analoge versus digitale Frequenzweiche

musikgeniesser
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Beitrag von musikgeniesser »

Moin Harald,
moin Forenten,

danke für die prompte Einordnung meiner These, Harald, dass das gewählte Konzept nicht immer das wichtigste ist. Sehr oft -- und so offenbar auch hier -- ist es die Sorgfalt in der Ausführung, zu der nur in allen Verästelungen des Problems denkende, gleichermaßen fantasievolle wie erfahrene Konstrukteure im Zusammenspiel mit auf ihrem Gebiet ebenso fantasievolle wie erfahrene Techniker und Handwerker in der Lage sind.

Ein interessanter Gedanke, durch geeignete Umnutzung der digitalen Erkenntnisse eine Signalverarbeitung zu entwickeln, die die Digitaltechnik in gewisser Weise robust, man könnte auch "wetterfest" sagen, gegen Schwächen der eingesetzten analogen Frequenzweiche macht. Ob das gerade in einem Forum wie diesem auf nennenswertes Interesse stoßen dürfte, kann ich mir noch nicht vorstellen. Aber ich lerne gerne dazu.

Das Problem scheint mir zu sein, dass eine solche Lösung das Odeur des behelfsmäßigen nicht abzulegen im Stande sein dürfte: man strebt eine optimierte Analogweiche zwar an, kann oder möchte sie sich aber nicht leisten. Das ganze könnte nur dann funktionieren, wenn die digitale Alternative um Größenordnungen billiger als neue Frequenzweichen wäre, das Ergebnis zugleich aber sehr überzeugend sein müsste. Durchaus vorstellbar, dass das alles so sein könnte.

Wenn denn die Alternative einer hochwertigen Analogweiche verfügbar ist. Das ist hier praktisch nur für alte B&M-Boxen der Fall. Alle anderen Boxen, also deren Eigner genau genommen, gucken in die Röhre. Gerade für diesen Teil des Marktes würde das digitale Wegbügeln analoger Schwächen interessant. Insofern hat diese Idee denn doch die Chance, das oben erwähnte Odeur abzulegen.

Herzliche Grüße

Peter
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Ralph Berres
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Beitrag von Ralph Berres »

musikgeniesser hat geschrieben:anlässlich der von Dir, Roman (RPWG), hier

http://aktives-hoeren.de/viewtopic.php?f=37&t=3702

vorgestellten digitalen Subtraktions- oder Subtraktivweiche belebe ich diesen Strang hier einmal wieder.
Bleibt einfach mal noch festzustellen, das Romans digitale Weiche eine echte Vanderkoy-Weiche ist, weil sie echte laufzeitlineare Verzögerungsglieder und nicht nur Phasenschieber in den Allpässen benutzt, wie bei den analogen (möchtegern) Vanderkoyweichen.

Das schlägt sich dann darin nieder das (wie von mir in dem Beitrag Subtraktionsweichen angemerkt) die Ausgänge der Wege sich nicht nur im Phasengang decken, wie bei der analogen Weiche auch, sondern das summierte Ausgangsignal der Wege auch keine Gruppenlaufzeitverzerrungen aufweisen.

Und das nenne ich schon einen wirklichen Fortschritt. Ich werde (sobald die von mir in Auftrag gegebenen Digitalweichen von Roman fertig sind) meine BM76 auf digitale Weichen umbauen.

Weil ich dann direkt von analoger auf digitale Weiche während des Betriebs umschalten kann, wird man den Unterschied gut demonstrieren können.

Dabei spielt es für mich nur eine untergeordnete Rolle, dass mich die digitale Weiche deutlich mehr kostet als die analoge Weiche.

Ralph Berres
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nikander
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Beitrag von nikander »

Hallo zusammen,

als absoluter technischer Laie will auch einmal wagen, eine Frage zu stellen:

vorausgesetzt man hat:

Acourate NAS + 2 aktive Monitore +
1. einen Monitorcontroller/externe Frequenzweiche mit 24 Bit AD/DA-Wandler
2. einen klanglich noch besseren DA-Wandler/Vorverstärker (als über direkt digitalen Eingang des o.a. Monitor-Controllers)
3.einen Subwoofer mit Tiefpassfilter von 24 db/octave, aber Hochpassfilter 1. Ordnung (6 db/octave)

zur Verfügung.

Was ist günstiger:

A: 2 analog an: 1 (mit angeschlossenen LS + Sub) + Acourate NAS
B: 1 komplett rausnehmen + Satelliten durch Sub schleifen (die überlappenden Frequenzbereiche bei Hochpassfilter 1. Ordnung durch Herabregelung des Subs/der Tiefbass-Anteile der Monitore vermindern) + Acourate NAS

oder egal?

Dank im voraus und Grüße,

Christian
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Fujak
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Beitrag von Fujak »

Hallo Christian,

ich habe es bei mir folgendermaßen gemacht: Den Subwoofer habe ich mit Übergangsfrequenz 80 Hz eingestellt. Den Pegel des Subs habe ich gegenüber den Monitoren so eingepegelt, dass er in seinem Bereich 16-80 Hz um 15 dB lauter spielt als die Monitore im Bereich zwischen 50 und 100Hz.

Dadurch ergibt sich dann bei der Korrektur mit Acourate, dass der Subwoofer automatisch noch einen größeren Bereich der Monitore mit übernimmt. Da Acourate ja den Gesamtpegel aus Monitoren und Sub linearisiert, wird also der Pegel der Monitore in dem Bereich zwischen 50 Hz und 100Hz um 15dB mit abgesenkt (durch den um 15 dB lauter spielenden Sub in diesem Bereich).

Dadurch werden die Monitore in dem Bereich ab 100Hz abwärts deutlich entlastet, was man dann durch eine Logsweep Messung der Monitore solo mit dem erstellten Filter erkennen kann.

Dieses Vorgehen hat den Vorteil, dass man keine weitere digitale Frequenzweiche braucht oder auf die klanglich schlechteste Variante zurückgreifen muss, nämlich die Monitore durch den Hochpass-Filter des Subs durchzuschleusen (Verlust an Impulsivität und Detailabbildung).

Der Bass scheint dann wirklich aus den kleinen Monitore zu kommen, als seien sie mannshohe Standboxen.

Grüße
Fujak
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nikander
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Beitrag von nikander »

Danke für den Hinweis, Fujak:
Fujak hat geschrieben:...nämlich die Monitore durch den Hochpass-Filter des Subs durchzuschleusen (Verlust an Impulsivität und Detailabbildung)...
ich frage mich, ob das generell der Fall ist (ich habe selbst auch den Eindruck gehabt) oder der Eindruck durch zu viel Bassvolumen (bei Filtern 1. Ordnung größere Überlappungsbereiche zwischen Sub + Satelliten) nur vorgetäuscht wird.

Schöne Grüße,

Christian
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Fujak
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Beitrag von Fujak »

Hallo Christian,
nikander hat geschrieben:ich frage mich, ob das generell der Fall ist (ich habe selbst auch den Eindruck gehabt) oder der Eindruck durch zu viel Bassvolumen (bei Filtern 1. Ordnung größere Überlappungsbereiche zwischen Sub + Satelliten) nur vorgetäuscht wird.
ich habe noch von niemandem gehört/gelesen, der von der gegenteiligen Erfahrung berichtet. Vielen fällt die Klangeinbuße gar nicht auf - bis sie den Direktvergleich haben.

Insgesamt ist die Ankoppelung von Sub an Monitore anspruchsvoll. Nicht nur die relativ flachen Filter in einer analogen Weiche tragen dazu bei, dass Sub und Monitore ein lange Strecke hörbar parallel laufen, sondern auch die nicht kontrollierbaren Phasendrehungen. Und als dritter Faktor ist die Gruppenlaufzeit zu nennen: Subwoofer tendieren dazu, zeitlich den Hauptlautsprechern nachzuhinken. Das muss durch die räumliche Aufstellung kompensiert werden oder aber, was wesentlich effizienter ist, durch elektronische Liniearisierung der Laufzeiten, wie dies mit Acourate passiert.

Grüße
Fujak
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Fujak hat geschrieben:Und als dritter Faktor ist die Gruppenlaufzeit zu nennen: Subwoofer tendieren dazu, zeitlich den Hauptlautsprechern nachzuhinken. Das muss durch die räumliche Aufstellung kompensiert werden oder aber, was wesentlich effizienter ist, durch elektronische Liniearisierung der Laufzeiten, wie dies mit Acourate passiert.
Hallo Fujak

Wie stellst du dir die Kompensation vor? Digitale Aktivweichen bieten meist die nötige Laufzeitverzögerung für die frei aufgestellten Hauptlautsprecher, während die Subwoofer wandnah stehen werden, um Allison-Dips zu vermeiden, also weiter entfernt stehen und keine Verzögerung (aber FG-Korrektur) brauchen.

Interessant wäre die Frage, äh, Antwort, ob die Verzögerung in der Weichenhardware oder in der Korrektursoftware zu hörbaren Unterschieden führt.

Grüße Hans-Martin
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Fujak
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Beitrag von Fujak »

Hallo Hans-Martin,
Hans-Martin hat geschrieben:Wie stellst du dir die Kompensation vor?
Den Hintergrund dieser Frage verstehe ich nicht. Denn Du zitierst ja meine Antwort auf Deine Frage direkt davor.
Hans-Martin hat geschrieben:Interessant wäre die Frage, äh, Antwort, ob die Verzögerung in der Weichenhardware oder in der Korrektursoftware zu hörbaren Unterschieden führt.
Da ich beides hier habe (Behringer Ultramatch und Acourate/Convolving) und ausprobiert habe, kann ich sagen, dass in Sachen Verzögerung beides gleichwertig ist, das kann man ja mit Acourate mittels Sprungantwort messen.

Aber es gibt einige klangliche Nachteile mit dieser Hardware-Weiche zumindest: Zum einen durchläuft das Signal eine A/D-D/A-Wandlung, was sich zwar im Bassbereich klanglich nicht hörbar auswirkt, aber im Bereich der Monitore (wenn auch bei weitem nicht so stark wie bei der Verwendung einer internen Hochpass-Weiche des Subs) und zwar durch (leicht) verschliffene Details im Hochton-/Mittentonbereich.

Zum anderen bleiben Korrektur von FG und Phase unberücksichtigt (letzteres hinsichtlich eines gleichmäßigen Phasenverlaufs der Monitore und des Subs als auch - was besonders wichtig ist - im Zusammenspiel beider im Bereich der Übernahmefrequenz).

Erst mit Acourate wird auch das behoben, sodass man damit weitestgehende Flexibilität in der Aufstellung der Monitore und des Subs hat.

Mess- und hörtechnisch habe ich in der Anwendung der weiter ob in meinem vorletzten Posting beschriebenen Prozedur mit Acourate das mit Abstand beste Ergebnis bekommen.

Grüße
Fujak
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Guitarfreak
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Beitrag von Guitarfreak »

1. Macht man einen radikalen Schnitt und konstruiert eine komplett neue Anlage, dann würde ich nach dem Stand der Dinge auch zu einer digitalen Lösung tendieren, also digital rein in die FIR-Weiche, wo gleich noch die FG- und GLZ-Entzerrung des Komplettpakets Anlage plus Raum gemacht wird. Dann abhängig von der Zahl der Wege im Lautsprecher entsprechend viele (hochwertige) DA-Wandler und dahinter eine analoge Lautstärkeregelung in jedem Zweig, bevor es auf die Endstufen geht, die im Idealfall die Chassis in einer Regelschleife kontrollieren. Eine etwas vereinfachte Variante davon erhält man beispielsweise, wenn man eine BM25/35 kauft.
Wie würde man denn eine analoge Lautstärke Regelung in diesem Falle aufbauen?
Bzw. wäre die Lautstärke dann ja nur am Lautsprecher selbst einzustellen, oder?

Viele Grüße

Daniel
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Ralph Berres
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Beitrag von Ralph Berres »

Bei den heute üblichen 24Bit AD und DA Wandler (das sind theoretisch 144db Dynamik) bringt es nur akademische Nachteile, wenn man den analogen Laustärkeregler vor dem AD-Wandler des Lautsprechersystemes angeordnet hat (also wie üblich im Vorverstärker).

Selbst wenn man 40db unter der maximal möglichen Lautstärke seine Musik hört (z.B. 50mW gegenüber 500W max, die unterstelle ich jetzt mal als maximale Leistung des Lautsprechers) , hat immer noch über 100db Dynamik. Also mehr als eine CD.

Erst wenn man dann nochmal in der Lautstärke um 60db runtergeht, wird der Klirrfaktor bedingt durch Quantisierungsrauschen allmählich interessant. Aber mal ehrlich. Wer hört 60db unter Zimmerlautstärke (50mW) noch überhaupt irgendwas? Oder hat jemand hier vollkommen schallisolierte Räume in denen er Musik hört?

Ralph Berres
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Mein bevorzugter Hörpegel liegt um 74dB. Bei einem Raumruhegeräusch bei 30dB ist demnach die genutzte Dynamik etwa 45dB - dazu die unberücksichtigten 20dB kurze Peaks Reserve.

Mehr als 105dB sind nicht machbar, das wären 75dB erreichbare Dynamik.

Bei CDs findet man vor 1992 selten Vollaussteuerung, danach wurde komprimiert ohne Ende, da erübrigt sich mMn jegliche Diskussion.

Grüße Hans-Martin
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tinnitus
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Sind analoge Frequenzweichen noch Zeitgemäß?

Beitrag von tinnitus »

Hallo Weichenfreunde,

ich möchte diesen Faden wieder nach "oben" bringen.
Mich würde interessieren wie viele Mitforenten digitale Frequenzweichen einsetzen (und auch keine Analogen mehr verwenden).
Ich setze Acourate XOs in einem Rasperry 3B+ ein und bin damit vollauf Zufrieden. In einer Zweitanlage habe ich den MiniDSP 2x4HD als Weiche im Einsatz und das ist auch schon sehr gut für einen Rechnerlosen Einsatz.

Gruß Roland
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gregor
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Beitrag von gregor »

Hallo Roland,

seit fast einem Jahr höre ich mit Adam S3V, diese sind meine ersten DSP-Lautsprecher; ich steuere sie direkt über die AES-Schnittstelle an, über eine Dante-Einheit, also auch ohne externen DAC. Beim Genusshören sample ich in der Software (audirvana) vorher auf die internen 96kHz, oder belasse 48 und 96kHz, wenn nativ. Die Durchhörbarkeit ist bei diesem System enorm. Der digital IN ist der analogen Ansteuerung recht deutlich überlegen.

Ich schätze mal, dass DSP-basierte Weichen im Preissegment gehobener Studiomonitore einen klanglich-preislichen Sweetspot darstellen.

Beste Grüße
gregor

Recht komfortable Bordmittel gibt es auch noch dazu:
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Die Wahlmöglichkeiten auf der Rückseite der Box:
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Lauscher
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Beitrag von Lauscher »

Da war ich mit meiner Antwort 8 Jahre zu spät :lol:

Viele Grüße
Jens
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atmos
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Analoge Weiche Favorit

Beitrag von atmos »

Hi,
ich habe im August 2020 erstmals einen DSP-LS bei Abacus gehört.
Die kleinen Cortex klangen alle super, und die Standbx 15 S war sofort mein Favorit.

Danach habe ich die Oscara 214 gehört, und ich habe wirklich kurz überlegt, ob ich den Lautsprecher kaufen sollte.

Als ich dann aber die Trifon 3 hörte, war sofort meine Kaufentscheidung gefallen: Die sollte es sein.

Eine analoge Frequenzweiche, Linkwiitz 4. Ordnung, das war es. Da kommt die Cortex 15 S mit ihrem DSP nicht heran.

Im Nachhinein war mir der Klang der Cortes einfach zu digital, zu wenig musikalisch.

Der riesengroße Vorteil des DSP ist ja, dass so ganz nebenbei auch noch eine Raumkorrektur vorgenommen werden kann.

Da ich aber das Glück habe, dass mein WZ dem Goldenen Schnitt recht nahe ist und die Trifon 3 exzellent aufspielt, komme ich auch ohne Klangsteller gut klar. Ein symmetrisches Stereodreieck ist natürlich Grundvoraussetzung, und bei der Surround-Anlage der ITU-Kreis.

In meinem Surround-Raum habe ich auf eine Einmessung mit Audyssey XT 32 verzichtet und lieber Akustikmaterial verbaut.

Ich mag es analog.

Gruß
Günther
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