Zur Steifigkeit von Membranmaterialien bei "Kolbenmembranen" wie u.a. bei Kalottenhochtönern ...
Hier veranschaulicht an Rechteckplatten:
https://www.imw.tu-clausthal.de/fileadm ... AI-CHI.pdf
Aus S. 156 Gleichungen (2) und (3) geht hervor, daß die Biegesteifigkeit einer Platte mit der dritten Potenz ihrer Dicke h anwächst.
Die Eigenfrequenzen auf Platten (für eine jeweils gegebene Schwingungsmode) steigen dann etwa proportional zur Dicke einer Platte (3) (*).
Die Biegesteifigkeit einer Struktur ist also
keine alleinige Materialeigenschaft, sondern hängt in erheblichem Maß von der Dicke (Wandstärke) ab.
Eigenfrequenzen - speziell von Hochtonmembranen - an das "obere Ende des Hörbereiches" oder auch in den Ultraschall zu legen,
ist also im Prinzip mit allen Membranwerkstoffen möglich, indem die Dicke der Struktur erhöht wird, wenn nicht die Struktur selbst noch verbessert werden kann.
Will man z.B. die Grundmode in der Frequenz verdoppeln, so müsste man bei einer flachen Membran (als vereinfachtes Modell) etwa auch die Dicke verdoppeln und damit bei gleichem Materialtyp ebenso die Masse ... (**)
Hier kommt eine Abwägung für alternative Membranmaterialien ins Spiel:
Um einen gegebenen Wirkungsgrad zu erzielen, kann z.B. - auch kostenseitig - die benötigte Feldstärke im Luftspalt (-> Magnetvolumen, Material und Dimensionierung der Flussleitstücke) gegenüber einem alternativen Membranmaterial (etwa mit vergleichbarem E-Modul aber geringerer Dichte) abgewogen werden.
Man benötigt also keineswegs zwingend "Diamant" Hochtöner, um die Eigenresonanzen einer 25mm Kalottenmembran weit oberhalb 20Khz zu legen: Wenn man das möchte, geht dies ebenso z.B. mit
- Alu
- Balsa
- Beryllium
- Gewebe aus Fasern (Carbon, Kevlar, Seide ...)
- Keramik
- Papier
- Polypropylen
- Titan
- ...
oder auch mit einer Sandwichkonstruktion, etwa mit geschäumter Innenlage oder einem Wabenkern.
Alternativ ist ebenfalls die Verwendung kleinerer Membranen, evt. dann mit Einschränkungen in der Bandbreite "nach unten", möglich.
Inverskalotten bieten die Möglichkeit, Masse am Schwingspulenträger und seiner Verklebung einzusparen (durch kleinere Schwingspulendurchmesser ) und auch die strukturelle Steifigkeit einer Kalotte besser zu nutzen.
Membran mit Schwingspule und Sicke eines historischen Focal "T120" Hochtöners:
http://img4.hostingpics.net/pics/185112T120dos.jpg
Ich habe mir die Mühe gemacht, (ohne Gewähr) ein paar Materialien hinsichtlich ihrer Dimensionierung
(Dicke h) für gleiche Eigenresonanz bei dünnen Platten mit ansonsten gleichen Abmessungen (Fläche) zu vergleichen:
Das Augenmerk liegt hier auf einer Eignung für starre Kolbenmembranen.
Die Spalten (soweit nicht offensichtlich) am Beispiel
Beryllium:
E:=POTENZ(B8/B10;1/3)
F:=WURZEL((C10/C8) * (B8/B10) )
G:=F10 * C10/C8
H:=20 *LOG(1/G10)
Die relativen erreichbaren dyn. Gesamtmassen (gedachte Kolbenmembran) beziehen sich auf modellhafte Situationen, in denen jeweils gleiche Antriebskraft für die verglichenen Membranen zur Verfügung steht, und
nur die Masse des Membranmaterials selbst eine Rolle spielen würde:
Es werden also keine Schwingspulen, Zuleitungen, Teile der Sicken usw. berücksichtigt, die jede Membran in der Realität noch "mitschleppen" müsste, was die relativen dynamischen (Gesamt-) Massen sehr viel enger zusammenrücken ließe ...
Bei der hier nur bezüglich Steifigkeit und Masse für gleiche Resonanzfrequenz (das sind sicher nicht alle interessanten Kriterien) in der Verwendung für Kolbenmembranen verglichenen Materialien fällt mir u.a. auf:
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Diamant ist offenbar ein sehr gutes aber noch lange kein "Übermaterial" für Kolbenmembranen und müsste sich Beryllium und Balsa hinsichtlich erreichbarer (geringer) dynamischer Masse m.E. deutlich geschlagen geben (***)
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Beryllium wiederum spielt seinerseits in einer (ganz) anderen Liga als etwa die Metalle Titan und Aluminium. Leider trifft das jedoch auch auf Giftigkeit und Preis zu.
-
Titan und Aluminium wiederum (speziell Titan) können von Materialien wie Seide in der dynamischen Masse unterboten werden: Hier sind Materialqualitäten und Verarbeitungsmethoden z.B. für Gewebemembranen entscheidend. Titan ist gegenüber Aluminium sehr viel massereicher, was in der Anwendung nicht durch das höhere E-Modul kompensiert werden kann.
- Auch bei
Papier sind die Werte von Herstellung- und Verarbeitung abhängig, können jedoch Titan und evt. sogar Aluminium prinzipiell unterbieten.
-
Balsa ist als Membranmaterial jedoch für alle anderen hier gelisteten Materialien vollkommen uneinholbar dasjenige, welches die geringste dynamische Masse von Membranen ermöglicht:
Allerdings ist das in Relation zur Dichte sehr hohe E-Modul nur in Faserrichtung und in ausgesuchten Qualitäten vorhanden, was einen geeigneten Aufbau von Membranen voraussetzt, und eine ebenso sorgfältige Auswahl des Rohmaterials. Bei Nachbehandlungsschritten (etwa Abdichten gegen Feuchtigkeit, Verleimen, ...) muss darauf geachtet werden, die spezifischen Materialvorteile zu erhalten.
Mein vorläufiges Fazit (auch falls mir keine groben Fehler beim Erstellen der Tabelle unterlaufen sind):
Für Membranmaterialien (speziell auch Kolbenmembranen) in der Elektroakustik gelten offenbar andere Kriterien, als für den Bau von Panzerschränken oder für die Schmuckherstellung ...
Grüße Oliver
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(*) Die Zusammenhänge finden sich auch in einschlägigen Standardwerken zu Körperschall
(**) Ganz so schlimm muss es jedoch nicht kommen, denn die Schwingspule und ihr Träger inkl. Verklebungen und evt. auch die Sicke der Membran, müssen sich in ihrem Beitrag zur bewegten Gesamtmasse nicht wesentlich ändern, obwohl sie einen erheblichen Teil der bewegten Masse eines Hochtöners ausmachen. Eine "doppelt so dicke" Membran hat dann also gewöhnlich keine Verdopplung der bewegten Masse insgesamt zur Folge.
(***) Ein Umstand, der sich in der Bewerbung von Diamant als Membranmatarial jedoch selten wiederspiegelt ...