Wer baut international noch vollgeregelte Aktivlautsprecher?

Hironimus_23
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Beitrag von Hironimus_23 »

Hallo,

wenn auch nicht Sensor-geregelt, sondern durch die elektromagnetische Kraft geregelt, könnte man auch die Lautsprecher der Firma Abacus aufführen. Bei denen wird die Gegeninduktionsspannung der sich bewegenen Membrane dem Verstärker des Aktivlautsprechers zurück geführt und zur Regelung verwendet. Diese 100% Gegenkopplung wäre dann auch eine Vollregelung, wonach Jens mit seiner Eingangsfrage hier gefragt hat.

Viele Grüße,
Hironimus
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spendormania
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Beitrag von spendormania »

Hallo zusammen,

eine DSP-gesteuerte Form der Regelung findet sich in den großen B&O Lautsprechern. In der Beolab 50 wird die Schwingspulentemperatur permanent gemessen und dann innerhalb des DSPs nachgeregelt, wenn sich die Arbeitspunkt verschoben und das Chassis seinen linearen Arbeitsbereich verlassen hat. So werden Frequenzgangverschiebungen sofort korrigiert.

VG
Ludger
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

spendormania hat geschrieben: 21.12.2020, 20:03eine DSP-gesteuerte Form der Regelung findet sich in den großen B&O Lautsprechern. In der Beolab 50 wird die Schwingspulentemperatur permanent gemessen und dann innerhalb des DSPs nachgeregelt, wenn sich die Arbeitspunkt verschoben und das Chassis seinen linearen Arbeitsbereich verlassen hat. So werden Frequenzgangverschiebungen sofort korrigiert.
Hallo Ludger,
hast du da mehr Informationen?
Wenn die Temperatur der Schwingspule steigt, nimmt der Ohmsche Anteil zu, die Impedanzkurve bedingt durch akustische Last, Aufhängung, Gehäuse, etc. bleibt prinzipiell gleich, verschiebt sich etwas. Da es Aktiv-LS sind, schlägt sich die Impedanz nicht in der Übergangsfrequenz nieder wie bei Passiv-LS.
Kann man außer einem sehr geringen Pegelverlust auch einen FG-Fehler erwarten, der kompensiert werden will?
Was meint "seinen linearen Arbeitsbereich verlassen"?
Grüße
Hans-Martin
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Kennt jemand reale Lautsprecher mit integriertem KCS? http://www.klippel.de/products/klippel- ... sound.html

Grüsse
Uli
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spendormania
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Beitrag von spendormania »

Hans-Martin hat geschrieben: 21.12.2020, 22:26 Hallo Ludger,
hast du da mehr Informationen?
Hallo Hans-Martin,

in diesem White-Paper findest Du ab Seite 55 nähere Informationen (die ganze Abhandlung ist aber auch sehr lesenswert, weil B&O alle verbauten Komponenten ganz offen nennt).

https://www.beoherning.dk/app/webroot/u ... pdf#page55

So wie ich es verstanden habe, erzeugt ein Anstieg der Schwingspulentemperatur bei den verwendeten Bässen einen Frequenzgangbuckel bei rund 50 Hz nebst weniger Tiefbass. Hier regelt der DSP dann in Abhängigkeit der anliegenden Temperatur dann nach, hebt den Tiefbass an und eliminiert die Überhöhung, wenn das Chassis am Limit betrieben wird. Außerdem setzt ein Limiter ein, wenn die Party des Nachwuchses aus dem Ruder läuft, wie in der Anleitung beschrieben. :wink:

Genauso behandelt B&O dann jedes verbaute Chassis, die alle einzeln ausgemessen, in ihrem Temperaturverhalten geprüft und dann individuell an den DSP angepasst werden.

VG
Ludger
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Ludger,
schaue ich mir Fig. 19.4 an, stelle ich fest, dass um 50Hz Chassisresonanzfrequenz im Peak nur 1 dB, in der Nachbarschaft sonst durchaus 4 dB (auch darüber, nicht nur Tiefbass) zurückbleiben.

Der Ohmsche Anteil ändert sich bei Erhitzung stärker als die Impedanzkurve im Verlauf.
Wie macht sich das wohl bemerkbar, bedenkt man die 4 Aspekte:
  • Bedeutung der Resonanzfrequenz des eingebauten Chassis und des Schallpegels in diesem Bereich
    Loudnesskurven - Wahrnehmung ändert sich mehr als der Effekt der Temperaturänderung
    Spektralanalysen von Musik - üblich ist ein stetiger Abfall unterhalb 100Hz,
    Hüllkurven bei Musik zeigen Erholungszeiten (nicht bei aktuellem damikkomprimiertem Pop)
Meine bevorzugte Abhörlautstärke liegt deutlich unter 1W pro LS. Eine alte Glühbirne mit 20 W kann ich noch gut anfassen, wenn sie leuchtet, so what? Wie heiß wird meine Schwingspule im praktischen Hörbetrieb?

B&O hat den einen Aspekt über alle anderen herausgestellt.
Man darf aber auch über den Tellerrand blicken...
Grüße
Hans-Martin
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spendormania
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Beitrag von spendormania »

Hallo Hans-Martin,

was die Leistungsaufnahme der B&O im höheren Pegelbereich angeht, weiß ich natürlich ebenso viel bzw. ebenso wenig wie Du. Dein Rechenbeispiel ist ja recht anschaulich, die Frage ist halt, wie sich das bei entzerrten Bässen darstellt. Meiner Ansicht nach sind die drei 10-Zöller massiv digital entzerrt, denn eine derartig gleichbleibende und von steigenden Pegeln völlig unbeeindruckt bleibende Bassgewalt spricht für sehr, sehr viel Leistung, die da reingepumpt wird. So war zumindest mein Eindruck bei der ausgiebigen Hörsession bei B&O: so einen Bass hört man nicht alle Tage.

Und eins hat die temperaturgeführte Regelung mit der mechanisch praktizierten ja gemein: sie wird immer erst beim Betrieb im Grenzbereich relevant. Denn auch die Nutzer von Silbersand Lautsprechern werden im Alltag nur wenig von der Regelung mitbekommen.

Der Hinweis mit dem Tellerrand war nicht an mich gerichtet oder? Ich bin ja nur der Überbringer der Nachricht, dass sich auch B&O eine Regelung ausgedacht hat. :wink:

VG
Ludger
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meroVinger-audio
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Beitrag von meroVinger-audio »

spendormania hat geschrieben: 22.12.2020, 08:59 Und eins hat die temperaturgeführte Regelung mit der mechanisch praktizierten ja gemein: sie wird immer erst beim Betrieb im Grenzbereich relevant. Denn auch die Nutzer von Silbersand Lautsprechern werden im Alltag nur wenig von der Regelung mitbekommen.
Das ist so nicht ganz korrekt. Bei Silbersand, wie auch bei uns, ist die Regelung ja auch die Grundlage für den Frequenzgang des Chassis. Das heißt, der Soll-Ist-Vergleich wird bspw. immer dann relevant, wenn im Arbeitsbereich Abweichungen entstehen. Im konkreten Fall von Subwoofern bedeutet das, dass die Regelung permanent den Frequenzgang entzerrt, da die Einbausituation im Gehäuse keine lineare Kurve bis 15 Hertz ermöglicht.

Im Mittelton ist das durchaus ähnlich.

Andere Konzepte, wie bspw. die alte Regelung von A.C.T., nutzen hingegen eine Vorentzerrung. So ist nach Abklemmen des Sensors der Frequenzgang unverändert.

VG

Peter
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Regelkreise lassen sich von einfach bis komplex aufbauen.
Als Beispiel ein Lageregelkreis. Ein dazu nötiger Lagesensor erfasst die Position als Regelgröße. Ein untergeordneter Regelkreis erfasst die Geschwindigkeit als Regelgröe. Und dann gibt es noch einen untergeordneten Regelkreis welcher den Strom als Regelgröße erfasst. Dabei steht der Strom mit der Beschleunigung im Zusammenhang.
Es reicht hier nicht, nur die Position allein zu regeln, weil Abweichungen von Beschleunigung und Geschwindigkeit dazu führen können, dass die Position nicht erreicht wird.

Man kann sich dazu noch ein paar Dinge merken: je weiter aussen der Regelkreis umso langsamer wird er. Die erreichbare Grenzfrequenz ist deutlich niedriger als mit einem gesteuerten, also ungeregelten Betrieb erreichbar. Ein Grund, warum geregelte Hochtöner so selten sind. Der HT müsste damit ungeregelt noch viel höher spielen.

Bei einem Lautsprecherchassis ist das nun nicht wirklich anders. Im Prinzip soll ein zum Musiksignal linear abhängiger Schall entstehen, wobei beliebige Abweichungen vermieden werden sollen. In sofern kann man nun alle denkbaren Meßgrößen heranziehen um damit das Verhalten zu verbessern. Schallmessung per Mikro, Beschleunigungsaufnehmer, Induktivspulen, Strommessung, Temperatur , Gegeninduktionsspannung und was sonst auch immer.
Logisch ist, dass ein Problem dadurch entstehen kann, dass Störgrößen das Regelverhalten negativ beeinflussen. Ich kann mich an eine Messung von Lautsprechern erinnern, deren Bassfrequenzen den nicht an der Messung beteiligten Subwoofer zum Aufschaukeln gebracht haben. Insofern ist die Verwendung von Mikrofonen immer kritisch, der Schall kann ja von sonstwoher auch kommen.
Regelt man wiederum nur die inneren Kreise, z.B. Ansteuerung des LS per stromgeregeltem Verstärker, so verbessert man das innere Verhalten, was aber nicht unbedingt bedeutet dass das Endergebnis passt.

Es ist in diesem Zusammenhang dann schon absolut erstaunlich, dass Lautsprecher auch ohne Regelung schon so prima funktionieren. Wollte man dies per Regelung auf die Spitze treiben steigt der Aufwand dann aber auch schnell überproportional an. Beispiel: was nützt es, wenn die Schwingspule sich per Regelung mustergültig verhält, die Membran aber Break-Ups aufzeigt.

Viele Grüsse
Uli
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phase_accurate
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Beitrag von phase_accurate »

Die Kompensation der Schwingspulenerwärmung ist nicht so neu. Meyersound macht das z.B. seit Jahren analog.
Bei LS, welche wie z.B B&M mit Membranregelung und Endstufen als Stromquellen arbeiten, ist diese Temperaturkompensation schon im Funktionsprinzip inbegriffen.
Wenn man wie bei B&O Leistung im Kilowattbereich in Lautsprecherlein mit Schwingspülchen hineinpumpt dann ist die Erhöhung des Rdc, welcher mit einer Verschlechterung des Wirkungsgrades und einer Erhöhung des Qts (via Qes) einhergeht, schon vorprogrammiert.
Bei vielen LS liegt die Power Compression im Bereich 3 bis 4 dB bei der Nennbelastbarkeit. Da kann man sich auch ausmalen, wie heiss so eine Schwingspule wird.

Gruss

Charles
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Jens
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Beitrag von Jens »

Genau Charles und so versucht sich der Hersteller gegenüber dem (unweigerlichen) Parametershift durch diese nette kleine Korrektur zu helfen. Insofern... schaut das nach ordentlichem engineering aus. Das ist dann wohl aber eher eine Anpassung an die Umstände (Entzerrung, kleines Volumen, Parametershift...) und keine "Regelung". Trotzdem zeigt das Whitepaper das Bang und Beklopptufson schon weiss was sie tuen... spätestens mit der anderen B&O Kiste (90??) mit (erstmalig bei bo zumindest) variablem oder sagen wir beeinflussbaren Abstrahlverhalten hat man denke ich gesehen dass die nicht nur Orgelpfeieffen bauen sondern bisschen mehr ... wenn die Designabteilung sie nur liesse :cheers:
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beltane
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Beitrag von beltane »

Hallo Jens,

Du meinst die Beolab 90?!

https://www.bang-olufsen.com/de/lautspr ... lver-black

Klanglich fand ich die seinerzeit auf der High End nicht überzeugend. Bei einem Preis von 70.000 € hätte ich deutlich mehr erwartet.

Viele Grüße

Frank
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Funky
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Beolabs

Beitrag von Funky »

Guten Abend zusammen,

ich habe mir die Beolabs im Münchner Flagship Store immer mal wieder angehört. Zuerst war der Laden so neu, dass noch keine Einmessung erfolgt war. Aber auch die 2 folgenden Male konnte mich das gehörte nicht überzeugen.

Ein interessantes Skulptur, dass sicher, aber sehr zurückhaltend, klang nach gehobenen Hifi aber nicht wirklich nach intensiver Musik. Quelle war NAS bzw. Streaming. Zu deren Qualität kann ich nichts sagen. Es wurden alle Parameter über einen grossen Fernseher gesteuert. Worauf der B&O Berater sichtlich stolz war, wie auch auf die Technik die zum Einsatz kam..

Nur abgeholt hat mit die grosse B&O leider nicht, trotz aller formidablen Technik.

Insofern stellt sich die Frage, für was ist die ganze Technik gut, wenn sie klanglich nicht überzeugt - zumindest in der geregelten Form wie ich sie hier vorgestellt bekommen habe.

Generell stellt sich die Frage, sind geregelte (also via Feedbackschleife in die Steuer-Elektronik) Lautsprecher "in der Regel" wirklich besser ?

Funky
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Funky,
die B&O werden nur anhand eines Thermosensors am Magneten entsprechend zeitverzögert lauter angesteuert. Das ist nicht unvernünftig, überzeugen muss es mit dieser Ausrichtung der Regelung nicht.
Grüße
Hans-Martin
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Dipolaktiv
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Beitrag von Dipolaktiv »

Hallo

zum Thema geregelte Lautsprecher gibt es Artikel über Lautsprecher mit Zustandsregelung (state space controller).
Dabei wir mit wenig Messgrössen und einem Modell die anderen Grössen geschätzt (Kalman Filter).

Ich kenne keinen Lautsprecher der das implementiert hat. Kennt jemand einen.

Gruss

Peter
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