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- „wie Rudolf zum aktiven Hören kam“
Ob dies denn auch zu Hause so sein würde, dieser Frage wollte ich auf den Grund gehen und bestellte mir ein Pärchen bei Abacus. Deren Inhaber, Karl-Heinz Sonder, erläuterte mir am Telefon, dass er seinen kleinsten Sproß ursprünglich nur mit Bauchschmerzen zum Audio-Test gegeben hatte. Malte Ruhnke hatte ihn aber am Telefon davon überzeugen können, dass er keine Befürchtungen hinsichtlich eines "geschönten" Testes haben bräuchte, bei dem am Ende eine Box zum Sieger gekürt würde, die evtl. mehr Anzeigen bei der Audio schaltet als Abacus. Und so kam es denn ja auch.
Wir erinnern uns: Nur einen lumpigen Klangpunkt lag die A-Box 5 (79 Punkte) am Ende hinter der Coax C5 von KS Digital (80 Punkte). Und das eigentlich nur wegen des geringeren maximalen Schallpegels (auf den ich noch zurückkommen werde). Ansonsten hatte den meisten von uns beim Kurztest im Audio-Hörraum die Abacus sogar einen Ticken besser gefallen als die KS Digital. Ich erinnere mich noch ganz genau: Wir hatten hatten nach der passiven KEF als erste aktive Kompaktbox die Coax C5 gehört. Beeindruckend, was für einen "Raum" die erzeugte! Wir schauten uns grinsend an. Doch dann kam die Sternstunde der A-Box 5. Zumindest mir fiel die Kinnlade herunter, denn das hatte ich nicht erwartet. Die Präzision und Räumlichkeit dieses Zwerges waren derart gut, dass ich unweigerlich an meine Heimlautsprecher erinnert wurde. Mit der Maximallautstärke haperte es in der Tat, aber mit einem kleinen Dreh am Highpass-Filter kann man auch die erhöhen, indem man die untere Grenzfrequenz stufenweise ausblendet, so dass die Tieftöner von ihrer Schwerstarbeit entlastet werden.
Da ich mir immer schon aktive Schreibtischmonitore zulegen wollte, habe ich im Anschluss an unsereren Besuch die Gelegenheit ergriffen und kurzerhand ein Pärchen von der A-Box 5 bestellt. Die Lautsprecher kamen kurz darauf perfekt verpackt in einem kleinen Karton an. Und mit einer Gehäusegröße von 170×170×300mm sind sie wirklich klein!
Die Abacus zeichnet sich durch eine vorbildliche Verarbeitung aus. Sie ist wahlweise in Weiß oder in Schwarz erhältlich:

Auf der Rückseite befindet sich ein Drehregler zur Einstellung des Highpass, um die Raumanregung zu verringern und/oder den Tieftöner zur Erzielung einer höheren Maximallautstärke zu entlasten:

Bevor die Abacus auf meinem Schreibtisch wandert, habe ich die Gelegenheit genutzt, sie einmal neben ihrer großen aktiven Schwester im Wohnzimmer auszuprobieren.
Bevor ich meine Höreindrücke schildere, kurz noch zu den Bedingungen. Unser L-förmiges Wohnzimmer ist recht groß (ca 55 qm); in der "Medienecke" beträgt der Hörabstand ca. 2,5 m. Der Abstand von der Rückwand beträgt ca. 70 cm, zu den Seitenwänden hin ist jeweils ca. 1,5 m Platz. Also Bedingungen, bei denen man davon ausgehen kann, dass die Zwerge hoffnungslos untergehen würden.
Die Teststrecke: Sonos Volksplayer™ -> Volksconvolver™ mit Acourate-Filtern -> Abacus A-Box 5

Die Funktastatur im Vordergrund dient übrigens zum Umschalten zwischen den verschiedenen Korrekturfiltern im Faltungsrechner (Convolver).
Um mir das Leben einfach zu machen, habe ich die beiden Test-CDs CD-02 und CD-03 von Burmester sowie Musik wie von einem anderen Stern von Manger zum Testen benutzt. Die kenne ich ganz gut, zumindest die Manger-CD. Von den Burmester CDs habe ich als erstes die Stücke Tin Pan Alley von Stevie Ray Vaughan und Stimela von Hugh Masekela angespielt.
Schon nach den ersten Tönen war klar, dass hier keine Micky-Maus-Box spielt. Ich hatte meinen Convolver zunächst auf "Bypass" gestellt, und sofort wurde mein Hörraum zum Schwingen angeregt. Jetzt hatte ich zwei Möglichkeiten, die ich auch beide ausprobierte: entweder die tieffrequenten Anteile mit dem Highpass-Filter auszublenden oder im Convolver denselben minimalphasigen Korrekturfilter zu verwenden, der eigentlich für meine FM 303 gedacht ist. Beides führte zu dem Ergebnis, dass die Bassmoden verschwanden, wobei der minimalphasige Filter das eindeutig bessere Ergebnis lieferte (den linearphasigen Filter habe ich gar nicht erst ausprobiert, weil er zusätzlich der lautsprecherspezifischen Gruppenlaufzeitkorrektur dient - im Gegensatz zum minimalphasigen Filter, der im Idealfall auschließlich den Raum und nicht den Lautsprecher korrigiert). Meine Aussagen beziehen sich daher auf das Hören mit dem für meine Silbersands erstellten, minimalphasigen Korrekturfilter.
Dass die Zwerge meinen Hörraum überhaupt zur Anregung brachten, war die erste Überraschung. Als dann die Moden mittels Convoler weitgehend ausgebügelt waren, ging die Sonne auf. Nicht nur hinsichtlich der Tonalität und Räumlichkeit, nein, auch hinsichtlich der Lautstärke! Was die Böxchen an Schallleistung in unser Wohnzimmer warfen, war schon beeindruckend. Mit einem satten Fundament zauberten sie Stevie Ray Vaughan und Hugh Masekela (wie übrigens auch Renaud Garcia-Fons auf der Manger-CD) sehr glaubwürdig in den Raum. Man muss das gehört haben, um es zu glauben!
Aber etwas störte mich doch: die Stimmen der beiden Sänger kamen etwas belegt bzw. gedeckt daher. Aha, dachte ich, kann sie wohl doch nicht alles, die Kleine! Merkwürdig, als ich mir danach Isn't She Lovely von Livingston Taylor anhörte, klang dessen Stimme wiederum absolut plausibel. Es hilft alles nichts, dachte ich weiter, jetzt muss ich doch mal auf die Silbersand umschalten und querchecken. OK, meine FM 303 spielt luftiger, detailreicher und nochmals um Einiges präziser, aber ich weiß jetzt auch, weshalb mir die A-Box 5 bei der Audio so gut gefallen hat: die "Seelenverwandschaft" ist offenkundig. Es gab also keineswegs einen "Hörsturz" beim Zurückschalten auf die kleine Abacus. Was aber nun war mit den Männerstimmen?
Ich wählte erneut die beiden Titel von den Burmester-CDs aus. Und siehe da, auch über meine Silbersand klangen die Männerstimmen verhangen. Oje, dachte ich, ist da vielleicht etwas mit Gerts Digital-Upgrade am Sonos schiefgegangen oder gar etwas anderes in meiner Kette nicht in Ordnung? Dann fiel mir ein, dass ich die beiden Titel auch als Originalaufnahmen auf meiner Festplatte habe. Also flugs die CDs per Sonos ausgewählt und siehe da - endlich ging die Sonne auf! Stevie Ray Vaughan und Hugh Masekela hatten die Vorhänge beiseite gezogen und sangen nun ohne Fehl und Tadel über beide Lautsprecher. Man merke: Vorführ-CDs sind manchesmal gesoundet und zwar nicht immer zum Besseren.
Aber noch etwas zeigte mir dieses Erlebnis. Beide, sowohl die FM 303 als auch die A-Box 5, klingen mit denselben Aufnahmen "gut" bzw. "schlecht". Was mir im Übrigen endlich die Gewissheit gibt, dass es nicht an meinen Silbersands liegt, wenn ich eine Aufnahme gräßlich finde - sie ist es dann eben auch.
Aktives Geschwisterpaar mit gleichem Musikgeschmack:

Natürlich offenbart die kleine Abacus im direkten Vergleich auch Schwächen. So unterschlägt sie bei aller Präzision das eine oder andere Detail und beim 3. Satz der auf der Manger-CD befindlichen Vier Jahreszeiten von Antonio Vivaldi kippen die Violinen bei höheren Lautstärken, im Gegensatz zur Silbersand, gelegentlich ins Lästige (ist auch eine "fiese" Aufnahme), aber schließlich reden wir hier auch von einem Preisunterschied > Faktor 10.
Das Erfolgsgeheimnis der Abacus scheint mir im DSP-gesteuerten Tieftöner zu liegen, der über einen für die Gehäusegröße geradezu unglaublichen Tiefgang verfügt. Natürlich kann hiermit nicht die Präzision und Leichtigkeit eines geregelten, größeren Basschassis erreicht werden (sehr gut nachvollziehbar übrigens mit Jacques Loussiers Version des 1. Satzes aus J.S. Bachs Klavierkonzert c-moll, BWV 1062; da schwingt der Tieftöner bei der Abacus hörbar nach, während die Silbersand das Schlagzeug absolut trocken und präzise in den Raum stellt). Trotzdem, dank ihrer geschlossenen Gehäusekonstruktion spielt die Abacus immer noch wesentlich präziser als manche Bassreflexbox, die wir bei der Audio gehört hatten.
Die Abacus macht auch als Fernsehlautsprecher eine gute Figur:

Wie lautet also mein Fazit?
Eigentlich ist die A-Box 5 viel zu schade für den Schreibtisch. Aus meiner Sicht hat sie nämlich das Zeug zum Hauptlautsprecher in kleinen Räumen bis max. 20 qm - bei Leisehörern sogar in noch größeren Räumen. Da sie aber nunmal nicht sooo teuer ist (990,00 €/Paar) und ich mit der Abacus endlich die Möglichkeit habe, auch am Schreibtisch den gewohnt-geschätzten Silbersand-Nichtsound in Näherung zu genießen, wird die A-Box 5 hierbleiben. Über den Einsatz am Schreibtisch berichte ich, wenn die Voraussetzungen geschaffen sind. (Derzeit höre ich dort über einen Sonos ZP 120 mit passiven Braun-Lautsprechern; für den Aktivbetrieb werde ich wahrscheinlich auf Foobar mit Convolver-Plugin und einen externen USB-Wandler wechseln.)
Die Abacus A-Box 5 reizt die Vorteile der Aktivtechnik (fast) vollständig aus:
- Der für eine lineare Wiedergabe DSP-entzerrte Tieftöner sorgt in Verbindung mit der geschlossenen Gehäusekonstruktion für einen präzisen Bass bis hinunter in die tiefsten Frequenzen.
- Der Highpass-Filter ermöglicht eine Ortsanpassung bzw. wahlweise einen abgrundtiefen Bass oder eine Anhebung der Maximallautstärke.
Die kleine Abacus bietet einen wunderbaren Einstieg in die Welt der Aktivlautsprecher. Der, den sie kalt lässt, ist für's aktive Hören verloren!
Viele Grüße
Rudolf