Harald (AGM 5.4; FM 202; BM 8, BM 6; Abacus A-Box 10, C-Box 2)

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h0e
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Beitrag von h0e »

Hallo Harald,

Danke für Deine Erläuterungen, viel Text, aber jetzt wird es klarer.
Das "balanced" Signal wird also ohne Signal - Masse übertragen (soviel zu Stephans Anmerkung).
Beim Arfi-Dac scheinbar ohnehin nicht belegt.

Es freut mich, dass Du uns an Deiner "Grundlagenforschung" so intensiv hast teilhaben lassen,
ich wäre viel zu ungeduldig, soviele Kabel zu erstellen und die Ergbnisse hier so sauber zu dokumentieren.
:cheers:

Grüsse Jürgen
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nihil.sine.causa
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Beitrag von nihil.sine.causa »

Hallo zusammen,

nach den ersten Abschnitten zur Beschreibung meiner Audio- Kette(n) ...

1. Stromversorgung, Erdung und LAN
2. Symmetrische Signalkabel und Masseverbindung

… soll es nun weitergehen mit den ...

3. Stereo-Quellen

Da ich mehrere unterschiedliche Quellen habe, die voneinander unabhängig sind, macht es Sinn, sie getrennt zu beschreiben. Sonst würde das sicher etwas unübersichtlich werden. Zum reinen Abhören habe ich zum eine Hauptquelle für Digitalmaterial und eine Analogquelle für Tonbänder. Andererseits betreibe aber auch eine DAW-Abhöre, eine Digitalisierungskette sowie alles was ich für Mikrofonaufnahmen brauche. Mikrofone sind überhaupt die hochwertigsten Analogquellen, die ich kenne. Und deshalb will ich diese Quelle hier auch beschreiben. Dabei beschränke ich mich auch hier auf Stereo und bringe Mehrkanal-Ketten später.

Der Vorteil der modularen Beschreibung liegt vor allem darin, dass ich auf Veränderungen leichter reagieren kann. Denn das Bessere ist bekanntlich der Feind des Guten. Und wenn ich eine finanziell effiziente, substanzielle Verbesserungsmöglichkeit gehört habe, dann setze ich sie auch gerne um. Die Besonderheit meiner derzeitigen Quellen ist, dass ich keine analoge oder digitale Schaltzentrale betreibe. Ich stöpsele also von Quelle zu Quelle immer wieder um. Zu einer Zeit wirkt also immer nur eine Quelle. Das verschlankt das Netzwerk für die Masseverbindungen, zumal meine Signalverbindungen stets mit parallel geführter Funktionserde ausgeführt sind. Von daher stellt die Beschreibung der einzelnen, isolierten Module keine unrealistische Vereinfachung dar. Aber lasst mich einsteigen ...

3.1 Stereo Haupt-Quelle für digitales Material

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Der Linn G-Akourate DS/1 DAC ist seit vielen Jahren meine Haupt-Digitalquelle. Gespeist wird er via Synology NAS, die wie unter 1. beschreiben, vor der Verbindung zur Audio-Kette über Lichtleiter galvanisch vom Haus-LAN getrennt. Angesteuert über Linn Kinsky, Linn Kazoo oder Lumin. Bedient vom PC aus oder per iPhone oder iPad.

Am SPDIF BNC Ausgang des Linn-Streamers ist eine arfi-Adapterbox (SPDIF BNC nach RJ45 Ethercon, „in“-Version) angeschlossen. Daran angeschlossen ein 50cm kurzes Ethercon-Ethercon Kabel zum arfi-dac2.

Der arfi-dac2 wird versorgt über eine arfi-psu (siehe auch diese Diskussion über die „afip“). Diese hatte sich bei meinen Tests gegen diverse Linearnetzteile durchgesetzt, sofern die Masseführung optimiert ist. Dazu verwende die ich an den Verbindungssteckern für die Stromversorgung die EMC-Gehäuse von Neutrik (NC3MXX-EMC bzw. NC3FXX-EMC). Diese stellen im Vergleich zu den schwarzen Standard-Steckergehäusen eine verbesserte Verbindung zum Gehäuse des jeweiligen Gerätes her.

Danach geht es analog weiter. Mit selbst erstellten XLR-Kabeln braunC → orangeC, wie ich es bereits bei 2. Signalkalbel beschrieben hatte. Ziel ist mein Vorverstärker Oppo G-HA-1 von wo es weiter zu den Aktivlautsprechern geht. Der Vorverstärker ist praktisch, weil ich daran bequem die Lautstärke regeln kann. Gert hat ihn vor einigen Wochen nochmals in den Fingern gehabt und seither bin ich noch zufriedener mit dem G-HA.

Die analoge Lautstärkeregelung ist wichtig, weil der Linn Streamer am Digitalausgang immer vollen Pegel (nachweislich bit-identisch) liefert und ich es unpraktisch finde, die Abhörlautstärke durch digitale Pegelreduktion in den Quelldateien einzustellen (Offline-Verfahren). Testweise habe ich dies aber schon getan und war mit der Qualität, die der arfi-dac2 direkt – also ohne Vorverstärker – liefert sehr angetan.
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nihil.sine.causa
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Beitrag von nihil.sine.causa »

3.2 DAW-Abhörquelle

Zum Schneiden, Mischen und Bearbeiten von digitalem Audio-Material verwende ich eine Digital Audio Workstation (DAW). Zum Einsatz kommt ein Standard-Notebook (derzeit Lenovo Y50). Als Software verwende ich vorwiegend WaveLab Pro derzeit in der Version 8.5 für die Bearbeitung von Stereo-Material. Zum Mischen verwende ich Cakewalk Sonnar in der einfachsten Ausführung „Artist“, angereichert durch diverse Plugins. WaveLab und Sonnar verwenden zur internen Verarbeitung 64 Bit float. Bei allerlei Tests haben sich diese Maschinen als sehr genau und robust herausgestellt.

Damit habe ich auf digitaler Ebene also eine gewaltige Spielwiese und natürlich kann ich den Stereo-Downmix bzw. das fertige Resultat abspeichern und über die Haupt-Quelle (Linn-Streamer) abspielen. Aber man möchte ja auch schon während der Bearbeitung den Stereo-Master Ausgang verwenden, um das zu erwartende Ergebnis zu überprüfen. Natürlich könnte ich in der arfi-Familie bleiben und einen afi-USB an das Notebook anschließen. Bei Tests hat sich aber eine andere Methode als klanglich ebenbürtig erwiesen.

Idee dabei ist die folgende. Zum einen mag ich die Möglichkeiten des RME Fireface UC als Standard-USB-Interface. Der Asio-Treiber von RME ist sehr stabil und mit DIGICheck stehen allerlei hoch präzise Werkzeuge zur Verfügung, die ich auch gerne mal bei der Bearbeitung benutze, wie z.B. das Goniometer „Vector Audio Scope“

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Zum anderen ist das Fireface sehr präzise in der Lage, sich auf eine externe Master-Clock zu synchronisieren. Und mit dem arfi-adc2 (dem ADC aus der arfi-Serie) besitze ich bereits eine sehr gute Master-Clock.

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Nun, wie wird das Ganze verbunden? Der arif-adc2 wird versorgt vom Netzteil arfi-psu. An seinem Ethercon-Ausgang ist ein längeres Ethercon-Ethercon Kabel gesteckt, das am Fireface UC in einer arfi-Adapterbox (RJ45 Ethercon nach SPDIF Coax, „out“-Version, mit galvanischer Trennung per Übertrager) endet. Das Notebook ist per Standard-USB-Kabel mit dem Fireface UC verbunden. Vom Fireface geht es dann weiter zum arfi-DAC wiederum mit SPDIF, also per arfi-Adapterbox (SPDIF Coax nach RJ45 Ethercon, „in“-Version, ebenfalls mit galvanischer Trennung per Übertrager). Der Vorteil dieser Konstruktion ist, dass das System Fireface / Notebook vom empfindlichen Teil der Abhörkette zumindest durch Übertrager galvanisch getrennt ist. Fireface und Notbook können daher auch einen komplett anderen Stromkreis verwenden, ohne dass es für die Abhörqualität ungünstigen Ausgleichströmen kommen kann.

Nun kommt ein bisschen der Clou dieser Konstruktion. Die arfi-dac2 soll natürlich auch das hochwertige Clocksignal vom arfi-adc2 erhalten. Hierzu sind die beiden Geräte über eine eSATA Verbindung direkt gekoppelt. Der Master-Clock Schalter am arfi-dac2 steht dann auf Extern. Damit nutzt der arfi-dac2 das Clock-Signal vom arfi-adc2. Von hinten sieht das so aus - und damit ist das kleine Rätsel, das ich im Februar gestellt habe aufgelöst:

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Die Audio-Qualität dieser DAW-Abhörquelle ist insgesamt nicht ganz so gut wie die der Haupt-Digitalquelle mit dem Linn-Streamer, aber doch auf einem sehr hohen Niveau und ermöglicht mir damit, auch Feinheiten bei der digitalen Bearbeitung laufend zu hören.

Viele Grüße
Harald

--
Übersicht:
1. Stromversorgung, Erdung und LAN
2. Symmetrische Signalkabel und Masseverbindung
3. Stereo Quellen
3.1 Stereo Haupt-Quelle für digitales Material
3.2 DAW-Abhörquelle
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nihil.sine.causa
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Evaluation eines Stereo-Hauptmikrofons

Beitrag von nihil.sine.causa »

Hallo zusammen,

nicht für alle von Euch ist das Thema Aufnahme interessant, aber aus persönlichen Gesprächen und von PNs weiß ich, dass einige von Euch bei solchen Themen mitlesen. Bei meinen Mikrofonen gibt es eine größere Veränderung und daher will ich berichten. Ich habe mich damit jetzt mehrere Monate intensiv beschäftigt. Damit es nicht zu länglich wird, kann ich bestimme Überlegungen nur andeuten.

In erster Linie geht es um mein Stereo-Hauptmikrofon für Flügelaufnahmen im heimischen Wohnzimmer. Stützmikrofone setze ich ab und zu auch ein. Aber meine Tests haben ergeben, dass das Hauptmikrofon primär klangentscheidend ist.


Vorüberlegungen

Warum überhaupt ein verändertes Hauptsystem? Seit ein paar Jahren verwende ich zwei Brauner Phantom Classic. Das sind Großmembran-Mikrofone mit Nierencharakteristik. Vorwiegend verwende ich XY140 als reines Pegeldifferenz-Stereofonie, weil dies die Akustik des für Aufnahmen eigentlich ungeeigneten Wohnzimmers gnädig kaschiert.

Nun muss man für ein XY140 Stereomikrofon die beiden Nieren um 140° gegeneinander schwenken. Das führt insbesondere bei Großmembranmikrofonen zu einer klanglichen Verfärbung, weil die Haupteinfallsrichtung des Schalls je Mikrofon nicht aus 0° sondern eben aus 70° kommt und bei dieser Einsprechrichtung sind die Höhen schon recht stark abgemildert. Hier die für einen solchen Mikrofontyp charakteristische Richtcharakteristik

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Quelle: Neumann

Bei Großmembranmikrofonen kommt neben diesem Effekt noch die Schwierigkeit hinzu, dass die Kapseln aufgrund ihrer Größe nicht besonders nah zusammengebracht werden können, was bei XY zu Phasendrehungen im Bereich der betreffenden Wellenlängen führt.

Und eine dritte Schwierigkeit gibt es: Für eine gute Flügelaufnahme braucht es für meinen Geschmack die differenzierte Übertragung des Bassfundaments. Druckgradientenempfänger, wie es solche Mikrofone mit Nierencharakteristik sind, haben die konstruktive Eigenschaft, in ihrem Amplituden-Frequenzgang zu tiefen Frequenzen hin immer weiter abzufallen. Nun ist ein Flügel zwar keine Orgel mit 32′-Register (Subcontra-C mit etwas über 16Hz), aber mir ist es bislang nicht gelungen, mit Hilfe von Druckgradientenempfängern den Bass des Flügels so aufzunehmen, dass es mir gefallen hätte.

Druckempfänger (Mikrofone mit Kugelcharakteristik) dagegen gehen sehr viel tiefer und können den wunderschönen Klang des Flügelbasses sehr gut differenziert wandeln und auf der Aufnahme hörbar machen.

Es gab für mich noch ein paar andere Überlegungen zu meinem Stereo-Hauptsystem. So musste ich AB-Mikrofonie (Laufzeitdifferenz-Stereofonie mit Verwendung von zwei Druckempfängern) leider ausschließen, weil mein Raum das leider nicht zulässt. Auch mit Äquivalenzsterofonie (Kombination aus Pegeldifferenz- und Laufzeitdifferenz) werde ich nicht warm, weil ich dazu keine Druckempfänger verwenden kann und dann wieder das Problem mit dem fehlenden Bassfundament habe. Dies sei hier nur kurz angedeutet. Vor- und Nachteile der verschiedenen Stereofonie-Verfahren wären sicher einmal eine eigene Diskussion wert. Vielleicht machen wir das ja irgendwann im Rahmen einer Grundsatzdiskussion, um die Frage zu beleuchten, warum Stereofonie überhaupt funktioniert.

Ich fasse meine Aufgabenstellung zusammen. Gesucht wurde ein Hauptmikrofon, das folgende Eigenschaften besitzt:
  • reines Pegeldifferenz-Verfahren (XY oder MS). Grund: Gute Lokalisationsschärfe und reduzierte indirekte Schallanteile, letzteres wegen dem ungünstigen Aufnahmeraum
  • Verwendung eines Druckempfängers (Kugel). Grund: Bassfundament des Flügels soll differenziert aufgezeichnet werden
  • Kleinmembranmikrofone. Grund: Vermeidung von tonalen Verfärbungen, Kapseln für beide Kanäle möglichst nah beieinander zur Vermeidung von Phasendrehungen.
Meine Lösung ist ein MS-System mit M = Monoanteil als Druckempfänger (Kugel) und S = Seitenanteil realisiert durch einen Druckgradientenempfänger mit Achter-Charakteristik. Beides Kleinmembran-Mikrofone.

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Der Test

Es ging also darum, zunächst einen Kleinmembran-Druckempfänger (Kugel) zu finden. Das ist im Prinzip total einfach, denn praktisch jeder Mikrofonhersteller hat einen solchen im Sortiment. Allerdings, sie alle durchzutesten wäre ein ziemlich unmögliches Unterfangen für mich gewesen.

Aber ich war nicht allein. Peter Ruhrberg, Ralf Koschnicke, Frank Vornkahl (Neumann/Sennheiser) und Christian Roos (Digital Audio Service) haben mich durch Tipps und Leihstellungen unterstützt. Dafür nochmals herzlichen Dank! Danke übrigens auch an Gert, Hans-Martin, Fujak, Bernd-Peter und vor allem an Winfried (darwols) für die Hörberichte von einigen Aufnahmen, was mir sehr geholfen hat.

Ich habe also eine gewisse Auswahl von Testkandidaten getroffen. Für die Druckempfänger waren das vor allem folgende: Natürlich habe ich verschiedene Tests gemacht. Für den eigentlichen Vergleich reichen aber Mono-Aufnahmen aus, um die Unterschiede zu hören. Hierzu habe ich von immer derselben Stelle das immer gleiche Stück (aus dem 1.Satz von Beethovens Appassionata) aufgenommen. Meine Frau hat versucht, dieses auf die immer gleicher Weise zu spielen. Das variiert zwar dann schon, aber Feinheiten in der Klangcharakteristik sind so schon sicher zu erkennen. Meine Aufnahmekette ist ziemlich gut und optimiert auf zwei Kanäle: Millennia HV-3C Mikrofonvorverstärker, artistic fidelity adc2 als ADC und arfi-psu als Stromquelle, Übertragung via SPDIF (mit galvanischer Trennung durch Übertrager) auf das Fireface und Aufzeichung auf einem Tablett mit DIGICheck Global Record (Tablett im Akkubetrieb 8) ohne das Schaltnetzteil zu nutzen).

Zunächst aber waren die Unterschiede zwischen den Mikrofonen sehr deutlich. Und das müssen sie auch sein, denn bei einem direkten Vergleich ist das ein Vergleich zwischen Äpfel und Birnen. Warum?
Nehmen wir mal das Schoeps mit der MK 2S Kapsel

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Quelle: Schoeps MK 2S

Diese Kapsel ist dafür optimiert, in der Nähe des Hallradius zu arbeiten. Dagegen ist z.B. das Neumann KM 183

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dafür ausgelegt, im Diffusfeld eingesetzt zu werden, das ist weiter von der Schallquelle entfernt, weit außerhalb des Hallradius. Da mit zunehmender Entfernung zur Schallquelle die Höhen durch Absorption in der Luft zunehmend abgeschwächt werden, besitzen solche Diffusfeld-entzerrten Mikrofone eine entsprechende Höhenanhebung.

Die verschiedenen Mikrofone klingen also im direkten Vergleich vor allem deswegen unterschiedlich, weil sie für unterschiedliche Entfernungen zur Schallquelle optimiert sind. Um nun die verschiedenen Typen vergleichen zu können, habe ich alle Aufnahmen auf einen bestimmten Amplituden-Frequenzgang normalisiert. U.z. auf denjenigen eines Schoeps-Mikrofons mit einer MK 2H Kapsel. Das fand ich tonal am angenehmsten für meinen Aufnahmeabstand und Aufnahmezweck.

Diese Entzerrung habe ich Basis der von den Herstellern veröffentlichten Amplituden-Frequenzgängen vorgenommen. Dazu habe ich die Differenz „soll minus ist“ je Frequenz abgelesen, in einer Tabelle notiert, mit Hilfe von Mathematica eine möglichst „glatte“ Funktion berechnet (welche durch die jeweiligen Stützstellen geht), mit Acourate ein minimalphasiges Korrekturfilter berechnet und schließlich durch Faltung auf die jeweilige Aufnahme angewandt.

Ergebnis: Die Mikrofone unterscheiden sich nach der FG-Korrektur nur noch sehr wenig. Sicher mag es noch Unterschiede dadurch geben, dass die realen FGe der getesteten Mikrofone von den veröffentlichten Amplituden-FGe abweichen. Aber andererseits konnte ich auf diese Weise Feinheiten zwischen den Mikrofonen herausfinden. Subjektiv natürlich aber für mich ergeben sich folgende Unterschiede:

Die Schoepse haben eine sehr gute Differenziertheit und erzeugen ein Klangbild mit hoher Plastizität und Feindynamik. Rode und Behringer kommen relativ zum Preis recht nah an diese Qualität heran (erstaunlich, denn da gibt es enorme Preisunterschiede zwischen diesen Mikrofonen), aber in Punkto Transparenz und Genauigkeit spielen Schoeps und Neumann in einer eigenen Liga.

Die Neumänner lösen noch etwas genauer auf als die Schoepse. Sie haben eine unspektakuläre Art von Transparenz, so dass im Vergleich zu den Schoepsen, wo manches Detail mit mehr Charakter daherkommt, schon fast etwas fehlt. Das ist sicher Geschmacks- und Ansichtssache, aber für mich sind die Neumänner klar besser.

Die Neumänner haben so etwas wie einen Familienklang, aber es gibt dennoch Unterschiede zwischen ihnen. Am feinsten und „kohärentesten“ arbeitet in meinen Ohren das historische KM 253 (mit ca. 65 Jahre alten Kapseln und einer Transistor-Verstärkerschaltung von Peter). Nach der FG-Korrektur aber super dicht gefolgt vom KM 183. Mit einem kleinen Abstand dazu liegen für mich die KM A + KK 133. Die Höhen der KK 133 sind super genau, können aber auch etwas spitz wirken (was vermutlich am noch nicht perfekt korrigierten FG liegt). Der Bass der KK 133 dagegen ist einen Tick zu undifferenziert im Vergleich zu den KM 183. Das wiederum kann daran liegen, dass ich die Mikrofone nicht exakt gleich aufstellen konnte zwischen den verschiedenen Sessions. Ein paar cm bewirken da u.U. sehr deutliche Unterschiede. Dennoch, ich möchte schon so weit gehen, dass das KM A + KK 133 für meinen Zweck zumindest nicht wesentlich besser ist, als das sehr viel leichter finanzierbare KM 183.

Letzteres ist ein wenig erstaunlich, denn die KK 133 Kapseln entsprechen denjenigen des M 150, einem Kleinmembran (!) Röhrenmikrofon, bei dem es sich um den Nachfolger des berühmten M 50 handelt (bekannt z.B. vom Decca Tree)

Fazit: Ich habe mich für das KM 183 von Neumann entschieden. Ich werde den individuell durchgemessenen Amplituden-Frequenzgang von Neumann mit dazu erhalten und werde auf dieser Basis eine geeignete FG-Korrektur erstellen.


Die Acht ...

… fehlt noch zu meinem MS-Stereomikrofon. Hier gibt es nicht so viele Möglichkeiten wie bei den Kugeln. Ich suchte eine nicht umschaltbare Acht mit nur einer Membran. Auch sollte die Membran klein und das Mikrofon kompakt gebaut sein (insbesondere Kleinmembran). Getestet habe ich das AKG C 480 B + CK 94 und das Neumann KM A + KK 120. Auch hier bin ich klanglich nach einer FG-Korrektur ganz klar beim Neumann gelandet.

Achten haben konstruktionsbedingt einen heftigen Abfall im Bassbereich. Die FG-Korrigierbarkeit hat hier ihre Grenzen. Aber dafür habe ich in meinem MS-System ja den Druckempfänger mit an Bord. Auch für das KK 120 habe ich den individuellen Amplituden-FG bei Neumann mitbestellt.


Fazit

Damit steht „mein“ Neumann MS-Hauptsystem bestehend aus KM 183 (Kugel) und KM A mit KK 120 (Acht). Die FG-Korrektur auf Basis der individuellen FG-Messungen wird mich noch eine Weile beschäftigen. Mit der Korrektur des S-Anteils lässt sich auch das Thema Lokalisation in „natürlicher“ Weise gleich mitberücksichtigen. Stichworte: Frequenzabhängige Hörereignisrichtung, AcourateFLOW und LoCo. Und wenn ich ein MS-Signal anstelle eines LR-Signals aufzeichne, habe ich beim AD-Wandeln gleich auch das Thema Cleaner mit erschlagen, ohne eine MS-Matrizierung auf analogem Weg realisieren zu müssen.

Viele Grüße
Harald
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nihil.sine.causa
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Beitrag von nihil.sine.causa »

Liebe Störquellenvermeider,

vor einiger Zeit hatte ich von einem Audio-PC Vergleich bei Ralf Koschnicke berichtet, bei dem wir u.a. den negativen Klangeinfluss durch ein einfaches Schaltnetzteil ziemlich deutlich hören konnten. Das hat mir keine Ruhe gelassen und ich habe der Infrastruktur in meinem Hörraum …

1. Stromversorgung, Erdung und LAN

… einige wohlfeile aber wirkungsvolle Optimierungsmaßnahmen gegönnt.

1a. Maßnahmen zur Vermeidung von HF-Einflüssen

Kurz und knapp gesagt:
  • Vermeidung von Switches im Hörraum. Ich habe das LAN so umgestellt, dass der Übergang zwischen Cat-Verkabelung und Lichtleiter außerhalb des Hörraums stattfindet und ich auf switches im Hörraum verzichten kann. Gleichzeitig habe ich die Computeranbindung weitestgehend auf WLAN umgestellt.
  • Ich habe sämtliche „einfachen“ Schaltnetzteile aus dem Hörraum verbannt oder trenne sie im Audiobetrieb vom Stromnetz. Das gilt auch für LED-Lampen, die manchmal ja direkt an 230V angeschlossen werden können und dafür in ihrem Sockel ein kleines Schaltnetzteil eingebaut haben.
  • Sofern ich beim Hören künstliches Licht brauche, setze ich klassische Glühlampen aus Altbeständen ein.
So einfach diese Maßnahmen sind, umso erstaunlicher ist m.E. ihre Wirkung. Das Klangbild ist ruhiger und die Bühne erscheint tiefer. Gerade letztes ist für mich ein klares Zeichen, dass sich etwas getan hat.

Viele Grüße
Harald
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wgh52
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Beitrag von wgh52 »

Hallo Harald,

ich lese hier ziemlich "gebannt" mit und bekomme aus fast allen Deinen Erkenntnissen auch Anregungen für meine eigene, natürlich bei Weitem nicht so ausgefeilte, Musikwiedergabeeinrichtungen.

Herzlichen Dank also für Deine viele, grosse Mühe, das alles so ausführlich, verständlich und nachvollzhiehbar zu dokumentieren!

Grüße,
Winfried

4194
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

nihil.sine.causa hat geschrieben:So einfach diese Maßnahmen sind, umso erstaunlicher ist m.E. ihre Wirkung. Das Klangbild ist ruhiger und die Bühne erscheint tiefer. Gerade letztes ist für mich ein klares Zeichen, dass sich etwas getan hat.
Lieber Störquellenvermeider Harald,

denkt man einige Jahre zurück, zeigten die Testberichte Top-CD-Player einiger Hersteller, deren Netzteile für Analog- und Digitalsektion mit getrennten Netztrafos gespeist wurden (ebenso gab es strikt getrennt versorgte D/A-Wandler), sogar Geräte mit 2 Netzkabeln gab es.

Wenn man schon Schaltnetzteile aus dem Raum verbannt, darf man auch darüber hinausgehend nachdenken, ob man reine Analogtechnik vor Rückwirkungen der digital arbeitenden Geräte durch deren Netzteile bewahrt, indem z.B. durch Trennung der Netzleisten eine bessere Entkopplung geschieht, die unvermeidbare Kabelinduktivität konstruktiv ausnutzend. HM Strassner legt dafür Doppellochferrite in die Zweige seiner Netzverteileisten.

Ringkerntrafos und Digitaltechnik halte ich für eine unglückliche Kombination, zu stark ist die kapazitive Kopplung der Wicklungen. Batteriebetrieb*, der auf einfache Weise per Diode am Netzteilelko vor dem Spannungsregler eingespeist wird, wäre mein Vorschlag der ersten Stunde.

Für mich wäre allerdings ein weiteres Indiz neben der Bühnentiefe ein Merkmal für Ruhe im Klangbild, nämlich der Solist im Vordergrund, der sich noch deutlicher von den Begleitmusikern abhebt, einen Schritt zu auf den Hörer macht - wenn die Anfangszeitlücke** deutlicher erfahrbar ist.
Grüße Hans-Martin

*es war mein 7. Beitrag hier vor 7 Jahren :cheers:

** Eberhard Sengpiel hat die Anfangszeitlücke hier erklärt:
http://www.sengpielaudio.com/DieAnfangs ... ndruck.pdf
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beltane
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Beitrag von beltane »

Hallo Harald,

Deine durch das Verbannen von Schaltnetzteilen, den Einsatz von W-LAN etc. gemachten positiven Erfahrungen hinsichtlich des Klangs kann ich nur nur bestätigen. Ebenfalls meide ich wie Du Beleuchtung im Hörzimmer, falls machbar!

Dies sind alles kleine aber wichtige Massnahmen zur Gewinnung eines optimalen Hörergebnisses.

Viele Grüße

Frank
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SolidCore
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Beitrag von SolidCore »

Hallo zusammen

Ich bin da ein wenig skeptisch gegenüber dem Verbannen von Netzteilen, und Lampen. Auch vom Nachbar strahlt Wlan herüber, Handyfrequenzen sind allgegenwärtig, Radiowellen usw. Dass sich Störungen von Schaltnetzteilen auslöschen, nur weil sie nun 5 Meter weiter erst ins gleiche Stromnetz zurückstrahlen, ist unwahrscheinlich. Wenn überhaupt, dann nur, wenn man alle erdenklichen "Störer" auf eine andere Phase legt als die Musikanlage. Meine letzten Versuche, statt einer "sauberen" Phase einfach alle Hauptsicherungen im Haus zu trennen, und nur die Anlage allein laufen zu lassen, hatte leider keinen erwarteten Klangvorteil.

Eine einseitige Lichtquelle stört eher die Wahrnehmung im Kopf, als über das Stromnetz. Das kann man ganz einfach herausfinden, wenn man beim Musikhören ein seitliches Fenster hat, welches Außenrollos besitzt. Fällt dadurch Licht herein, stört es die bekannte Wahrnehmung von Nachts. Fährt man das Rollo herunter, wird die Abbildung besser, meint man zumindest. Deshalb hört man in dieser Konstellation auch nachts "eingebildet" besser. Ganz gleich, ob das Rollo oben oder unten ist.

Gruss
Stephan
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Zwodoppelvier
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Beitrag von Zwodoppelvier »

Hallo miteinander,

zu "modernen" Leuchtmitteln eine Erfahrung: vor einiger Zeit versuchte ich, eine Radiosendung im Zimmer unserer Tochter weiterzuverfolgen und mußte feststellen, daß der UKW-Empfang massiv beeinträchtigt war. Viele Sender, welche die kleine Anlage sonst sauber empfangen hatte, waren unanhörbar.
Als ich genervt das Deckenlicht ausschaltete (die Schreibtischlampe gab das gemütlichere Licht), waren die Störungen sofort weg.

Soweit erinnerlich war eine dieser 230V-LED-"Birnen" mit E14- oder E27-Schraubsockel die Ursache. In diesen vergleichsweise winzigen Teilen steckt wohl ein Mini-Schaltnetzteil mit mangelhafter Filterung/Abschirmung.

Mir scheint möglich
- diese Schaltnetzteile stören auch andere Geräte als UKW- und AM-Empfänger
- sie wirken evtl. auch negativ stressend auf das menschliche Nervensystem; Elektrosensible wissen Bescheid.

Insofern sehe ich die Ächtung der guten alten Glühbirne durch den Gesetzgeber in gleich mehrfacher Hinsicht als unzulässige Bevormundung :x

Viele Grüße
Eberhard
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nihil.sine.causa
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Beitrag von nihil.sine.causa »

Hallo Eberhard,
Zwodoppelvier hat geschrieben:Soweit erinnerlich war eine dieser 230V-LED-"Birnen" mit E14- oder E27-Schraubsockel die Ursache. In diesen vergleichsweise winzigen Teilen steckt wohl ein Mini-Schaltnetzteil mit mangelhafter Filterung/Abschirmung.
Danke für den Hinweis. Genau diese Art von LEDs hatte ich bei mir im Hörraum auch. Deutlich besser ist es, sie auszuschalten oder eben die Halogenbirnchen zu verwenden.



SolidCore hat geschrieben:Ich bin da ein wenig skeptisch gegenüber dem Verbannen von Netzteilen, und Lampen. Auch vom Nachbar strahlt Wlan herüber, Handyfrequenzen sind allgegenwärtig, Radiowellen usw. Dass sich Störungen von Schaltnetzteilen auslöschen, nur weil sie nun 5 Meter weiter erst ins gleiche Stromnetz zurückstrahlen, ist unwahrscheinlich. Wenn überhaupt, dann nur, wenn man alle erdenklichen "Störer" auf eine andere Phase legt als die Musikanlage.
Meine Stromversorgung ist in Bezug auf die separierte Phase seit vielen Jahren schon optimiert. Die Schaltnetzteile, die offenbar immer noch gestört haben, liefen auf einer anderen Phase als die verschiedenen Komponenten der Audio-Kette. Warum die Störung aufgetreten ist, kann ich nicht sagen. Wir hatten das Experiment aber vor einigen Wochen in Wöllstein gemacht und jetzt auch in meinem Hörraum: der Audioqualität meiner Abhörkette hat es definitiv gut getan, die kleinen Schaltnetzteile zu entfernen. Sehr simple Empirie. Schnell probiert und wenn es Dir keine Vorteile bringt, dann brauchst Du die Maßnahme ja auch nicht.

WLAN, Mobilfunkfrequenzen und Radiowellen habe ich nach wie vor. Bei WLAN kann ich ja ein- und ausschalten. Da höre ich bei mir keinen Unterschied. Inwieweit die anderen elektromagnetischen Wellen stören, weiß ich nicht. Aber nach dem Motto "glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist.", mach' ich mir da keinen Kopf.

Viele Grüße
Harald
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Tonbandgerät als Analogquelle

Beitrag von nihil.sine.causa »

Liebe Analogfans,

zu meiner HiFi-Kette gehören auch Tonbandmaschinen. Das ist etwas exotisch, aber ich habe beim Aufbau dieses Teils meiner Abhörkette viel gelernt. Bevor ich mein Setup hier beschreibe, will ich Euch kurz erläutern, wie ich auf die Senkelmaschinen gekommen bin.

Schon als Schüler und Student hatte ich meine Musik hauptsächlich auf Tonbändern gespeichert. Ich hatte zunächst eine Uher SG 561 ROYAL

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Es handelte sich um eine Maschine mit Kopfträger für ¼ Spur und mit den Bandgeschwindigkeiten 19,05 cm/s, 9,53 cm/s, 4,76 cm/s und sogar 2,38 cm/s. Später kam eine Revox B77 ½ Spur dazu mit den Bandgeschwindigkeiten 19,05 cm/s und 9,53 cm/s.

Ich erinnere mich noch gut an die Überlegungen, welches Bandmaterial ich bei der Revox verwenden sollte. Ein neues 1100m Band Maxell XL I auf einer schicken Aluspule mit 26,5 cm Durchmesser kostete Mitte der achziger Jahren ca. 68,- DM. Damit konnte ich bei 19,05 cm/s und Stereo ½ Spur gerade mal 96 Minuten aufnehmen. Das war dann ziemlich schnell teurer als eine CD oder LP (wobei ich recht früh mit LPs aufgehört hatte). Lediglich bei Mittschnitten von Radiosendungen war das Band konkurrenzlos. Und natürlich bei Mikrofonaufnahmen (aber das war damals noch kein ernsthaftes Thema für mich).

Sobald man aber anfing, Einbußen in der Qualität hinzunehmen (1/4 Spur, 9,53 cm/s oder noch langsamere Bandgeschwindigkeiten) wurde es auch sehr günstig. So konnte ich auf ein für Amateurzwecke übliches Doppelspielband mit 18 cm Spulendurchmesser (720 m) auf meiner Uher in 4,76 cm/s pro Spur 252 Minuten aufzeichnen. Bei ¼ Spur in Mono waren das 16 Stunden und 48 Minuten. Ich hatte also die Qual der Wahl.

Später hatte ich weniger Zeit für Radioaufnahmen, die CD als Musikquelle wurde immer wichtiger und die Bandmaschinen landeten dann Mitte der 90er Jahre im Schrank. Und so hätte es immer weiter bleiben können, wenn sich nicht – frei nach Monty Pythons – gewisse neumodische Theorien über die Signalverarbeitung als verbesserungswürdig erwiesen hätten. Die eine oder andere Grenze der Digitaltechnik haben wir auf Forumstreffen bereits ausführlich vorgeführt und diskutiert.

Die ganze Geschichte kann man hier nachlesen:
1. Einführung: Der Mytek Digital Stereo192 ADC – ein state-of-the-art Analog-Digitalwandler
2. Der Schock - erster Digitalisierungstest einer Schallplatte
3. Tests mit dem Mytek G-ADC
4. Zweiter Digitalisierungstest einer Schallplatte - Ende der Fahnenstange?
5. Direktvergleich an Mikrofonkette Analog vs. A/D D/A
6. Direktvergleich an Mikrofonkette Analog vs. A/D D/A – Fortsetzung
7. Test des STAGETEC TrueMatch RMC und des Acousence arfi-ad
8. Vergleich zwischen Analog und ADDA auf dem Forumstreffen am 04. und 05. Juli 2015
9. Hilft M/S-Konversion vor der AD-Wandlung?
10. Wie gut spielt die M15A nach dem G-Tuning? (Analog-Direktübertragung, Analog-Hinterband und ADDA im Vergleich)
11. DAC-Vergleich vs. Analog M15A, Forumstreffen 2016

Für mich ist das Thema Analog- vs. Digitalklang einfach ein Hobby und breites Experimentierfeld. Und ich sehe das in keinster Weise ideologisch. Dennoch steht es für mich außer Frage, dass sich jede Signalverarbeitungstechnik am flüchtigen Schallfeld einer Life-Aufführung orientieren sollte. Experimente mit Stereo-Mikrofonen und analoger Direktübertragung zeigen zwar große Unterschiede zwischen Ur-Schallfeld im Aufnahmeraum und reproduziertem Schallfelld im Hörraum. Aber ich habe bislang noch keine Tonkonservierung erlebt, welche die Qualität der analogen Direktübertragung hätte erhalten können. Weder analog noch digital.

Entstehen durch analoge Aufzeichnung messbare und gut dokumentierte Artefakte wie Bandrauschen, FG-Veränderungen, Gleichlaufschwankungen etc., ist die Digitaltechnik auf messtechnischer Ebene der Analogtechnik haushoch überlegen. Und dennoch hört sich das Analogsignal am Ausgang einer ADDA-Kette anders an als die analoge Direktübertragung. Vor allem der Raumeindruck (Stichwort Bühnentiefe) wird flacher und Körperhaftigkeit der Reproduktion geht zurück bei Anwendung von digitaler Aufzeichnung. Glücklicherweise bleiben diese Eigenschaften Raumeindruck und Körperhaftigkeit bei hochwertiger analoger Aufzeichnung recht gut erhalten. Und aus diesem Grund eignen sich die Bandmaschine als Analogquelle zum Test von Digitalisierungsketten. Denn so muss das flüchtige Original nicht immer wieder neu erzeugt werden und AB-Vergleiche zwischen verschiedenen Digitalisierungsketten werden in guter Näherung möglich, denn die Bandmaschine sorgt für eine relativ gute Reproduzierbarkeit des Analogsignals.

Die Idee, mir eine wirklich „professionelle“ Bandmaschine zuzulegen, hatte ich schon lange – ein alter Traum eben. Die großen bewegten Spulen haben mich immer fasziniert. Aber es gab keinen vernünftigen Grund und nihil sine causa ist ja schließlich mein Motto. Das ADDA-Experimentierfeld kam mir also sehr gelegen und habe ich den Schritt dann gemacht. Über meine gertifizierte Telefunken M15A habe ich bereits ausführlich geschrieben.

Leider ist das Bandmaterial, das ich zur Verfügung habe, eingeschränkt. Andererseits macht es mir wirklich große Freude, eine gute Masterbandkopie zu hören. Wenn also eine hervorragende Wiedergabemaschine da war, dann brauchte es ja „nur“ noch eine zweite Maschine mit gertifizierten Aufnahmeverstärkern, um auf entsprechend hohem Niveau Bandkopien anfertigen zu können. Auch diesen Schritt habe ich umgesetzt. Die beiden Bandmaschinen sind mittlerweile fest installiert und spielen unter optimierten Bedingungen. Da mag es auch mal wieder eine Verbesserung geben, aber der derzeitige Stand ist so gut, dass es sich lohnt, darüber zu berichten.

Ganz herzlichen Dank möchte ich bei dieser Gelegenheit nochmal an Peter Ruhrberg sagen. Ohne seine profunde Hilfe wäre ich bei dem Thema Bandmaschine gescheitert. Peter hat mir die beiden M15A hergerichtet, mir die Grundlagen nahe gebracht und mir viele Tricks & Kniffe ausführlich gezeigt. Vom Umgang mit den Tonbändern, dem Entmagnetisieren der Tonköpfe, über das Einstellen des Azimut bei unbekannten Aufnahmen bis hin zur Einmessung der Vormagnetisierung und der Aufnahmeverstärker auf neues Bandmaterial. Unter seiner Anleitung habe ich als „Fingerübung“ selbst ein Bezugsband erstellt und dabei sehr viel über die Stärken und Schwächen der alten Magnetbandtechnik gelernt. Danke natürlich auch an Gert, denn ohne seine Unterstützung wäre ich mit der Klangqualität der M15A niemals so weit gekommen.

Fortsetzung folgt mit der Beschreibung der Abhörkette.

Viele Grüße
Harald
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Harald,
gerade bin ich über deinen Link zu diesen Thread http://www.aktives-hoeren.de/viewtopic. ... 65#p105877 gestolpert, wo du 2 Brauner in XY koinzident anordnest und Ulis Cleaner-Idee in Analog anwendest. Habe ich das richtig verstanden, dass du deine Stereo-Bandaufnahmen in M/S gewandelt aufzeichnest und bei der Wiedergabe wieder zurückverwandelst?
Mit ähnlichen Vorteilen, wie wir sie von der AD/DA-wandlung kennen?
Grüße Hans-Martin
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nihil.sine.causa
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Beitrag von nihil.sine.causa »

Hallo Hans-Martin,
Hans-Martin hat geschrieben:Habe ich das richtig verstanden, dass du deine Stereo-Bandaufnahmen in M/S gewandelt aufzeichnest und bei der Wiedergabe wieder zurückverwandelst?
Mit ähnlichen Vorteilen, wie wir sie von der AD/DA-wandlung kennen?
Die M/S Kodierung vor der Aufnahme war lediglich eine Studie. Denn die Übertrager, die ich dazu verwende, haben so ihre klanglichen Besonderheiten. In neuerer Zeit verwende ich allerdings gerne ein MS-Hauptmikrofon (Neumann KM 183 Kugel als M, KM A mit KK 120 Acht als S). Dieses Signal rechne ich vor der Aufnahme nicht nach LR um mit den bekannten Vorteilen.

Um L/R Phasenfehler der Bandmaschine zu kompensieren, werde ich es auch mal mit MS bei der Bandaufnahme versuchen. Ist eigentlich eine gute Idee. :wink:

Viele Grüße
Harald
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nihil.sine.causa
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3.3 Analoge Bandmaschine

Beitrag von nihil.sine.causa »

Liebe Analogfreunde,

ich setze die Beschreibung meiner Audio-Kette(n) ...

1. Stromversorgung, Erdung und LAN
2. Symmetrische Signalkabel und Masseverbindung
1a. Maßnahmen zur Vermeidung von HF-Einflüssen
3. Stereo Quellen
3.1 Stereo Haupt-Quelle für digitales Material
3.2 DAW-Abhörquelle

… heute fort mit dem Thema

3.3 Analoge Bandmaschine

Über meine Motivation zum Thema Bandmaschine und zur Selektion meiner M15A hatte ich ja schon einiges geschrieben. Ebenso hatten wir das Thema, wie die Wiedergabe- und Aufnahmeverstärker g-tuned wurden. Hier soll es jetzt um den konkreten Aufbau für den Betrieb gehen.

Die Wiedergabemaschine sitzt in ihrer grundsoliden Vollmetall Siemens Truhe. Die unterschiedlichen leitenden Teile dieses Gehäuses sind „von Haus aus“ miteinander über Erdkabel verbunden. Ich habe also nicht widerstehen können, das Ganze zu erden. Gleiches gilt für die unterhalb des Maschinenkastens angebrachte 19 Zoll Einheit. Aber dazu gleich noch mehr.

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M15A Wiedergabemaschine in ihrer Truhe

Das also ist meine Wiedergabe-Maschine, vorgesehen für ¼ Zoll Tonband, Stereo d.h.Trennspur 0,75mm, Vollspur-Löschkopf, Bandgeschwindigkeiten wahlweise 7,5 in/s und 15 in/s (19,05 cm/s und 38,1 cm/s), CCIR Entzerrung und für Bandwickel mit äußerer Schichtlage ausgelegt.

Klappt man die Truhe auf, so sieht man das Anschlussfeld. Bei dieser Maschine handelt es sich um Buchsen für Großtuchelstecker.. Natürlich ist hier alles anders als bei XLR, aber ich mag diese Technik.

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Tuchel-Anschlussfeld und abgedeckter Verstärker

Für die Ausgänge benötigt man männliche Stecker und die Belegung ist endlich einmal logisch: Pin 1 entspricht „+“, Pin 2 entspricht „-“ und Pin 3 entspricht 0V. Damit ist 0V spiegelsymmetrisch zu „+“ und „-“. Und die Stecker sind wie kleine Messer, die in den Buchsen einen sehr guten Halt bekommen. Warum hat sich das nicht durchgesetzt?

Unter dem Anschlussfeld sitzen die Verstärker-Steckeinheiten schön geschützt von einer dicken Metallplatte. Ob Ihr es mir glaubt oder nicht, aber mit dieser Metallplatte ist das Klangbild einen Tick besser, weil klarer als ohne. Schrauben wir diese Platte ab, so kommen die Steckplätze.

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Verstärker-Steckeinheiten (hier nur für Wiedergabe)

Hier seht Ihr die zwei Wiedergabeverstärkerkarten, aber die rechts daneben liegenden Steckplätze für die Aufnahmeverstärker sind nicht belegt. Warum? Weil es sich um eine reine Wiedergabemaschine handeln soll. Ich möchte verhindern, dass ich, wenn ich einmal versehentlich auf den dicken roten Aufnahmeschalter komme, ein Stück Band lösche. Solche Feinheiten sind bei dieser Maschine genial einfach gelöst. Zieht man nämlich die Aufnahmeverstärkerkarten heraus, so kann man die Aufnahmetaste drücken, ohne dass die Aufnahme aktiviert wird. (Der Löschkopf wäre auch ohne Aufnahmekarten noch in Funktion, aber die Steuerungslogik der Maschine verhindert das.) Mit einem Handgriff ist die Maschine also von einer Wiedergabe-/Aufnahmemaschine in eine reine Wiedergabemaschine umgebaut. Und so etwas geht ganz ohne Firmware-Update und ohne langwieriges Umkonfigurieren etc. Ist das nicht cool?

Für die Karten habe ich einen eigenen Koffer präpariert. Hier ist Platz für den Tonkopfträger, zwei Wiedergabe- und zwei Aufnahmeverstärkerkarten sowie für die HF-Karte für Vormagnetisierung und Löschfunktion. Dieses Set „gehört“ zusammen und muss beim Einmessen der Maschine aufeinander abgestimmt werden. Das ist aber unabhängig vom eigentlichen Laufwerk, sprich von der jeweiligen M15A. So könnte Peter die Einmessung bei sich vornehmen, ohne dass ich das Laufwerk der M15A von Bonn zu Peter karren müsste und wieder zurück.

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Kartensatz für eine M15A (hier für die Aufnahme-Maschine)

Unterhalb der Maschine habe ich zwei Einheiten zur Rauschunterdrückung eingebaut. Oben ein Dolby 363 für Dolby A und Dolby SR, wie es international gebräuchlich war und vor allem auch für Schallplattenproduktionen verwendet wurde. Unten ein Telcom c4 System, wie es besonders im Rundfunkbereich standardmäßig verwendet wurde. Über das Dolby-System und sein g-tune wurde übrigens bereits ausführlich berichtet. Das war ein irrsinniger Aufwand für Gert.

Nun wozu braucht es diese Rauschunterdrückungseinheiten? Wenn ein Masterband mit – sagen wir – einem Dolby A Kompander aufgezeichnet wurde, so wird eine Zwischenkopie 1:1 vorgenommen, also ohne Dolby-A-Expansion. Erst beim letzten Schritt, unmittelbar vor dem Plattenschnitt oder eben beim Abhören des Bandes, wird der Expander eingesetzt. Für diesen Zweck habe ich diese beiden Expander zur Verfügung.

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Dolby-Spielbetrieb (hier Dolby A), in die Ausgänge rechts sind die Anschlüsse für den Vorverstärker G-HA 1 gesteckt.
Dekoder Dolby A / Dolby SR oder Telcom c4.
  • Dolby 363, 2 Kanäle, Cat No. 300 Karten zur Kodierung / Dekodierung von Dolby A oder Dolby SR
  • Telcom c4 2x Einschubkarten - ANT Telcom mit C4 Eurokarten Typ C4 E F2
Bei eigenen Analog-Aufnahmen – die ich davon abgesehen ja nicht mit der Wiedergabemaschine sondern mit meiner separaten M15A Aufnahmemaschine mache, verwende ich kein Rauschunterdrückungssystem. Ich bin zwar empfindlich, was Feindynamik, Räumlichkeit, Transientenwiedergabe etc. betrifft, aber das Rauschen stört mich bei der M15A überhaupt nicht. Und da der Rauschunterdrückungs-Kompander ein unglaublich heftiger Eingriff in die an sonsten hervoragende Signalqualität darstellt, verzichte ich gerne darauf. Wenn aber halt bei der Aufnahme ein Rauschunterdrückungs-Kompander eingesetzt wurde, so muss ich eben bei der Wiedergabe einen Expander betreiben, sonst kann ich mit dieser Aufnahme nichts anfangen.

Um den Bezugspegel der Maschine zu überprüfen, den Azimut nachzustellen, Dolby A auf den korrekten Pegel einzustellen und natürlich für die richtige Aussteuerung bei der Aufnahme, verwende ich moderne Technik, das – wie Fujak es mal genannt hat – Schweizer Taschenmesser für den Audio-Fan: ein RME Fireface UC.

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Pegelkontrolle mit Hilfe eines Fireface UC. Pegelanzeige durch PPMulator3 (Anzeige nach DIN 45406, Integrationszeit 10ms / 90%, Relaxationszeit 1,8s für 24dB) und RME DIGICheck Goniometer. Hier am Beispiel der Bezugspegeleinstellung für Dolby A auf 320 nWb/m

Um bequem hin- und her"schalten" zu können, habe ich mir ein kleines Steckfeld gebaut. Verkabelt und verlötet mit meinen eigenen Kabeln. Bei diesen Studiogeräten mit erdfrei symmetrischen Schnittstellen habe mit der Konfiguration braunC --> orangeC sehr gute Erfahrungen gemacht. Das Steckfeld selbst schadet dem Klang erstaunlicherweise nicht hörbar, so dass ich es – zumindest zum Abhören – gerne verwende.

Bei der Tonbandwiedergabe hat es sich übrigens bewährt, den massiven Grounding-Bügel der M15A zu öffnen und die Gehäusemasse parallel zu den Signalkabeln von der Bandmaschine zum Vorverstärker zu ziehen. Hierzu dient mir ein zweckentfremdeter Klinkenstecker.

Etwas Anderes ist es, wenn ich ein Band digitalisieren möchte. In einem solchen Fall verbinde ich die Komponenten so direkt wie möglich. Für diesen Zweck habe ich auch für meinen ADC ein Plätzchen vorgesehen in dem großen faradayschen Käfig unten auf einer massiven Schieferplatte.

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Digitalisierungsstation mit arfi-adc2 und arfi-psu auf ein 4cm hohen Schieferplatte

Ach ja, wenn ich rein analog höre, schalte ich das gesamte Digitalnetz (das über optische Verbindung in meinen Hörraum kommt) komplett ab, schalte das Fireface aus und fahre den Computer herunter.

Und wenn sie nicht spielt, die Bandmaschine, decke ich sie ab...

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M15A vor Staub geschützt durch ein einfaches aber schönes Tuch

Viele Grüße
Harald
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