Grenzen der digitalen Audiotechnik (Ralf Koschnicke)

Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Cay-Uwe,
wenn du eine Messung mit kalibriertem Mikrofon am Hörplatz machst, wie sieht der FG oberhalb 10kHz aus? Üblicherweise fällte er brutal ab.
Das ist noch lange kein Grund, auf einen erweiterten Übertragungsbereich zu verzichten. Das würde man schließlich doch sofort hören.
Meine Wahrnehmung von Sinustönen ist ab 11kHz praktisch nicht mehr vorhanden, aber Veränderungen bei z.B. 16-23kHz nehme ich doch wahr, teilweise sogar deutlich. Die klassische Betrachtung rein auf FG-Ebene versagt hier.
Wenn man die höhere Auflösung in kanalbezogene Zeitunterschiede umrechnet, geht es auch um Werte, die eine winzige Kopfbewegung allemal relativieren könnte. Und doch macht sie einen hörbaren Unterschied. Eine Erklärung dafür habe ich zunächst erstmal nicht.
Grüße Hans-Martin
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Funky
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Beitrag von Funky »

Moin moin zusammen,

war wohl überfällig diese Diskussion wieder anzustossen. Auch wenn Ralf das wohl nicht mehr hören kann (sorry, dass ich dich hier durch meinen Input PCM versus DSD in Versuchung führte nochmals aktiv zu werden :-), Es gibt doch viele neue Forenten seit der erste Artikel von Ralf in diesem Thread erschienen ist und diese haben nun ev. erst mitbekommen wieviel Know How zum Thema AD DA hier vorhanden ist.
Ich schätze die Aufnahmen von Ralf sehr - interessanterweise bevorzuge ich weiterhin die LP, auch wenn ich die Unterschiede von CD, High Res als gravierend ansehe, so hat die LP (man beachte, es liegt den Medien immer der 24/192 Master zugrunde, bei CD entsprechend runtergesampelt) weiterhin mit Abstand die Nase vorne, sei es in Punkto Räumlichkeit, Gesamtdynamik und PRT Faktor.

Was mich in den anderen Foren nervt, ist diese angebliche Überlegenheit von DSD, ohne das dort jemand wirklich auf die Hintergründe eingeht, dass es an sich DAS "mit mehr Problematiken" behaftete Verfahren ist, gegenüber dem jetzigen Stand der Studiotechnik.

Ich habe das Gefühl, es wird wieder ein neuer Markt aufgebaut, weil PCM einfach durch ist. Hier interessiert nicht ob besser oder schlechter, sondern, man generiert neuen Bedarf und demensprechend braucht es neue Software, Hardware - neue Downloads - so kann neben, CD, Vinyl, HighRes PCM auch nochmals abkassierr werden jetzt via DSD.

Das PCM 24/192 wenn gut implementiert verdammt viel kann, merke ich einfach seit bei mir das Signal vom PS nach der analogen Verstärkung/Entzerrung auf Line level eben mit diesen Werten (dann zwar nochmals gewandelt via Linn Exakt Link Protokoll auf 32bit/384 upsampling) an die LS geht, und dort dann wieder DA gewandelt wird.
Das klingt wesentlich kohärenter, räumlicher und auch microdynamisch selbstverständlicher als der rein analoge Weg, den ich bis vor 2 Monaten hatte.

I stay tuned und mich inspiriert es mich mit dieser gesamten komplexen Thematik wesentlich mehr zu befassen, als ohne Eurer ZuTun.

Nochmals Danke an Ralf und Martin, auch für Eure Geduld: (Mir ist klar, dass auch ihr nicht alles erklären könnt was sich zwischen 1 und 0 so alles ergibt) aber ihr haltet doch wegweisendes für uns Normals bereit um Klarheit in die Diskussion zu bekommen.

funky
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Ralf Koschnicke
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Beitrag von Ralf Koschnicke »

Hallo Cay-Uwe,
entschuldige bitte, aber das neue PDF oben hast Du nicht gelesen, oder? Vergiss was Du früher von mir gelesen hast. Ich habe da zwar nichts zurückzunehmen. Ich habe mich aber viel zu sehr mit Detailfragen und Nebenschauplätzen beschäftigt, die obendrein teils noch sehr zu Diskussionen Raum gaben.

Alle diese Einzelfragen gehen eigentlich zusammen in einer Forderung auf, die noch nicht einmal mehr als die korrekte Umsetzung der theoretischen Grundlagen beinhaltet, eben: „Das Abtasttheorem richtig anwenden“
Jede Betrachtung der Kette von hinten her ist Unsinn, ob vom Ohr her oder vom Lautsprecher, weil die künstliche Herabsetzung der Bandbreite – eben unverzichtbar bei nicht dem Nutzsignal angepasst gewählter Abtastrate – Effekte auf das Signal im verbleibenden Nutzband hat. Was anschließend passiert ist vollkommen unerheblich. Die Übertragungsbandbreite des Digitalsystems muss zum Nutzsignal passen. Alles andere verfremdet unweigerlich das Nutzsignal. Man kann dann von mir aus diskutieren, ob man den Mehrwert braucht oder es anders nicht fast genauso gut ist – das tun ja Leute durchaus sogar ernsthaft mit MP3 – aber wenn man ein bestmögliches Ergebnis anstrebt, kommt man an diesem Sachverhalt nicht vorbei.

Ein Lautsprecher mag einen Frequenzgang bis 20kHz haben. Die Impulsübertragung wird alles andere als schön sein; verglichen mit Elektronik. Aber die Membran bewegt sich zeitlich gesehen vor dem eigentlichen Ereignis keinen Mikrometer. Wird der Impuls jedoch mit 44,1kHz digitalisiert, bewegt sich die Membran schon bereits 3ms vor dem eigentlichen Hauptsignal (siehe Figure 6 im Artikel von Mike Story). Das entspricht einer Wegstrecke von 1m. Wenn ich bedenke, dass Lautsprecherkonstrukteure teils die Positionierung ihrer Chassis im Millimeterbereich abstimmen, ist das wohl durchaus eine auch vom Lautsprecher darstellbare Größenordnung.

Aber bitte lese doch diese eine kurze erste Seite, den Rest über DSD kannst Du Dir ja sparen :wink: :

http://www.artistic-fidelity.com/Docs/A ... wenden.pdf

Viele Grüße
Ralf
Ralf Koschnicke
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Beitrag von Ralf Koschnicke »

@Funky:
Funky hat geschrieben:Moin moin zusammen,
Ich habe das Gefühl, es wird wieder ein neuer Markt aufgebaut, weil PCM einfach durch ist. Hier interessiert nicht ob besser oder schlechter, sondern, man generiert neuen Bedarf und demensprechend braucht es neue Software, Hardware - neue Downloads - so kann neben, CD, Vinyl, HighRes PCM auch nochmals abkassierr werden jetzt via DSD.
funky
Das ist auch für mich einzig plausible Erklärung :cheers: Sigi hatte mal ein Video einer Podiumsdiskussion vom diesen glaube ich "Rocky Montain Audio... irgendwas" gepostet. Das habe ich mir über eine Stunde angehört und da kommt die Sache doch eindeutig raus. Dahinter stecken wirtschaftliche Interessen. Zuerst erzählt Andreas Koch, ein Entwickler der es wirklich weiß, dass DSD ja eigentlich nur dann einen Sinn machen kann, wenn man es durchgängig beibehält. Es folgt Michael Bishop, ehemals Telarc, dessen Aufnahmen aus der Frühzeit, bevor sie mit DSD anfingen, ich sehr schätze und der heute mit eigener Produktionsfirma am Markt ist, und er berichtet stolz von neuen Orchesteraufnahmen in 256fs mit ihrem Pyramix-System. Da muss man dann einfach wissen, dass dies im Pyramix eine Hin- und Her-Wandlung zwischen PCM und DSD bedeutet, bis man eine fertige Stereomischung hat. Also genau das Gegenteil von dem was sein Vorredner sagte. Ich habe neulich solch eine Aufnahme gehört, leider sogar gekauft, und schweige besser. :shock: Was von den Label-Chefs dann kam, war alles sichtlich orientiert am Marketing.

Viele Grüße
Ralf
cay-uwe
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Beitrag von cay-uwe »

Ralf Koschnicke hat geschrieben:Hallo Cay-Uwe,

...

Ein Lautsprecher mag einen Frequenzgang bis 20kHz haben. Die Impulsübertragung wird alles andere als schön sein; verglichen mit Elektronik. Aber die Membran bewegt sich zeitlich gesehen vor dem eigentlichen Ereignis keinen Mikrometer. Wird der Impuls jedoch mit 44,1kHz digitalisiert, bewegt sich die Membran schon bereits 3ms vor dem eigentlichen Hauptsignal (siehe Figure 6 im Artikel von Mike Story). Das entspricht einer Wegstrecke von 1m. Wenn ich bedenke, dass Lautsprecherkonstrukteure teils die Positionierung ihrer Chassis im Millimeterbereich abstimmen, ist das wohl durchaus eine auch vom Lautsprecher darstellbare Größenordnung.

...

Viele Grüße
Ralf
Ralf,

wie gesagt, ist ja nicht meine Expertise und deswegen habe ich das mal so dargestellt.

Nichts desto trotz, weil ich so faul bin zum Lesen, wo kommt das Preringing von 3ms her ?

Ist es bei höheren Abtastraten als 44.1kHz weniger ausgeprägt ?
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Ralf Koschnicke
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Beitrag von Ralf Koschnicke »

cay-uwe hat geschrieben:... weil ich so faul bin zum Lesen, wo kommt das Preringing von 3ms her ?

Ist es bei höheren Abtastraten als 44.1kHz weniger ausgeprägt ?
Ohne lesen wirds nicht gehen, oder willst Du kurz vorbeikommen :wink:

Grüße
Ralf
cay-uwe
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Beitrag von cay-uwe »

Lieber Ralf,

ich bin gerade fleißig am Rippen und habe daher doch etwas Zeit zum Lesen. Vielen Dank für die Verlinkung und ich habe es auch verstanden. Schön zu sehen, dass es aus Filtersicht Sinn macht höhere Abtastraten zu benutzen. So ein Gauss-Filter ist halt aus Impulssicht doch recht schön, muss aber sehr hoch angesetzt werden, aber ein Bessel macht das auch schon ganz ordentlich :wink:
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lpj23
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Beitrag von lpj23 »

Funky hat geschrieben: Ich habe das Gefühl, es wird wieder ein neuer Markt aufgebaut, weil PCM einfach durch ist. Hier interessiert nicht ob besser oder schlechter, sondern, man generiert neuen Bedarf und demensprechend braucht es neue Software, Hardware - neue Downloads - so kann neben, CD, Vinyl, HighRes PCM auch nochmals abkassierr werden jetzt via DSD.
Ich habe das Gefühl, dass dich dein Gefühl in dieser Hinsicht nicht trügt :wink:
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MichaNRW
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Beitrag von MichaNRW »

lpj23 hat geschrieben:
Funky hat geschrieben: Ich habe das Gefühl, es wird wieder ein neuer Markt aufgebaut, weil PCM einfach durch ist. Hier interessiert nicht ob besser oder schlechter, sondern, man generiert neuen Bedarf und demensprechend braucht es neue Software, Hardware - neue Downloads - so kann neben, CD, Vinyl, HighRes PCM auch nochmals abkassierr werden jetzt via DSD.
Ich habe das Gefühl, dass dich dein Gefühl in dieser Hinsicht nicht trügt :wink:
Das Gefühl haben andere auch schon:
http://cczwei.mirror.speedpartner.de/cc ... 61-low.mp3 ab: 11:20 min :cheers:
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Funky
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Beitrag von Funky »

SACD und Vinyl,

mal wieder ein netter Aufhänger. Am Freitag kam eine vor 2 Wochen gekaufte Platte an, auf die ich mich schon lange freute. Delande (eingespielt von meinem hochgeschätzen Paillard und seinem Orchestre de Chambre - Simphonies pour les soupers du roy - erinnert vom Titel her etwas an Telemanns Tafelmusik, ist aber noch wesentlich formaler in der höfischen Formensprache - eben französischer Barok. (hat einfach was)

Nun, ich legte heute Abend die Platte auf und war nach 15 Sekunden ziemlich ernüchtert, denn zuvor liefen die ebenfalls vor kurzem eingetroffenen Brandenburgischen Konzerte ebenfalls von Jean Francois Paillard eingespielt.

Beide Alben sind von Erato produziert eines 1977 und das andere 1984. Ihr ahnt es schon. Juups, Delande ist digital von 1984 , aber es wurde nicht per PCM sondern per DSD aufgenommen - denn auf der Platte ist explizit vermerkt, dass die Aufnahme nach dem dem SACD Standard eingespielt wurde . (Wie auch immer dann die Wandlung genau von DSD Richtung Schneidemaschine vollzogen wurde. Für mich auch interessant, dass so früh schon SACD Aufnahmen gemacht wurden )

Nur, es bleibt ein klangliches Armutszeugnis, kaum Räumlichkeit, verhalten in seiner Fein und Grobdynamik und von Klangfarben kann man eigentlich kaum sprechen.

Eine solche Enttäuschung, da musste ich dann zum Trost die Feuerwerksmusik eingespielt von Hogwood und der acedemy of ancient musik von 1978 auflegen. Welch ein Unterschied, endlich Musik, die den Namen verdient. Dabei wäre die Musik von Delande es würdig optimal eingepielt zu werden.

Grüße von der analogen Aufnahme Front

funky
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Melomane
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Beitrag von Melomane »

... nur dass das vermutlich keine Frage des technischen Prinzips (analog vs. digital) ist, sondern eher eine der jeweiligen technischen Umsetzung und ihrer Limitationen zum Produktionszeitpunkt.

BTW: Erato ist mir übrigens noch nicht wirklich als audiophiles Highlight unter den Klassiklabeln aufgefallen.

Gruß

Jochen
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Truesound
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Beitrag von Truesound »

1984 gabs noch kein DSD.....ganz sicher....

Grüße Truesound
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Vielleicht eine Verwechslung, Telarc benutzte Soundstream PCM mit 16Bit und 50kHz. Die Ähnlichkeit der Begriffe DSD (Direct Stream Digital) und Soundstream verleitet dazu.
Grüße Hans-Martin
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Truesound
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Beitrag von Truesound »

Hans-Martin hat geschrieben:Vielleicht eine Verwechslung, Telarc benutzte Soundstream PCM mit 16Bit und 50kHz. Die Ähnlichkeit der Begriffe DSD (Direct Stream Digital) und Soundstream verleitet dazu.
Grüße Hans-Martin

Soundstream war die Firma von Thomas Stockham

http://en.wikipedia.org/wiki/Soundstream
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analog+
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Beitrag von analog+ »

Ein Nachtrag in Sachen DSD:

Hier soll der Klangolymp bestiegen werden:

http://polyhymnia.com/

Es ist schon erschütternd:
Die Produkte dieser Firma sind so ziemlich das artifizellste was ich kenne.
Mit dem Sound im Konzert- oder Kammermusiksaal hat das wahrlich nur wenig zu tun.
Passt aber gut zum DSD-Hype.

Und Paavo Järvvi?
Der ist der Technik abhold und vertraut seinem Berater- in dessen Welt ist HiFi eher zweitrangig;
das ist bei anderen Dirigenten und Musikern des öfteren auch so: Z.B. Herbert Bloomstedt, Alexander Melnikov, Isabelle Faust, Alexej Lubimov - deren Einflußnahme auf den Sound ihrer Produktionen ist gering. Denn die hören die musikalische Substanz der Interpretation, und darauf kommt es nun in der Tat ja auch immer an.
Nur wir - Esel?- wollen eben beides: Künstlerische Qualität und die Illusion des Dabeiseins zu Hause - letzteres vor allem dann, wenn man oft in Konzerten sitzt.

Viele Grüße
Roland
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