Animiert durch Kais DSP Frequenzweichenexperimente (und weil die BM-8 Elektroniken ja beim Doktor sind), habe ich mir letzten Sonntag die Zeit genommen die eigentlich gut über die SRP-F300 laufenden N804en jetzt makl mit dem DEQX zu "kalibrieren" wie der Hersteller sagt. Ein früherer Versuch war an dem Teilausfall zweier Endstufen gescheitert, jetzt sind alle seit einigen Wochen wieder betriebsbereit.
Nachdem ich das Einmessen einigermassen sorgfältig gemacht und dokumentiert habe, möchte ich es hier für eventuell Interessenten posten.
Erstmal wurden die LS dicht nebeneinander postiert, und zwar so, dass frühe Reflektionen so zeitlich so weit wie möglich verzögert werden. Dazu habe ich eine meiner BM-6en als Podest hergenommen; die LS standen auf einer Waschmaschinengummidämmmatte.
Das Messmikro habe ich 1,8m entfernt und auf Höhe des Hochtöners postiert, was etwa der Position meiner Ohren beim Musikhören entspricht. Das ganze um auf der Hörachse zu einer Zeit/Phasenanpassung zu kommen. In diesem Szenario wird der Raum noch aus der Messung ausgeblendet, wie wir sehen werden.
Die LS waren so eingewinkelt, dass sie genau auf das Mikrofon abstrahlten (das Mikro ist übrigens individuell kalibriert, eine Datei dazu in der DEQX Software angelegt).
Die Elektronik war nahe bei den LS angeordnet:
und alles entsprechend verkabelt (die NF Strippen sind von Funk Tonstudiotechnik):
Also wurde losgemessen und kalibriert (Methode und Schrittfolge hatte ich in [url=
http://www.aktives-hoeren.de/viewtopic.php?p=9177#p9177]einem früheren Beitrag[/quote] schonmal vorgestellt). Zu den "nachher Messungen" ist anzumerken, dass der Zeitbereich der Verifikation (offensichtlich bewusst und automatisch) auf den reflektionsfreien ("anechoic") Zeitbereich beschränkt wird.
Das Messfenster geht bis zum Strich bei 11,45 ms, man sieht hier die Impulse aller 6 Töner und natürlich die Raumreflektionen:
Am folgenden Frequenzgangschrieb aller Treiber sieht man, dass die Treiber eigentlich recht gut "gepaart" sind und keine riesigen Abweichungen aufweisen:
Nach den Messungen wählt man einige Parameter wie max. Latenzzeit, ob die Sprungantwort optimiert werden soll, wie stark geglättet werden soll, den Verstärkungs und Abschwächbereich usw. sowie die Weichenübergänge. Ich arbeite mit Übergängen von 48 dB/Okt. FIR Filtern bei 450 Hz TT/MT und 2.500 Hz MZ/HT.
Dann rechnet das System die Korrekturfilter aus:
Frequenzgangkorrektur:
Gruppenlaufzeitkorrektur (beachte die Farben für die verschiedenen Treiber und Frequenzweichenbereiche:
Wenn man das soweit OK hat, geht's an die Verifikationsmessung, die uns Vergleiche vorher/nachher ermöglicht. Hier ersmal die Frequenzgänge [ja... ich habe sie nicht so toll skaliert, hoffe sie bringen trotzdem rüber, dass hier die einzelnen Treiber gut geglättet sind]. Zu beachten ist, dass die F-gänge zur Kontrolle des Korrekturbereiches da sind, darum sind z.B. die Bereiche unter 200 Hz nicht realistisch dargestellt. Wie diese wirklich aussehen, wird dann bei der Raummessung dargestellt, die von Linearisierung der Weiche/Treiber-Kombination getrennt behandelt wird.
F-Gang links nach Korrektur:
F-Gang rechts nach Korrektur:
Jezt stelle ich einige dynamischere Parameter mal vorher/nachher untereinander. Leider habe ich die Zeitachsen nicht übereinander dargestellt, aber einen Eindruck geben die Bilder bestimmt, nämlich, dass die Korrektur und die Weiche funktionieren. Dass die Messungen bei 15 ms abschneiden liegt (wie ober erwähnt) an der echofreien Zeit, die bei 15 ms endet, das System diese Zeit als Fenster zum Nachmessen einstellt. Seht's Euch mal an...
Sprungantworten Links vorher:
Sprungantworten Links nacher:
Sprungantworten Rechts vorher:
Sprungantworten Rechts nachher:
Die Gruppenlaufzeit wird auch linearisiert, bei der Darstellung/Kontrollmessung aind allerdings die Frequenzweichen im Spiel und zu beachten. Wenn man also die 450 Hz und 2500 Hz in Betracht zieht, sieht das soweit ich beurteilen kann, recht ordentlich aus.
Gruppenlaufzeiten der Treiber ohneFrequenzweiche vorher:
Gruppenlaufzeit Treiber mit Frequenzweiche nachher Links:
Gruppenlaufzeit Treiber mit Frequenzweiche nachher Rechts:
Abschliessend möchte ich noch einiges anmerken:
- der Korrekturbereich beginnt bei 200 Hz, also wird nicht wie bie Accourate "alles in einem Aufwasch" korrigiert.
- Die Latenzzeit ist hier aber bei 5ms und nicht bei 700 ms wie beim Audiovolver/Acourate
- Die Raumkorrektur geschieht separat, u.a. wegen der hohen FIR Rechenzeit aber mit IIR Filtern (muss ich noch machen)
- Die Bassabstimmung (Kompensation der verstopften BR Rohre
) habe ich als händisch eingefügten parametrischen Equalizer realisiert (ohne Darstellung hier)
- Die "Zielkurve" wurde im Verlauf der mit der Sony/Harsch Kombination gefundenen nachgestellt, auch hier mit IIR Filtern, ein ab ca. 800 Hz langsam und linear von null auf -6 dB bei ca. 20 kHz fallender Verlauf.
- Das hier dargestellte sieht durch die vielen Bilder komplizierter aus als die ganze Mess und Korrekturprozedur ist.
Nach getaner Arbeit wanderte alles zum Musikhören wieder an den angestammten Platz:
Was habe ich nun gehört? Was war anders als vorher?
Nun, in Klangempfindungsbeschreibungen bin ich leider weniger gut als so mancher andere hier und neige eher zu Bescheidenheit als zu Euphorie...
Aber ich versuch's trotzdem mal:
Grundsätzlich hat sich der Aufwand klar gelohnt! Relativ zur Harschabstimmung mit der Sony Weiche (die ja auch eine teilweise Phasenlinearisierung macht) war das tonale und räumliche Klangbild doch überraschend ähnlich. Impulse und Einschwingvorgänge von Instrumenten waren jedoch noch deutlicher wahrzunehmen, manchmal waren Klavieranschläge wirklich "knallig"! Aber das Interessante war: Es gab irgendwie den Drang lauter zu hören oder zumindest keinen Drang (wegen der Nachbarn) leiser zu hören. Die Detailtreue war mindestens so gut wie vorher, alles aber ohne Anstrengung durchhörbar und wunderbar neutral. Kein Anflug von Kälte oder Härte ist zu spüren, der manchmal hier erwähnte Effekt, dass man "in den Wiedergaberaum hineinhört" ist durchaus da, allerdings glaube ich, dass genau da noch eine Menge "geht"!
Gehörte Musik kam übrigens diesmal von CD, nicht vom HD Player, gehörte Stücke waren von Jazz at the Pawnshop über Midnightsugar bis zur Orgelsymphonie, also kaum elektronische oder Rockmusik, das kommt dann noch.
Auf jeden Fall bleibt dies gezeigte Einstellung erstmal eine Weile so, damit ich mich weiter darauf einhören kann und über die genannten EQs kann ich noch "on the fly" Zielkurvenkorrekturen machen (will ich aber eigentlich nicht). Demnächst mache ich dann noch die systemgeführte Raum(moden)korrektur mit den LS an ihrem Standplatz. Wenn ich dazu gekommen bin und das gut geht, veröffentliche ich wieder einen Bericht.
Soweit also die Vorübung mit den N804en. die eigentliche Kür ist ja dann die BM-11, wo ich ähnliche Korrekturmassnahmen vorhabe und glaube, damit dann ein
richtig gutes LS-System zu bekommen.
Puuuh! Geschafft!
Gruss,
Winfried