Lauscher hat geschrieben:
Ohne Kalibrierdatei hat das Mico "einen" Frequenzgang der vom Hersteller angegeben ist.
Dieser auf der Herstellerseite dargestellte Frequenzgang bezieht sich: auf Direktfeld = von vorne oder Diffusfeld = von der Seite ?
Hallo Jens,
die individuelle Kalibrierdatei wäre überflüssig, wenn ein dargestellter Frequenzgang für alle Exemplare gleichen Typs gültig wäre. Ein Messmikrofon hat idR eine oberhalb 10kHz liegende Resonanzstelle. Unterhalb der Resonanzfrequenz folgt die Membran der Anregung, bei der Resonanz und darüber gibt es eine Phasenverschiebung und das hat vermutlich auf das Messergebnis einen Einfluss (ohne Resonanz funktioniert ein Mikrofon nicht, gute dynamische Mikrofone haben 3 gut über das Spektrum verteilte Resonanzen).
Die Hauptanwendung von Freifeldmikrofonen ist Messung im RAR, das Mikrofon wird auf Achse ausgerichtet, dafür ist eine Kalibrierung sinnvoll. Im Hörraum- Diffusfeld messen, wo reflektierte Schallanteile mit Zeitversatz eintreffen und Kammfiltereffekte einbringen, ist schwer zu vereinheitlichen* und es ist vermutlich mit einer Abweichung von der im RAR gewonnenen 90° Kalibrierkurve zu rechnen.
Lt. Jobst: "Ist in den Spezifikationen nichts angegeben, sind die Mikros in 95% der Fälle Diffusfeldentzerrt"
Meine Frage ist - wenn die Aussage von Jobst stimmt - nehme ich doch die Korrekturdatei vom Hersteller (Diffusfeldentzerrt) und messe dann, beim messen von vorne = Direktfeld einen "falschen" Frequenzgang ?
Oder ?
Bei Ausrichtung auf Achse nimmt man die Freifeld-Kalibrierung, dreht man das Mikro um 90°( also zum Boden oder zur Decke).
Ich interpretiere die Aussage "Diffusfeldentzerrt" so, dass keine Kalibrierdatei geliefert wird, weil der Hersteller das Mikrofon mit einem linearen FG innerhalb des angegeben Toleranzfelds liefert. Die meisten Messmikrofone, die ich in den Händen hatte, zeigten bei 20Hz -3dB, 30Hz -2dB und ab 50Hz aufwärts 0dB bis 3kHz, dann ging es leicht aufwärts, steiler aufwärts dann ab 7kHz bis zur Resonanzstelle, darüber geht es stetig abwärts.
Nun habe ich ja eine Korrekturdatei - auf was auch immer bezogen 0 Grad oder 90 Grad oder ? Grad
Und messe zum Beispiel vom Hörplatz - passt da noch der Frequenzgang des Micros mit der Korrekturdatei für das Micro zu dem was ich da gerade messe ? Z.B. 2 x 30 Grad.
Man misst Mist, wenn man nicht weiß, wie und womit. Man darf erwarten, dass ein Messgerätehersteller den Nutzer darüber aufklärt, wie sein Instrument einzusetzen ist. Die Kalibrierdatei ohne weitere Zusätze wird sich auf Achse beziehen, eine 90° Kalibrierung sollte als solche deklariert sein.
*)Brüel&Kjaer haben Diffusfeldaufsätze und empfehlen Nachhallzeitmessungen mit einzubeziehen.
Geht es dann um Raumkorrektur, sollte man die Glättungsalgorithmen nicht vergessen, die noch einiges platt machen.
Und wenn ich nun z.B. von Earthworks nur eine Korrekturdatei bekomme - biege ich mir die andere selber zurecht oder habe ich die Abweichung im Gedächnis und korregiere leicht durch die Zeilkurve ?
Man könnte auf Achse im Nahbereich den Hochtöner allein messen und eine Entzerrung dafür gestalten. Das Wissen um diesen Verlauf könnte bei der Gestaltung der Zielkurve hilfreich sein. Z.B. wenn am Hörplatz (auf LS ausgerichtet) oberhalb 10kHz ein sichtbarer Roll-Off einsetzt, der im Nahbereich nicht gemessen wurde.
Ob es gesund ist, im Diffusfeld den Roll-Off auf Linear bis 20kHz hochzuziehen (not my cup of tea), darf an anderer Stelle diskutiert werden.
Grüße
Hans-Martin