Markus (Klangwerk)

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Klangwerker
Aktiver Neuling
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Markus (Klangwerk)

Beitrag von Klangwerker »

Es hat fast unanständig lange gedauert, bis ich dem sehr aktiven und engagierten Forum nun beigetreten bin, aber jetzt ist die Phase des Forumsmuffels vorüber und ich begrüsse euch alle herzlich aus Zürich.

Wie ich zum aktiven Hören kam interpretiere ich im doppelten Sinn und hole etwas weit aus: Mein erstes aktives Hören war wohl im Bauch meiner Mutter, die immer rege Klavier gespielt hat während der Schwangerschaft. Daraus ist in der Folge keine pianistische Karriere entstanden, die Gehversuche im Jugendalter waren halbherzig und die Übung musste nach zwei Jahren abgebrochen werden. Mehr interessierte mich die Philips-Anlage meiner Eltern, ein Musikcenter im 60er Jahre-Stil auf schlanken Füssen. Ich entdeckte irgendwann, dass man ein wesentlich intensiveres Musikerlebnis hat, wenn man nicht davor steht, sondern darunter kriecht, und ich hörte in der Folge öfters zur Verwunderung meiner Eltern am Boden liegend Musik. Es klang wie in einem grossen Kopfhörer, da die Lautsprecher links und rechts an den Seiten der Anlage eingebaut waren. Zuerst begriff ich nicht, weshalb ich gerade über mir eine Stimme ausmachen konnte und drehte das Gerät einmal nach vorne. Doch da war kein Lautsprecher eingebaut, worauf ich lernte, dass das der Stereo-Effekt ist!

Bald musste dann eine eigene Anlage her, die war auch von Philips, ein schönes Stück im Stil der 70er Jahre. Nur die Lautsprecher begeisterten mich nicht völlig und über "Hobby - das Magazin der Technik", das mein Vater abonniert hatte, las ich einen Artikel über Selbstbau-Lautsprecher. Der Aufhänger war ein Klipschhorn-Bausatz, ziemlich ausserhalb meiner Reichweite, aber es wurden auch zwei Firmen erwähnt, die kleinere und günstigere Bausätze anboten, worauf ich dann blind eine Box von Orbid-Sound aus Stuttgart auswählte. Die Firma gibt es noch heute und die Boxen sehen immer noch ähnlich aus und sie huldigen noch immer dem hohen Wirkungsgrad. Ich war jedenfalls begeistert, die Wiedergabe war viel direkter, klarer, lebendiger und für meine Rock-Götter genau das Richtige. Kollegen waren auch begeistert und so bastelte ich noch einige Bausätze für andere zusammen.

In derselben Zeit begann ich Fachzeitschriften zu lesen und in der Schweiz hatten wir eine toll gemachte Zeitschrift, das Electronic-Sound, später Sound. Damals kamen auch Audio und Stereoplay in Mode, aber in Electronic-Sound lernte man mehr über die Grundlagen. Dort schrieb etwa Jürg Jecklin, der Schweizer Tonmeister, der bei Radio DRS im Studio Basel arbeitete und den Float-Kopfhörer entwarf, zahlreiche Artikel. Einmal veranstaltete die Zeitschrift einen Wettbewerb und ich hatte tatsächlich das Glück, einen Float-Elektrostat zu gewinnen - ein Traum wurde wahr! Dank diesem Hörer lernte ich wirklich aktives Hören. Ich habe den Float natürlich nie hergegeben und liess ihn auch mal restaurieren. Das ultimative Erlebnis war immer, in meinem Sitzsack Musik zu hören, so dass der Float auf der Kopfstütze auflag und weder Kopf, noch Ohren berührt wurden. Es war ein Bad in der Musik!

Ein weiteres aktives und prägendes Hörerlebnis waren in der Studentenzeit die Übertragungen von einigen klassischen Konzerten in Quadro am Schweizer Radio unter der Leitung von Jürg Jecklin. Er konnte die Direktion dazu gewinnen, die Frontkanäle über DRS1 zu übertragen und die Rückkanäle simultan über DRS2. Zuhause baute man zwei Anlagen auf: zu den Frontkanälen in üblichen 60° musste man die Rückkanäle mit einem 150° - Oeffnungswinkel nach vorne aufstellen, gemäss einer japanischen Studie, die Jecklin zitierte und auf die er seine Aufnahmen abstimmte. Der Raumeindruck war schlicht phänomenal und liess mich mit einem Schlag zum Surround-Fan werden. Wenn man die Rücklautsprecher abschaltete war das wie eine Amputation des Klangs. Trotz grossem Aufwand von Radio DRS schlief das Thema aber bald wieder ein.

Während meinem Architekturstudium hatte ich öfters Zeit zum Musikhören, da die Zeichnungsarbeit sehr zeitintensiv war, aber mit Musik mindestens so flott ging. Die intensivere Beschäftigung mit meinem Lieblingsthema griff ich aber erst wieder gegen Ende des Studiums auf, als ich meinem Dozenten in Gestaltungstheorie eine der nötigen Diplomarbeiten verkaufen konnte, die von Musikwiedergabe handeln sollte. Sie hatte den wohlklingenden Titel "Wohnräume - die anderen Konzertsäle" und war letztlich die Initialzündung für meine heutige Tätigkeit. Ich konnte meinen „Mentor“ Jürg Jecklin als Co-Lektor gewinnen und kriegte vom Dozenten viel Lob für die Arbeit. Jedenfalls war der Prozess sehr motivierend und kreativ und ich experimentierte mit unterschiedlichen Anordnungen von Lautsprechern, um wie es Jecklin nannte "das Beschallungsproblem zuhause zu lösen".

Nun, soweit kam ich leider nicht ganz, aber ich arbeitete über einige Jahre neben meiner Tätigkeit als Architekt immer mal wieder an einer Lautsprecheranordnung, die mehr mit meinen Erlebnissen unter der Philips-Anlage meiner Eltern zu tun hatte als mit dem üblichen Stereo-Hören vor Lautsprechern sitzend. Dazu entwarf ich schliesslich mit meinem früheren Partner Wandlautsprecher, die gegenüberliegend an die Seitenwände meines Raumes gehängt wurden und zwar mit einer Distanz von etwa 2 Metern zur (reflektierenden) Front. Der Öffnungswinkel zu den Lautsprechern betrug gut 100°. Der Höreindruck war absolut verblüffend mit sehr guter vorne-Ortung und Cinemascope-Bühne. Der Klang war wieder wie in einem grossen Kopfhörer und komplett weg von den Lautsprechern. Bekannte, die ich in den Sitzsack setzte waren jeweils irritiert, weil die Musik von vorne kam, aber die Lautsprecher seitlich hingen. So blickten sie immer wieder verdutzt zu den Lautsprechern, wo eigentlich der Ton rauskommen sollte, aber das Hirn meldete etwas anderes.

Diese Anordnung war dann auch die Basis für den ersten Klangwerk-Lautsprecher Onda, der nun tatsächlich aktiv war und für Mittel-Hochton mit dem Manger-Wandler bestückt. Weil Hörer, welche sich übliche Anordnungen gewohnt waren eher irritiert reagierten und sie sich auch nicht immer gut umsetzen liess, gestaltete ich die Lautsprecher so, dass auch die klassische Aufstellung möglich war. Die Anforderungen waren: die Lautsprecher mussten sowohl an zwei Seitenwänden, als auch an einer Rückwand und frei im Raum stehend funktionieren. Daraus entwickelte ich die unkonventionelle Form, die einem Flügelprofil ähnelt. Mit dem Manger-Wandler gelang die vorne-Ortung besonders präzis und natürlich war ich auch dem Charme des Klanges, der Sternform und von Daniela Manger erlegen. Aktiv war die Onda vor allem, weil ich auf der Suche nach einem Hersteller mit der Firma Relec SA im westschweizerischen Yverdon in Kontakt kam. Relec hatte eine Aktivtechnik für ihre Studiomonitore unter dem Label PSI-Audio entwickelt, welche sie auch für die Firma Studer komplett als OEM-Fabrikat herstellten. (Studer A-Serie). Sie liessen sich von dem Onda-Projekt faszinieren und boten mir an, diesen Lautsprecher mit ihrer Technik auszurüsten, vor allem nachdem sie die erste passive Version gehört hatten. Diese zeigte zwar das Potential, aber der Bass hinkte dem Manger immer etwas hinterher und war schwammig. Alain Roux von Relec meinte dann gleich, daraus könne man ein faszinierendes Produkt entwickeln, aber das würde nur aktiv funktionieren, auch wegen der Anpassbarkeit an räumliche Gegebenheiten. Mir war dies sehr recht, denn eigentlich wollte ich mit meinem noch verbliebenen Partner Thomas Junker schon immer aktive Lautsprecher bauen, weil es eine technisch saubere Umsetzung versprach. Die Möglichkeit, gleich einen Partner zu haben, der die Aktivtechnik schon beherrscht und erfolgreich umsetzt war natürlich verführerisch. Thomas war auch nicht unglücklich, war er doch mit eigenen Projekten in seiner Firma immer sehr stark gefordert. Erst im Verlauf der Arbeit realisierte ich mit meinen bescheidenen Elektronikkenntnissen, dass die Technik von Relec nicht irgendeine Aktivtechnik ist, sondern eine, die besondere Qualitäten aufweist. Ich habe von Alain Roux auch einiges gelernt, wie auch von meinem früheren Partner Dominik Stoll.

Die Geschichte zeigt: ich war immer „aktiver Hörer“, aber die Aktivtechnik war ein Mittel zum Zweck. Es ging mir darum, Lautsprecher für spezifische Raumsituationen zu entwerfen und damit eine bestimmte akustische und visuelle Wirkung zu erzielen. Es ging mir nicht darum, eine bestimmte Technik umzusetzen. So sind im aktuellen Programm von Klangwerk auch passive Modelle vorhanden, weil ich damit die Anforderungen zwar nicht perfekt, aber gut genug umsetzen kann, so dass das Konzept funktioniert. Dies betrifft vor allem die Wandlautsprecher womit sich Projekte auch ausserhalb des privaten Bereichs umsetzen lassen, die nur passiv finanzierbar sind.

Über Aktivtechnik habe ich dazugelernt. Ich mag das aktive Hören, die Konsequenz der Konzeption, aber ich bin Architekt, nicht Elektroniker. Mich interessiert mehr das Physische, die Objekte in ihrer Umgebung, die akustisch logische Gestaltung. Mich interessiert der Schall an sich, dessen Ausbreitung, die Reaktion von Material auf Schall und natürlich die technische Betrachtung dieses Zusammenspiels und vor allem: das Hören.

Ich freue mich auf die Diskussionen im Forum und bringe gerne meine Sichtweise ein. Ein kleiner Werbespot folgt zum Schluss für das Klangschloss, eine kleine aber feine Audio-Messe, die ich jeden April im Schloss Greifensee 15km östlich von Zürich organisiere. Ihr seid herzlich eingeladen. Es erwarten euch neben (nicht nur aktiven) Audio-Anlagen eine (Wein-)Bar, ein Live-Konzert, Vorträge und eine Schallplattenbörse. (Aktives) Hören ist dort das nächste Mal am 12. + 13. April 2014 angesagt.

Mit klingendem Gruss
Markus Thomann
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Bernd Peter
Aktiver Hörer
Beiträge: 4005
Registriert: 04.05.2010, 19:37

Beitrag von Bernd Peter »

Hallo Markus,

eine Ehre für mich, Dich als Erster hier im Forum begrüßen zu dürfen.

Freue mich auf die versprochenen Diskussionsbeiträge.

Grüße in die Schweiz

Bernd Peter
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Raal
Aktiver Hörer
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Wohnort: Unterhaching

Beitrag von Raal »

Hallo Markus,

herzlich Willkommen hier. :cheers:

Sehr schade das die Onda eingestellt wurde :cry:

Viele Grüsse
Andreas
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ILA
Aktiver Hörer
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Beitrag von ILA »

Hallo Markus :D

schön Dich hier im Forum begrüßen zu dürfen! Mit Dir gewinnt das Forum einen äußerst angenehmen und freundlichen Zeitgenossen dazu, eine echte Verstärkung des guten Tons in jeglicher Hinsicht :cheers:

Herzlich willkommen

Oliver
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Rudolf
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Wohnort: Bergisch Gladbach

Beitrag von Rudolf »

Hallo Markus,

herzlich willkommen und vielen Dank für deine ausführliche Vorstellung. Sie zeigt eindrucksvoll, dass es durchaus alternative Wege der Annäherung an das Thema "HiFi in Wohn- und Lebensräumen" gibt, die vor allem den Menschen in den Mittelpunkt stellen. Denn nicht jeder von uns fühlt sich wohl dabei, seinem Hobby in einem Kellerraum nachzugehen bzw. nachgehen zu müssen.

Ich bin aus diesem Grunde seit jeher ein großer Fan guten HiFi-Designs, dessen Gipfel meines Erachtens nach immer noch die Firma Braun markiert, siehe hier

http://www.aktives-hoeren.de/viewtopic.php?f=5&t=1048

Sonos wäre auf einem guten Weg dorthin, hätte man doch nur ein bisschen mehr für den gemeinen HiFi-Enthusiasten übrig. Aber gottlob gibt es ja den G-Sonos ...

... und die Klangwerk Ella von Markus. Dazu demnächst an anderer Stelle mehr.

Viel Spaß hier im Forum und auf dem bevorstehenden Forumstreffen
Rudolf
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Klangwerker
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Beitrag von Klangwerker »

Herzlichen Dank für den freundlichen Empfang!

Ich hoffe, euch zahlreich in Zweibrücken am Forumstreffen begrüssen zu dürfen. Ich werde zwei aktive Klangwerke mitnehmen….

Markus
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qwe
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Registriert: 25.06.2013, 12:31

Beitrag von qwe »

Rudolf hat geschrieben:Aber gottlob gibt es ja den G-Sonos ...
Na, was kann der gute Ralph dafür ... aber wahrscheinlich schließt sich hier nur der Kreis zur Aktiv-Gemeinde. :D
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