Trinaural - der Nächste, bitte!
Ich bin nun einen Schritt weiter und möchte hier gern darüber berichten. Man möge mir nachsehen, die schönen Formulierungen, so wie Holger sie vorbringt, liegen mir nicht. Es wird insofern eher sachlich. Sonst wäre ich auch nicht Ingenieur geworden, sondern z.B. Dichter. Oder Orthopäde
Also, ich habe mal so weiter überlegt, was denn bei Gerzon & Co. so passiert. Da bin ich übrigens wohl nicht der Einzige, siehe dann später.
Generell kann man die bekannten Matrix-Gleichungen so auffassen, dass für das Center eine Monosumme aus linkem und rechtem Stereokanal gebildet wird. Für die linke bzw. rechte Seite wird eine Differenz zwischen links und rechts bzw. andersherum ermittelt. Das Ganze wird dann von passenden Faktoren begleitet. Beim Centerkanal wird so letztlich die Monosumme mehr oder weniger abgeschwächt gespielt, je nach gewähltem Rotationswinkel. Es ist aber immer die Monosumme.
Stellen wir uns also ein Musikstück vor mit ganz links Gitarre, Mitte Stimme und ganz rechts Klavier. Dann spielt das trinaurale Center alle drei "Instrumente", die Stimme ist dann gegenüber Gitarre und Klavier um 3 dB lauter. That's it.
Und der linke Kanal spielt dann nuch auch Klavier, wenn auch gegenphasig, der rechte Kanal spielt die Gitarre gegenphasig.
Dass dann so wie berichtet alles trotzdem besser klingt ist in der Tat verblüffend. Die damit verbleibende Fragestellung gilt denn so nach dem Ende der Fahnenstange ...
Bei diesem Beispiel sollte halbwegs klar sein, dass die Wiedergabe mit linkem LS = Gitarre, Center-LS = Stimme und rechter LS = Klavier am saubersten sein sollte. Wenn da nicht bloß die zwei Stereospuren wären, bei drei Kanälen wäre das ja kein Problem.
Und ich habe ja schon früher von den zwei Gleichungen mit drei Unbekannten berichtet. Genaugenommen wären es noch viel mehr Unbekannte, hier begrenzen wir das ja auf drei Lautsprecher. Und so sind denn die bisherigen Matrix-Gleichungen denn eher auch ein Kompromiss, wenn auch keineswegs ein schlechter.
Man müsste also doch bloss den mittigen Signalanteil aus den Stereospuren rausrechnen können. In der Tat ist das etwas, was uns beim Hören relativ leicht fällt. Hören wir doch bei Stereo die Instrumente da wo sie im Phantombild vorgesehen sind.
Eine schöne Darstellung des Informationsproblems habe ich in einer aktuellen
Dissertation zum Thema Upmix gefunden [unter Upmix wird hier allgemein das Hochrechnen von weniger Kanälen auf mehr Kanäle verstanden, ein Downmix reduziert ja bekanntlich die Kanäle (z.B. Mehrspuraufnahmen im Studio auf Stereo)].
Ein Musiksignal (im Beispiel eine Bratsche) sieht im Zeitverlauf also so aus:
Man kann also sehen, was zeitlich passiert, hat jedoch keinerlei Idee davon, was das denn für Töne sind. Oder Stimmen oder ...
Das Signal lässt sich auch als Frequenzgang darstellen, wo man nun Frequenzanteile sieht
Allerdings gibt es hier keine Info mehr, wann da nun was passiert.
Geht man nun her und teilt das Signal in passende Stückchen und verwendet somit eine Kombination von Zeit und Frequenz bekommt man ein Ergebnis in derZeit-Frequenzbereich-Domäne. Das sieht dann so aus:
Hier wird es doch schon viel eher ersichtlich was da als Musik abläuft, auch wenn das Auge den Inhalt definitiv schlechter vermittelt als das Ohr.
Übrigens, eine bekannte Variante einer solchen Zeit-Frequenz-Analyse ist das allseits bekannte Wasserfalldiagramm.
Damit sollte aber auch klar geworden sein, dass der Weg für ein besseres Herauslösen des mittigen Anteils aus einem Stereosignal über solche Analysen laufen muss. Die Dissertation macht das mit einem Bild schmackhaft
Grün entspricht links, gelb ist mittig und rot entspricht rechts.
Nun, tatsächlich gibt es da reichlichst Literatur mit viel Mathematik . Wer sich da reinlesen mag, ich habe schon wichtige Gugl-Stichworte benannt.
Es kann übrigens sehr mühsam sein, da es keine einheitlich mathematische Darstellung gibt. Also viel Spass.
Das Ergebnis der Bemühungen hört sich vielversprechend an (vielversprechend = übliche zurückhaltende Audrucksweise im Lipperland
) . Ich werde dazu demnächst ein Update vom AcourateConvolver veröffentlichen, der dann wahlweise die klassische Matrixrechnung als auch eine Zeit-Frequenz-Rechnung erlaubt.
Um das Ganze auch dem nicht-trinaural-Hörer vorstellen zu können, gibt es mit
https://www.audiovero.de/freedownload/M ... Bisson.zip die Möglichkeit einige kurze Testtracks anzuhören. Die Stereotracks enthalten lediglich ein Monosignal mit dem Anfangsausschnitt aus Anne Bisson - Us and Them. Sie können per LS oder Kopfhörer angehört werden.
OriginalLeft - linker Kanal des Originalsignals
OriginalRight - rechter Kanal des Originalsignals
Gerzon Left - das linke Ergebnis einer MS-Matrix
GerzonRight - der zugehörige rechte Kanal (entspricht invertiertem linken Kanal)
GerzonCenter - die Monosumme
und dann noch Ergebnisse aus einer Zeit-Frequenz-Analyse
NewLeft - linker Kanal
NewRight - rechter Kanal
NewCenter - neues Mittensignal
Ich denke ist ist definitiv spannend sich das einmal anzuhören. Der geneigte Hörer weiss damit unmittelbar, um was es beim Diskussionsthema geht.
FF - viel Vergmügen
Viele Grüsse
Uli