zwischen Mittel und Hochton driften weiter auseinander. Mehr Aufwand durch mehr Basteleien...



Gruß Christoph
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musikgeniesser
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Beitrag von musikgeniesser »

Moin Ulli,
moin Christoph,
moin Forenten,

du liebe Güte, natürlich ein AMT und kein Bändchen! Ich bitte, meinen Fehler als lapsus linguae zu verstehen und zugleich um freundliche Nachsicht.

Ich verspreche mir erst mal gar keine Vorteile, sondern bin auf Hoffnungen angewiesen, denn ich höre häufiger, dass das Ideal einer punktförmigen Schallquelle einige Mühen wert sei. Warum werden Geithain und Cabasse sonst so gelobt? Insofern glaube ich schon, dass so etwas seine Meriten hat. Das rückwärtige, von Eton selbst vorgeschlagene Volumen des AMT ist wirklich winzig und führt sogar zu einem deutlich ausgeglicheneren Frequenzgang, wenn ich die Frequenzschriebe richtig deute. Insofern nehme ich an, dass der herkömmlich eingebaute AMT in der 7.4 ebenfalls mit eben diesem winzigen Rückvolumen -- 22 mm tief! -- arbeitet. Was ich allerdings überhaupt nicht weiß, ist, ob der Schaden bei 2 kHz nicht deutlich größer ist als der Nutzen bei 400 Hz, denn bisher hat kein Hersteller die Idee gehabt, eine einen Frequenzbereich überspringende Anordnung zu wählen, vielleicht aus gutem Grund.

Herzliche Grüße und ein schönes Wochenende

PETER
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musikgeniesser
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Beitrag von musikgeniesser »

Moin Forenten,

audio physic hat mit dem Lautsprecher Kronos einmal derartiges realisiert: dort hat man einen Ringstrahler, also eine in der Mitte fixierte Kalotte an Zwirn vor ein (geschätzt) 20cm-Chassis gehängt. Dieser Aufhängung hat man dann das Etikett SSC verliehen und die Erklärung gleich mitgeliefert: String-Suspension-Concept. Dort ist allerdings der hintenliegende Lautsprecher nahtlos an den Hochtöner angekoppelt. (Geschätzte) 20cm bis (geschätzte) 2 kHz: ich weiß nicht, ob ich das so gut finden soll. An anderer Stelle lese ich, dass die seitlichen (geschätzt) 20cm-Chassis bis 500 Hz mitlaufen. Seitliche Bässe finde ich -- wie rückwärtige -- unbedenklich, ja sogar interessant, aber seitliche Tiefmitteltöner?

Der langen Rede, kurzer Sinn: wurden diese Lautsprecher in der Presse auch hoch gelobt, findet man im aktuellen Programm von audio physic nur noch konventionell aufgebaute Boxen. Vielleicht nur ein Zufall, vielleicht lässt es aber auch tief blicken: hält der klangliche Effekt den Ankündigungen stand?

Je mehr ich mir die Sache durch den Kopf gehen lasse, desto mehr nähere ich mich konventionellen Lösungen wieder an. Es habe keinen Sinn, sich zugunsten eines technischen Prinzips an der Physik auf zu reiben schrieb ich in meinem Glückwunsch an Michael und Gert. Lautsprecherbau ist viel mehr solides Hand- und Kopfwerk, als diese vermeintlichen Wunderkonzepte den geneigten Leser und Interessenten glauben machen.

Im Inneren meines Herzens bin ich eben doch mehr der Denker und Schrauber als der proselytische Missionar, von welchen nach meinem Geschmack ohnehin eher zu viele als zu wenige in der Lautsprecher-Szene irrlichtern.

Herzliche Grüße

PETER
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