Gert (AGM 3.3, 5.4, 7.4, 9.4, Backes & Müller BM 6, 20, Abacus C-Box 3, 4)

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wgh52
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Beitrag von wgh52 »

Hallo Gert,

sehr interessante Ergebnisse! So deutlich k(l)eine Unterschiede hätte ich das nicht erwartet! Also konzentrieren wir uns auf die richtigen "Baustellen": Lautsprecher...! :wink:

Zu den 985A: Sagst Du (zwischen den Zeilen), dass man erst das Netzteil verbessern muss, bevor man ein OP-Upgrade in Angriff nehmen kann?

Gruss,
Winfried
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Fortepianus
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Beitrag von Fortepianus »

Hallo Winfried,
wgh52 hat geschrieben:sehr interessante Ergebnisse! So deutlich k(l)eine Unterschiede hätte ich das nicht erwartet! Also konzentrieren wir uns auf die richtigen "Baustellen": Lautsprecher...! :wink:
ja, das alte Lied, willst du besseren Klang, brauchst du bessere Lautsprecher, der Rest ist Kosmetik.
wgh52 hat geschrieben:Zu den 985A: Sagst Du (zwischen den Zeilen), dass man erst das Netzteil verbessern muss, bevor man ein OP-Upgrade in Angriff nehmen kann?
Das ist nun ein Spezialfall bei den 985A: So minderwertig die verwendeten OPs auch sein mögen (damals gab's halt noch nichts Besseres), bei der Spannungsversorgung hat sich MB Mühe gemacht. So sind alle OPs voneinander entkoppelt an der Versorgung aufgehängt, das ist schon mal die halbe Miete. Was ich aus dem Plan nicht ersehen kann, ist das Layout, das für die Schwingneigung eine große Rolle spielt. Meist helfen aber hier und dort 100nF an den Versorgungspins, die Burschen ruhig zu stellen.

Ich habe Kai ja schon gesagt, dass er mir am besten ein Foto von den OPs in ihrer Umgebung schicken soll, wenn Ihr denn den Elektronikklumpen jemals aus dem Gehäuse solltet befreien können :P . Es muss ja nicht gleich ein OPA627 sein, da bin ich nicht sicher, ob sich das in der Umgebung lohnt. Die sind ja recht teuer, und für den Ersatz der Doppel-OPs braucht man Adapterplatinen und muss SMD löten. Wenn ich ein Bildchen sehe, kann ich mehr zu den OPs sagen.

Gruß Gert
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Fortepianus
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Beitrag von Fortepianus »

Liebe Aktiv-Foristen,

wie schon erwähnt, wurde meine gute alte BM20 auf Subtraktionsweichen umgerüstet.

Wenn ich nun meine Lautsprecher so anschaue und dann anhöre, kommt mir unweigerlich der früher so beliebte Umbau eines VW-Käfers in den Sinn, von dem die Außenhaut über das Chassis eines Porsche 911 gestülpt wurde. Herr Müller möge den Vergleich verzeihen, war seine BM20 damals doch ganz klar eine S-Klasse, um in dem Bild zu bleiben. Optisch hat mir die BM20 schon immer sehr gut gefallen, aber nach dem letzten Umbau sind auch die letzten Überbleibsel ihres Eigenklangs verschwunden. Denen ich aber keinesfalls nachtrauere. So, nun aber der Reihe nach.

An anderer Stelle habe ich ja schon versucht, das Grundprinzip einer Subtraktionsweiche nach Lipshitz/Vanderkooy (LV) zu erläutern, am Beispiel einer Zweiwegweiche. Schaltet man nun hinter die zwei Ausgänge einer solchen Weiche jeweils nochmal zwei solche Weichen mit jeweils anderer Übergangsfrequenz, erhält man vier Ausgänge, also eine Vierwegweiche. Genau sowas braucht meine BM20. Allerdings ist das keine Subtraktionsweiche nach LV mehr, auch wenn bei so manchem Hersteller von Selbstbau-Weichen genau das suggeriert wird. Man muss, um eine solche zu erhalten, noch geeignete Allpassglieder einfügen, um am Ende für jeden Weichenzweig genau die gleiche Phasenlage zu erreichen. Will man dann noch die in meinem Fall beachtlichen Einbauversätze der einzelnen Chassis ausgleichen, kommen in meinem Fall pro Box 21 OPs zusammen. 42 für die beiden Lautsprecher. Die, ja, da haben Sie völlig recht, Herr Siegler, erheblich vor sich hin rauschen. Gut, ordentliche OPs wie meine geschätzten OPA627 rauschen recht wenig, dafür sind für 42 Stück leider knapp 1.000 Euro fällig. Aber das hilft noch nichts, weil auch jeder Widerstand in so einer Schaltung vor sich hin rauscht. Je größer der Widerstandswert R, desto mehr. Mit Wurzel aus R. Es ist also schon einige Erfahrung mit Analogschaltungstechnik nötig, um diesen Stall voller OPs ruhig zu kriegen. Naja, ich habe es jedenfalls ordentlich hin gekriegt. Am Hörplatz hört man das Rauschen schon lange nicht mehr, auch wenn nachts ansonsten Stille herrscht.

Die alte Weiche ist die längliche Platine im unteren Teil des Bildes:

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Mit neuer Weiche:

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Um alles auf dem vorhandenen Platz unter zu kriegen, hätte ich eigentlich eine SMD-Platine machen müssen. Aber ich baue nun mal so gerne in guter alter Prototypenmanier auf Lochraster auf, nicht zuletzt wegen der hier wunderbar möglichen Null-Ohm-Technik an den entscheidenden Stellen. Damit sind schlicht fette Leitungen gemeint. Die mache ich z. B. für die Masse mit Silberdraht, der 1mm oder noch mehr Durchmesser hat, je nach vorhandenem Platz. Weil die durch externe Felder induzierte Spannung in Null Ohm Null Volt ist. Ein alter Messtechniker-Trick. Das hilft beim Störabstand.

Nun ja, das bedingt in konventioneller Technik eine gewisse Enge auf der Platine, die bei 21 OPs nach 5 Vierfach-OPs plus einem einfachen OP schreit. Da es den OPA627 aber nur als einfachen, aber immerhin als SMD gibt, kommt hier wieder die Lösung mit selbstgemachten Adapterplatinchen zum Einsatz, die auch schon in der alten Weiche drin waren. Außerdem konnte ich so immerhin 24 von den 42 nötigen OPs weiter verwenden, was 500 Euro spart:

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Die Widerstände an den entscheidenden Stellen sind auf 0,1% genau toleriert. Die Kondensatoren im Signalweg sind alle von Hand selektiert.

Die Pegel der alten Weiche hatte ich genau vermessen und auf die neue Weiche übertragen, und die Übergangsfrequenzen sind mit 180Hz/880Hz/3,5kHz gleich geblieben. Vor dem ersten Hören war ich gespannt, ob genau der gleiche Frequenzgang am Hörplatz raus kommt. Die in der Simulation aufsummierten elektrischen Signale ergeben nämlich in beiden Fällen den gleichen Frequenzgang. Mit Berücksichtigung des Chassisversatzes, darauf hatte ich die alte Weiche schon bzgl. ihres Amplitudenverlaufs getrimmt.

Es kam aber nicht genau der gleiche Frequenzgang am Hörplatz raus. Was sich daraus erklären lässt, dass der Phasenbezug zweier benachbarter Chassis von Bedeutung für die Abstrahlcharakteristik des Duos ist. Keine große Sache, aber eindeutig messbar. Die vorher mit Gefühl eingesetzten parametrischen Filter zur Korrektur konnten nun deutlich in ihrem Eingriff reduziert werden oder sogar ganz entfallen. Den Frequenzgang kennt ihr ja schon.

Die Gretchenfrage, klingt's besser?

Ja. Es ist aber kein durchschlagender Aha-Effekt wie bei Franz mit seinem neuen Audiovolver, da an der Tonalität der Anlage ja genau gar nichts geändert wurde. Amplituden-Frequenzgang vorher gleich Amplituden-Frequenzgang nachher. Aber die Rauminformation! Ganz klar tiefer gestaffelt, und das umso deutlicher vernehmbar, je mehr Instrumente ins Geschehen eintreten. Aber auch bei einem einzelnen Flügel war die Veränderung zu spüren, gerade das Fühlen der physischen Anwesenheit des Pianisten bei der FM 701 war es ja gewesen, die mich zu dieser Umbaumaßnahme animiert hatte. Der Effekt macht sich insgesamt durch eine Entspannung beim Hören bemerkbar, das Klangbild ist selbstverständlicher in der Darstellung, und man möchte gerne noch ein bisschen lauter machen, ohne dass es irgendwie lästig wird.

Was ich nun aber immer noch nicht weiß, ist Folgendes: Wäre durch absolute Zeitrichtigkeit noch mehr raus zu holen? Dazu müsste ich aber in die digitale Ebene umsatteln und mich mit der Progammierung von FIR-Filtern beschäftigen. Wobei es da ja auch was Fertiges bei Herrn Brüggemann gibt. Glaubt man den wissenschaftlichen Untersuchungen, stellen Laufzeitverzerrungen von 10ms bei 55Hz und 0,5 ms bei 14kHz (jeweils mit 2 Oktaven Breite) die Hörbarkeitsschwelle dar. Das veranlasste mich nun dazu, die in der Summe auftretende Gruppenlaufzeitverzerrung meiner Lautsprecher mit der neuen Weiche zu simulieren, und stieß prompt auf einen Übeltäter: Das Subsonicfilter!

Man sieht im Bild unten in grün die Gruppenlaufzeit der Summe aller Frequenzweichenwege einschließlich simuliertem Chassisversatz. In x-Richtung die Frequenz logarithmisch von 10Hz bis 100kHz, in y-Richtung die Gruppenlaufzeit in ms. Das liegt im gesamten Frequenzbereich klar unterhalb der genannten Hörbarkeitsschwelle. Daneben übrigens der Frequenzgang, alle Wege aufsummiert. 2dB pro Einteilung in der y-Richtung, 1Hz bis 100kHz logarithmisch aufgetragen in x-Richtung. Ein sauberer Strich.

Die graue Kurve plus zugehörigem FG ist mit dem originalen Subsonicfilter plus HF-Filter davor, das in der BM20 (und so übrigens in der ganzen Classic Line) zu finden ist.

Rot die Anpassung, die ich bei mir gemacht hatte, um den FG nach unten etwas auszudehnen. Das macht die Laufzeitverzerrung aber keinesfalls besser.

Ich habe das Subfilter kurzerhand über Bord geworfen und durch einen schlichten Kondensator ersetzt, der DC-Anteile fernhält, aber eine -3dB-Grenzfrequenz von 0,6 Hz hat und so im hörbaren Frequenzbereich keinen nennenswerten Einfluß mehr ausübt. Das ist die blaue Kurve, und das stellt damit auch die zur Zeit vorhandene Über-Alles-Laufzeitverzerrung meiner Lautsprecher dar. Damit kann und muss ich jetzt leben.

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Meine gute alte BM20 würde ich nun klanglich etwa so einordnen:

- Die knackig-direkte Ansprache einer aktuellen BM12 oder 18
- Im Superhochtonbereich diesen aber überlegen, was auf's Konto des Air-Motion-Bändchens geht
- Im Bass tief, schwarz und präzise, was auf's Konto der praktisch resonanzfreien DBA-Technik geht
- Bei beachtlicher links-rechts-Abbildungsschärfe und Abgrenzung der Instrumente, was auf's Konto der Elektronikmodifikationen geht
- Mit der Raumdarstellung einer Silbersand, was auf's Konto der neuen Weiche geht

Damit kann ich erst mal leben, denke ich. Wobei mir aber ein selbst zusammen gebastelter PC ohne Festplatte und Lüfter mit Herrn Brüggemanns FIR-Filter auf einem USB-Stick nicht so richtig aus dem Kopf will. Das wäre im Grunde der Teil des Audiovolvers, den ich bräuchte. Das Teil ließe sich bei mir digital einschleifen und würde dann für die absolute Zeitrichtigkeit sorgen. Wenn ich nur wüsste, ob das wirklich noch was bringt.

Viele Grüße
Gert
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Rudolf
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Beitrag von Rudolf »

Hallo Gert,

wirklich unglaublich. Das liest sich ja wie aus dem Tagebuch eines Lautsprecherentwicklers (Herr Müller?).
Und noch fassungsloser macht mich deine locker hingeworfene Abschlussbemerkung, mit der du die nächste Bombe zündest:
Fortepianus hat geschrieben:Damit kann ich erst mal leben, denke ich. Wobei mir aber ein selbst zusammen gebastelter PC ohne Festplatte und Lüfter mit Herrn Brüggemanns FIR-Filter auf einem USB-Stick nicht so richtig aus dem Kopf will. Das wäre im Grunde der Teil des Audiovolvers, den ich bräuchte. Das Teil ließe sich bei mir digital einschleifen und würde dann für die absolute Zeitrichtigkeit sorgen. Wenn ich nur wüsste, ob das wirklich noch was bringt.
Das wüssten wir doch auch so gerne! Bitte mach dich an dieses Titanenwerk, die anlaoge Regelung mit der digitalen Steuerung zu verheiraten. Du wärest fortan unser F. J. Müller-Siegler, der Größte halt!

Viele Grüße
Rudolf
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Rudolf
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Beitrag von Rudolf »

Hallo Gert,

zum Thema Audio-Convolver noch 2 Bemerkungen:

Es ist äußerst schade, dass es für den Sonos keine (Convolver-)Plugins gibt. Aber du könntest ja z.B. auch foobar2000 verwenden; da kann man meines Erachtens FIR-Filter einschleifen. Die volle Leistung wirst du aber nur mit dem Acourate-Convolver mittels Brute-FIR auf Linux-Basis erreichen können.

Wenn es aber nicht direkt Acourate von Ulrich Brüggemann sein muss, könnte ich dir mein Windows-basiertes Audiolense von Juice HiFi anbieten. Das könnte für den Einstieg erst einmal ausreichen. Ich würde es dir, in sehnlichster Erwartung eines Hörberichtes natürlich, kostenfrei überlassen. Dein Interesse vorausgesetzt, würde ich mich mit Juice HiFi wegen der Lizenzübertragung in Verbindung setzten, denn die Software ist geschützt.

Viele Grüße
Rudolf

PS: Sofern nicht vorhanden, könnte ich dir auch eine externe digitale Soundkarte (USB -> Toslink) zur Verfügung stellen.
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JOE
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Beitrag von JOE »

So unterhaltsam und plastisch Du schreibst, Gert, ein interessierter Laie wie ich braucht wohl länger für die Lektüre, als Du für's schreiben. Das vollständige Verstehen würde wohl erheblich länger dauern, als Du für's Bauen brauchst. Dennoch alles so interessant, dass man nur auf Fortsetzung - und danach die Fortsetzung der Fortsetzung hoffen kann.

Und dann gibt es noch ein Thema, das Du selbst schon angeschnitten hast:
Fortepianus hat geschrieben:Der Effekt macht sich insgesamt durch eine Entspannung beim Hören bemerkbar, das Klangbild ist selbstverständlicher in der Darstellung, und man möchte gerne noch ein bisschen lauter machen, ohne dass es irgendwie lästig wird.
(Alle Hervorhebungen von mir)
Dazu möchte ich Dir ein kurzes Zitat anreichen, dessen Folgen ich - und schon gar nicht bei Dir - absehen kann:
Professional-audio, # 3/09, Test Manger[i] MSM c1[/i], S. 73 f. hat geschrieben:Jeder Klang ... beginnt mit einem Geräusch, präziser ausgedrückt mit einem Einschwinggeräusch - den sogenannten Transienten -, welches das Resultat aus einer schnellen Druckveränderung der Luft ist. Es handelt sich, da es dem Entstehen einer Frequenz noch vorgelagert ist, um einen reinen Beschleunigungsvorgang. Diesen registrieren unsere Ohren mit einem Laufzeitunterschied, der lediglich einige Mikrosekunden beträgt, was das Stammhirn zu einer Richtungsinformation wandelt. (...) Wir erkennen sofort, aus welcher Richtung dieses Geräusch kommt. Erst danach werden die anderen Hirnregionen aktiv. So ermittelt das Zwischenhirm erstaunlich exakt Größe und Entfernung des Geräuschverursachers, die eigentliche Klangwahrnehmung und Tonauswertung geschehen erst ganz am Schluss, nacheinander in den folgenden Hirnstufen und in der Großhirnrinde. (...) Es muss möglich sein, einen Lautsprecher zu konstruieren, der, im Gegensatz zu den herkömmlichen Konus- und Kalotten-Chassis selbst kein Einschwinggeräusch erzeugt, das sich dem wiedergegebenen Signal überlagert. Denn die ständigen Einschwinggeräusche, die diese ... Chassis zwangsläufig erzeugen, lösen den ... uralten Ortungsreflex beim Hörer aus. Das heißt: Der Hörer erkennt beziehungsweise ortet aufgrund dieses Urreflexes zunächst den Lautsprecher. Das hat zwei Konsequenzen: Zum einen kann das Ohr mehr oder weniger schnell ermüden, denn der Ortungsreflex wird stets aufs Neue ausgelöst. Zum anderen muss der Hörer bei der Stereowiedergabe zwingend im "Sweet Spot" sitzen.
(Alle Hervorhebungen von mir)
Der Manger MSW soll dieses Problem gelöst haben (dort insbes. S. 49 ff.).

Gruß
Joe
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Fortepianus
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Beitrag von Fortepianus »

Hallo Rudolf,

das ist ja ein sehr nettes Angebot. Winfried hat mir übrigens netterweise auch schon per PN seinen DEQX als Leihgabe zu diesem Zweck angeboten. Lasst mich bitte ein wenig durchatmen und die Überlegungen zu diesem Thema ein wenig reifen. Zudem war meine Frau eigentlich ganz erfreut darüber, dass man jetzt abends wieder Musik hören kann. Die letzten Abende saß ich nämlich meist vor den geöffneten Eingeweiden der BM20 mit einem Lötkolben in der Hand, und daneben flackerte ein Oszi, neben dem allerlei Gerätschaften wie Tongenerator, Frequenzmesser etc. standen, was von ihr als wenig wohnlich empfunden wurde (versteh' ich gar nicht?). Falls doch was aus den Lautsprechern kam, war es abwechseln ein Sinussweep und ein Rauschburst, was auch nicht ihrem Musikgeschmack entsprach. Naja, so sind die Geschmäcker halt verschieden. Ich muss mich auch erst mal an den neuen Klang gewöhnen, ihn sozusagen als Vergleichsnormal in mir abspeichern. Nicht, dass ich jetzt Test-CDs laufen lasse, nein, ich meine einfach an den Klang beim normalen Musikhören adaptieren. Erst dann kann ich auch feine Nuancen wahrnehmen, wenn sich was ändert.
Rudolf hat geschrieben:Es ist äußerst schade, dass es für den Sonos keine (Convolver-)Plugins gibt.
Ja, schade. Aber vielleicht wäre das Prozessorlein ja auch hilflos überfordert, wenn's noch in Echtzeit Faltungsintegrale rechnen müsste.
Aber du könntest ja z.B. auch foobar2000 verwenden; da kann man meines Erachtens FIR-Filter einschleifen. Die volle Leistung wirst du aber nur mit dem Acourate-Convolver mittels Brute-FIR auf Linux-Basis erreichen können.
So verstehe ich Herrn Brüggemann auch. Bei Windows, fürchte ich, weißt Du nie, was dem Betriebssystem grad einfällt. Welchen Prozess es jetzt noch starten will, um sich selbst und den Prozessor zu beschäftigen, und dann stottert schon wieder die Audioausgabe. Das finde ich noch erheblich lästiger beim Musikhören als eine kleine Laufzeitverzerrung.

Viele Grüße
Gert
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JOE
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Beitrag von JOE »

Fortepianus hat geschrieben:Die letzten Abende saß ich nämlich meist vor den geöffneten Eingeweiden der BM20 mit einem Lötkolben in der Hand, und daneben flackerte ein Oszi, neben dem allerlei Gerätschaften wie Tongenerator, Frequenzmesser etc. standen ... Falls doch was aus den Lautsprechern kam, war es abwechseln ein Sinussweep und ein Rauschburst ...
Du enttäuschst mich, Gert! Dachte ich doch bisher, dies sei das eigentliche Ziel und die wesentliche Bestimmung eines HiFi-Enthusiasten. Erst beginnt Franz (vorübergehend?) nur noch Musik zu hören und zu genießen (!), dann Du jetzt auch ...

Wo soll das nur hinführen/enden?!

Gruß
Joe
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Markus
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Beitrag von Markus »

Gert,

das ist ja unglaublich. Jetzt hast Du Dir aus allen Aktiv-Welten das für Dich Beste zusammengeschraubt. Frei nach dem Motto: Kaufen ist langweilig, Entwickeln und Löten ist schöner. Ich beneide Dich um Deine Fähigkeiten!!! Du kannst Dich doch bestimmt vor den vielen Anfragen der Hifi-Schmieden bzgl. Produktentwicklung kaum noch retten, oder lesen die etwa hier nicht mit? :)

PS: Auch Deine Erklärungs-Beiträge zu den technischen Fragen finde ich absolut lesenswert und die werden zusätzlich immer unterhaltsamer. Ich verkneif mir aber jedesmal "Klasse" zu schreiben, wenn ich nichts Substanzielles beitragen kann.


Mit höchstem Respekt
Markus
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BM Fan
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Beitrag von BM Fan »

Hallo Gert,

Meinen Glückwunsch und Hochachtung zu diesem Projekt. Das ist bestimmt eine Steigerung, zumal Deine BM20 sich vorher schon sehr gut angehört hat. Der alte Bolide hatte da schon nichts mehr mit einer BM zu tun.

Nach dem ganzen Stress wünsche ich Dir ein entspanntes Hören.

Gruß aus Lüdenscheid.
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gto
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Beitrag von gto »

Markus hat geschrieben:Auch Deine Erklärungs-Beiträge zu den technischen Fragen finde ich absolut lesenswert und die werden zusätzlich immer unterhaltsamer. Ich verkneif mir aber jedesmal "Klasse" zu schreiben, wenn ich nichts Substanzielles beitragen kann.
Dem möchte ich mich vorbehaltslos anschließen. Danke :cheers:

Grüsse Gerd
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Kienberg
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Beitrag von Kienberg »

Hallo Gert,

Gratulation zum gelungenen "Upgrade", eine tolle Leistung, RESPEKT !!!!!!

Und deine Beschreibung des "Nettogewinns":
Ja. Es ist aber kein durchschlagender Aha-Effekt wie bei Franz mit seinem neuen Audiovolver, da an der Tonalität der Anlage ja genau gar nichts geändert wurde. Amplituden-Frequenzgang vorher gleich Amplituden-Frequenzgang nachher. Aber die Rauminformation! Ganz klar tiefer gestaffelt, und das umso deutlicher vernehmbar, je mehr Instrumente ins Geschehen eintreten. Aber auch bei einem einzelnen Flügel war die Veränderung zu spüren, gerade das Fühlen der physischen Anwesenheit des Pianisten bei der FM 701 war es ja gewesen, die mich zu dieser Umbaumaßnahme animiert hatte. Der Effekt macht sich insgesamt durch eine Entspannung beim Hören bemerkbar, das Klangbild ist selbstverständlicher in der Darstellung, und man möchte gerne noch ein bisschen lauter machen, ohne dass es irgendwie lästig wird.
finde ich sehr interessant und kann diese, als langjähriger Silbersand-Afficionado, natürlich sehr gut nachvollziehen. :cheers:

Gruss Sigi
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KSTR
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Registriert: 08.05.2008, 11:51

Beitrag von KSTR »

Hallo Gert,

als hier nur gelegentlicher Leser (und noch gelegentlicherer Schreiber) auch von mir ein nun verspäteter Willkomensgruß.

Da haben wir fürwahr einen Vollblut-Enthusiasten, und das auf einen fachkundlichen Niveau, dass einem auch als nicht Unkundiger schnell schwindlig wird...

Grüße, Klaus
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Fortepianus
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Beitrag von Fortepianus »

Liebe Aktivhörer,
Rudolf hat geschrieben:
Fortepianus hat geschrieben:Damit kann ich erst mal leben, denke ich. Wobei mir aber ein selbst zusammen gebastelter PC ohne Festplatte und Lüfter mit Herrn Brüggemanns FIR-Filter auf einem USB-Stick nicht so richtig aus dem Kopf will. Das wäre im Grunde der Teil des Audiovolvers, den ich bräuchte. Das Teil ließe sich bei mir digital einschleifen und würde dann für die absolute Zeitrichtigkeit sorgen. Wenn ich nur wüsste, ob das wirklich noch was bringt.
Das wüssten wir doch auch so gerne! Bitte mach dich an dieses Titanenwerk, die analoge Regelung mit der digitalen Steuerung zu verheiraten...
wie schon im Hörbericht erzählt, ist die Dose nun fertig:

Bild

Der Lüfter vorne rechts im Bild ist ausgesteckt, er ist nicht nötig. Links vorne das Schaltnetzteil, das die Spannungen bereitstellt. Eingang ist 12V von einem externen Netzteil, wie man es von Notebooks kennt. Rechts oben im Bild das lüfterlose Motherboard, links oben die Soundkarte (ja, die zwei roten 100nF-Folienkondensatörchen habe ich aufgelötet :) ).

Das Kistchen ist recht unscheinbar und kuschelt sich neben den Kopfhörerverstärker (kommt Dir der bekannt vor, Joe?):

Bild

Ich habe folgende Komponenten verwendet:

- Gehäuse C158 von Travla mit 60W-Netzteil - das reicht locker für das
- Motherbord Via Epia CN 10000G, das von einem USB-Stick
- DELOCK 54219 mit 2GB gebootet wird und in dem die Soundkarte
- M-Audio Delta2496 Audiophile steckt.

Keine Festplatte, kein Lüfter, kein CD-Laufwerk, nix, was Krach machen könnte. Von dem vollmundigen Namen der Soundkarte sollte man sich nicht blenden lassen, der Analogausgang klingt flau und unpräzise, es sei denn, man macht ein paar kleine Modifikationen :P :

http://www.abload.de/img/p1020814ize0.jpg[/img]

Ausgangs-OP getauscht, BurrBrown-Puffer rein, Stromversorgung dafür gepuffert, Ausgangselkos (ohne Vorspannung, da schüttelt's mich) raus geschmissen. Dank guter OPs ist nämlich kein nennenswerter Offset mehr übrig. Damit ist der Klang ok.

Der Weg war steinig. Zusammengeschraubt ist das Zeug ja ruckzuck. Ok, eine mitgelieferte Doku zum Mainboard darf man wohl nicht erwarten, aber irgendwo im Netz findet man dann schließlich, welcher Jumper was bedeutet, wie man ihn setzen muss und welcher Anschluss-Pin für was ist. Hinten einen Bildschirm dran gesteckt und eine USB-Funktastatur, und schon kriegt man Zugang zum Bios. Das ist ja soweit alles einfach zu machen, die Einstell-Arbeit im Bios kennt man ja vom PC. Man muss halt im Wesentlichen dafür sorgen, dass das Kistchen gerne vom USB-Stick booten möchte.

Soweit richtig eingestellt geht das Theater richtig los. Es bootet halt nicht. Ich fasse die Lösung, die mich viele Abende gekostet hat, kurz zusammen:

Nicht jeder Stick geht. Mit der Linuxversion auf Ulis Homepage gehen dann aber nur die Sticks bis 1GB. Kriegt man aber kaum mehr - Uli hat mir eine neue Linux-Version geschickt, die auch mit Clustern >4096 (das war glaube ich das Problem) klar kommt. Dann läuft es aber nur, wenn der Stick nicht mit Windows formatiert wurde, sondern mit einem Tool von HP usw. - jeder, der schon an Rechnern rum gemacht hat, kennt solches Theater. Warum auch immer es dann irgwendwann funktioniert - ich habe aufgegeben, alles verstehen zu wollen.

Wenn die Kiste dann endlich das erste Mal vom Stick bootet, denkst du, jetzt ist es gleich geschafft. Weit gefehlt, man muss nämlich erst mal lernen, mit der Soundkarte zu sprechen. Das hat aber den Vorteil, dass man auf diesem Weg gleich ganz spielerisch mitkriegt, wie so ein Linuxskript auszusehen hat. Ich war jedenfalls dankbar dafür, dass ich vor ca. 20 Jahren mal recht fit in C-Programmierung war, so kam mir das nicht völlig spanisch vor. Natürlich habe ich bewusst eine Soundkarte ausgewählt, für die es einen Linuxtreiber gibt - ALSA-Treiber ICE1712. Aber da ist nix dokumentiert - mit Ulis Hilfe habe ich aber gelernt, wie man Ein- und Ausgänge anspricht, Taktraten und Sync-Arten wählt etc. Vieles muss man einfach ausprobieren, Tongenerator an die Analogeingänge, Sonoswürfel mit Messfiles von der Festplatte an den Digitaleingang, Oszikanäle an die verschiedenen Ausgänge und los geht's. Irgendwann kommt dann zufällig ein Signal raus und man muss sich schnell merken oder aufschreiben, was eingestellt war.

Dann war da noch das Problem mit dem Abspielen und Aufnehmen der Messfiles. Ich habe mir ja erst mal den schon erwähnten Fehlkauf der USB-Soundkarte M-Audio Transit geleistet - das Teilchen ist zwar eigentlich gut, spielt unter Vista aber nur sehr widerwillig (Betatreiber). Terratec Phase26 USB war meine nächste Wahl, war aber gerade überall ausverkauft, so dass ich eine gebrauchte in der Bucht erstanden habe. Die ist zwar mittlerweile da, aber ich brauche sie eigentlich nicht mehr :), weil Uli eine bestechende Idee hatte (deshalb habe ich mich auch nicht mehr bei Dir gemeldet, Thomas, trotzdem nochmal vielen Dank für das Angebot):

Der Messfile liegt auf dem USB-Stick der FIR-Kiste, und ein speziell gestricktes Mess-Skript spielt die Messtöne direkt vom Stick an die Ausgänge der Soundkarte. An einen Eingang der Soundkarte kommt das Mikro (über einen externen Mikrovorverstärker). Der individuell erstellte Mess-Schrieb meines Mikros wurde zuvor in Acourate in ein dazu inverses Filter umgerechnet. Mit diesem Filter wird nun das Mikrofonsignal behandelt und anschließend das Ergebnis als File auf den Stick gespielt.

Soweit eine brillante Idee - die FIR-Kiste misst selbst und berücksichtigt nebenbei noch gleich den FG des Mikros. Die Tücke liegt im Detail - es hat Uli und mich ein paar Tage gekostet, bis wir rausfanden, warum es erst mal nicht lief: der Stick ist zu lahm. Deshalb wird jetzt der Mess-Schrieb erst mal in den RAM gespeichert und am Ende der Messung in aller Ruhe auf den Stick geschoben.

So, und wenn man jetzt noch gelernt hat, wie man unter Linux verschiedene Konsolen umschaltet und sich online ansehen kann, welche Auslastung das System gerade hat, kann man anfangen, mit den Faltungsparametern für bruteFIR zu spielen. bruteFIR ist eine recht zügig arbeitende Faltungssoftware, von der es von Uli eine noch schnellere arbeitende Variante gibt. Falten ist die Hauptaufgabe der Kiste. Faltung (=convolution) ist der Vorgang, den ich hier mal versucht habe, anschaulich näher zu bringen.

Betrachtet man das Wiedergabesystem als Black Box, weiß man nach der Messung, welches Signal raus kommt. Und was man rein geschickt hat, weiß man schließlich sowieso. Hat man Eingangs- und zugehöriges Ausgangssignal eines Systems, hat man alle seine Übertragungseigenschaften. Man kann dann in Acourate die Impuls- und die Sprungantwort sowie den Frequenz- und Phasengang berechnen und sich die Verzerrungen ansehen.

Die so gewonnene Übertragungsfunktion wird nun in Acourate im ersten Schritt in einem trickreichen Algorithmus, der psychoakustische Phänomene ebenso berücksichtigt wie ein frequenzvariables Zeitfenster, in einen geglätteten FG umgerechnet (ein ungefilterter FG ist immer ein wildes Gezappel). Im zweiten Schritt wird eine Zielkurve erstellt, im dritten die inverse Übertragungsfunktion gerechnet und schließlich werden im vierten Schritt dann die Filter erzeugt. Drauf auf den Stick und hören.

Bei jedem der obigen Schritte kann man aber diverse Parameter einstellen - wer Freude am Experimentieren hat, kommt voll auf seine Kosten. Wer sagt, ist mir alles egal, ich will guten Klang und fertig, kauft sich so eine Büchse besser fertig aufgebaut samt Einmess-Service.

Etwas gewöhnungsbedürftig ist, dass das Rechnerlein erst mal eine Minute booten muss, bevor Musik spielt. Uli meinte, mit einer fest eingebauten Speicherkarte und hier und dort noch ein paar Verbesserungen in den Configs liese sich die Zeit deutlich reduzieren. Schlimm finde ich's nicht, aber vielleicht mach' ich das noch. Die Zeit kann man ja auch sinnvoll z. B. mit dem Öffnen einer Rotweinflasche zubringen.

Viele Grüße
Gert
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JOE
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Beitrag von JOE »

... kuschelt sich neben den Kopfhörerverstärker (kommt Dir der bekannt vor, Joe?)
1. Ja.
2. Du denkst aber auch an alles!
3. Kompliment(e)! (für alles = Konstruktion + anschauliche Berichte auch wenn letztere inzwischen meine Verstehens-Kompetenz oft deutlich überschreiten)

Gruß
Joe
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