Liebe Cleaner-Freunde,
eine Reihe von Tests haben mir gezeigt, dass dieses Verfahren viel Potential hat. Ich will Euch darüber berichten und dabei auch eine Verallgemeinerung des Cleaner-Verfahrens vorschlagen. Zunächst möchte ich aber darstellen, wie ich das Cleaner-Verfahren für mich einordne.
1. Grundsätzliches
Mittenkanal M und Seitenkanal S lassen sich aus den Stereokanälen Links L und Rechts R wie folgt errechnen:
M := L + R
S := L – R
Das von Uli in Zusammenarbeit mit Abacus entwickelte
Cleaner-„Kästchen“ dürfte in Bezug auf die zwei Eingangskanäle folgende Funktion ausführen:
C: (x, y) |--> (0,5*(x+y), 0,5*(x-y))
Für den Fall, dass x = M der Mittenkanal und y = S der Seitenkanal ist, erzeugt das Cleaner-Kästchen gerade L und R:
C: (M, S) |--> (0,5*(M+S), 0,5*(M-S)) = (0,5 (L+R+L-R), 0,5*(L+R-L+R)) = (L, R)
Dafür ist es ja gerade gemacht. Das Kästchen lässt sich aber auch direkt auf L und R anwenden. Dann erzeugt es – bis auf den Faktor 0,5 – M und S:
C: (L, R) |--> (0,5*(L+R), 0,5*(L-R)) = (0,5*M, 0,5*S).
Wenn bei Acourate NAS oder beim Acourate Convolver der Haken auf „Cleaner“ gesetzt ist, wird das digitale Signal (nach dem optionalen Convolving) von (L, R) auf (M, S) konvertiert. Der Digital-Analog-Wandler (DAC) bekommt auf seinem Kanal 1 dann anstelle von L das Mittensignal M auf Kanal 2 das Seitensignal S zur Verarbeitung. Hinter dem DAC sitzt das Cleaner-Kästchen und transformiert (M, S) nach (L, R).
Die (mono)-Mitteninformation M scheint für die Signalortung besonders wichtig zu sein. Abweichungen zwischen Kanal 1 und 2, die der DAC prinzipbedingt erzeugt (Beispiel datenabhängiger, unkorrelierter Jitter), werden durch das Cleaner-Verfahren nicht auf L und R sondern auf M und S übertragen. Fehler die auf M übertragen werden, sind nicht mehr unkorreliert zwischen L und R und die resultierende Ortbarkeit wird verbessert.
Bei Ulis Vorführungen in Zweibrücken haben viele von uns diese Verbesserungen wahrnehmen können. Ich habe mir das zu Hause angehört an meinem Fireface UC und konnte auch dabei eine deutliche Verbesserung feststellen. Details dazu kommen weiter gleich. Vorher möchte ich aber auf die vorgeschlagene Verallgemeinerung des Cleaner-Verfahrens eingehen.
2. Verallgemeinerung Cleaner-Verfahren bei Aufnahme und Wiedergabe
Die Überlegung dazu ist einfach. Was für einen DAC gilt müsste im Prinzip auch für einen Analog-Digital-Wandler (ADC) gelten. Wäre es nicht von Vorteil, wenn man vor der A/D Wandlung die (L, R) Signale nach (M, S) konvertieren würde? Es gibt ja auch
MS-Stereo-Mikrofone, die das von Haus aus machen. Wenn nicht nur ein Haupt-Mikrofon eingesetzt wird, könnte man das Verfahren zur Ermittlung von Mitten- und Seitensignal auch leicht verallgemeineren. So z.B. indem man ein weiteres Mono-Mikrofon (z.B. Singstimme) mit zu M hinzuaddiert und von S abzieht. Das Schema sieht damit aus wie folgt:
3. Erster Versuch simultan getaktete AD/DA Wandlung mit Fireface UC
Freundlicherweise hat mir Hanno Sonder zwei Cleaner zur Verfügung gestellt und so wollte ich das auf die Schnelle testen. Als Analog-Quelle meinen G-ADS/1 DAC Streamer eingesetzt. Als AD/DA Gerät habe ich meinen Fireface UC verwendet.
Die Cleaner können einzeln geschaltet werden und damit mehrere Varianten verglichen werden. Jeder Cleaner kann als Linetreiber ohne Addition oder Subtraktion der Stereo-Kanäle eingesetzt werden (1-Funktion). Oder die oben beschriebene Funktion C kann eingschaltet werden. Innerhalb der digitalen Verarbeitung kann leicht zwischen (L, R) und (M, S) hin oder hergerechnet werden. Entsprechend ergeben sich vier mögliche Fälle:
- Fall 111: Linker Cleaner, Fireface-Mixer und rechter Cleaner lassen die Stereo-Signale unverändert.
- Fall CC1: Linker Cleaner führt die Funktion C aus, Fireface Mixer ebenfalls, rechter Cleaner lässt die Stereo-Signale unverändert
- Fall 1CC: Linker Cleaner lässt die Stereo-Signale unverändert, Fireface Mixer führt die Cleaner-Funktion aus, ebenso rechter Cleaner
- Fall C1C: Linker Cleaner führt die Funktion C aus, ebenso rechter Cleaner. Der Fireface Mixer dagegen lässt die Stereo-Signale unverändert.
(Hinweis: mit der Anwendung der Funktion C auf (L, R) muss man vorsichtig sein, weil das resultierende Signal (0,5 M, 0,5 S) um 6 dB abgesenkt ist. Mit dem Fireface-Mixer ist das leicht korrigierbar.)
Nun habe ich mehrere Musikstücke auf diese Weise gehört und auf den AGM 5.4 ausgegeben. Kein Unterschied zwischen den verschiedenen Fällen waren hörbar.
So einfach ist es also nicht im Fall des simultan getakteten Fireface. Ich gehe davon aus, dass AD und DA innerhalb des Fireface UC sauber getaktet sind. Auch wird kein Signal über S/PDIF oder USB zum Computer übertragen.
Dieses Ergebnis ist beruhigend. DSPs arbeiten ja vom Prinzip her so. Und es wäre irendwo bedenklich, wenn sich da substanzielle Unterschiede durch die Konvertierung von (L, R) auf (M, S) in der Verarbeitung ergeben würden.
4. Zweiter Versuch: getrennt getaktete AD und DA Wandlung
Realistischer ist es, wenn das Ergebnis der AD Wandlung in einer Datei abgespeichert wird. Ich habe das in folgender Anordnung realisiert (Fireface war dabei stets via USB an den Computer angeschlossen):
Aufnahme:
- G-ADS/1 DAC als Analogquelle (Cinch)
- linker Cleaner (1-Funktion oder C-Funktion schaltbar)
- Fireface Analog-Eingänge
- Bei Bedarf Fireface-Mixer zur Umrechnung (L, R) in (M, S), 6dB Absenkung wo notwendig.
- Aufnahme mit Audacity (wav-Dateien 24 Bit, 96kHz)
Wiedergabe:
- Foobar als Player
- rechter Cleaner (1- oder C-Funktion)
- AGM 5.4 zum Abhören.
Hiermit habe ich die oben genannten vier Fälle verglichen. In aufsteigender Reihenfolge wurde die Ortbarkeit und räumliche Darstellung laufend besser:
- Fall 111 (keine Aktivität der Kästschen)
- Fall CC1 (M/S Konvertierung vor dem AD-Wandler auf der Aufnahme-Seite, keine Cleaner-Funktion bei der Wiedergabeseite)
- Fall 1CC (Auf digitaler Ebene codiertes M/S-Signal wird nach der DA-Wandlung analog nach L/R konvertiert; der von Uli vorgeschlagene Anwendungsfall)
- Fall C1C (Sowohl vor der AD-Wandlung als auch nach der DA-Wandlung wird die Cleaner-Funktion angewandt).
Der Unterschied zwischen den Fällen CC1 und 1CC ist dabei nicht wirklich signifikant. Der Unterschied zwischen 111 und 1CC ist deutlich, wie in Zweibrücken zu hören. Aber auch der Unterschied zwischen 111 und CC1 ebenso wie zwischen 1CC und C1C ist signifikant.
Fazit:
Das Cleaner-Verfahren wie es von Uli hinter der DA-Wandlung vorgeschlagen wurde, hat sich auch in diesem Setup bewährt. Darüber hinaus ergibt sich eine verbesserte Ortbarkeit sowie ein verbesserter räumlicher Eindruck, wenn vor dem AD-Wandler eine M/S Konvertierung durchgeführt wird.
P.S. Wir hatten die Idee zu dieser Verallgemeinerung auch schon in Zweibrücken diskutiert. Dabei wurde verschiedentlich die Meinung geäußert, die AD-Wandlung sei weniger empfindlich gegen die hier betrachteten Einflüsse als die DA-Wandlung. Das kann ich bei meinen Experimenten so nicht nachvollziehen, es sei denn man verwendet für AD und DA die simultane Taktung wie oben beschrieben. Wenn man die Musikdatei nach der Aufnahme zwischenspeichert, macht der AD-Wandler durchaus Fehler, die sich verbessern lassen (CC1 besser als 111 und C1C besser als 1CC).
Beste Grüße
Harald