Subtraktionsfilter (Dr. Gert Volk)

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Subtraktionsfilter (Dr. Gert Volk)

Beitrag von Aktives Hören »

Subtraktiv- bzw. Subtraktionsfilter gelten als Königsweg, um die Phasengleicheit an den Schnittstellen zwischen je zwei Lautsprecherchassis sicherzustellen (zur Bedeutung der Phase bzw. einer konstanten Gruppenlaufzeit siehe hier). Gert erläutert nachfolgend den Aufbau und die Funktionsweise des Subtraktionsfilters:
Fortepianus hat geschrieben:Mal als einfaches Beispiel eine Zweiwegweiche. Man nimmt einen Tiefpass, wie man ihn in jeder anderen Weiche auch nehmen würde. Zum Beispiel einen Tiefpass 4. Ordnung nach Linkwitz mit einer Grenzfrequenz von egal was, sagen wir 1 kHz. Dessen Ausgang nennen wir TT (Tieftonkanal) und der hat eine frequenzabhängige Gruppenlaufzeit, wie man das schon immer hatte bei einem Linkwitztiefpass.

Würde man jetzt dieses Tiefton-Signal einfach vom Eingangssignal abziehen, ergäbe das einen Hochtonkanal. Also HT=Eingang-TT. Dann wäre die Summe der beiden Signale, also HT+TT, wieder genau das Eingangssignal. Weil HT+TT=Eingang-TT+TT=Eingang. Diese Summe ist genau identisch zum Eingangssignal, was man ja gerne möchte. Nur leider ist die Steilheit auf dem HT-Kanal auf 6 dB/Okt. begrenzt, egal, wie die TT-Flanke aussieht. Das ist prinzipbedingt leider so, sonst wäre man hier schon fertig. Außerdem gibt es eine erhebliche Überhöhung im HT-Signal bei der Übernahmefrequenz. Man kann sich das anschaulich so vorstellen: HT muss ja im TT-Bereich soviel Signal beisteuern, dass die Frequenzabhängigkeit dessen Gruppenlaufzeit durch die Überlagerung mit dem HT-Signal wieder ausgeglichen wird. Eine solche Weiche ist praktisch nicht zu gebrauchen, weil man ja das Signal vom Chassis unter der Übernahmefrequenz fernhalten will. Weil das Chassis dort verzerrt, keinen Schalldruck bringt oder einfach abraucht.

Eine Subtraktionsweiche nach Lipshitz/Vanderkooy macht nun Folgendes: Bevor vom Eingangs-Signal das TT-Signal abgezogen wird, wird das Eingangssignal verzögert. So heißt das salopp immer. In Wahrheit ist es so, dass es einen Allpass durchläuft, der genau die gleichen Filterparameter besitzt wie der parallel dazu arbeitende Tiefpass. Ein Allpass hat bei allen Frequenzen die Verstärkung 1, ändert also nichts an der Amplitude des Signals. Er dreht nur die Phase. Und zwar, bei gleichen Filterkoeffizienten, exakt gleich, wie der Tiefpass parallel dazu.

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Die Koeffizienten des Filterpolynoms im Nenner der Tiefpass-Übertragungsfunktion sind bestimmend für die Filtercharakteristik. Ein zugehöriger Allpass besitzt genau den gleichen Nenner, aber im Zähler steht anstelle einer 1 beim Tiefpass das konjugiert Komplexe des Nenners. Damit verursacht der Zähler nochmal die gleiche Phasenverschiebung wie der Nenner bei konstanter Verstärkung 1. Dämmert's? Deshalb ist der Linkwitz-Tiefpass 4. Ordnung hier so gut geeignet, weil er eine Hintereinanderschaltung zweier identischer Butterworth-Tiefpässe 2. Ordnung darstellt. Man braucht also lediglich einen Allpass 2. Ordnung mit Butterworthkoeffizienten zur Phasennachbildung des Linkwitz-Tiefpasses, weil er genau die Phasendrehung zweier Butterworth-Tiefpässe macht.
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Das Signal nach dem Allpass nennen wir mal AP. AP und TT sind also exakt in Phase und haben damit auch exakt die gleiche Gruppenlaufzeit. Wenn ich nun zwei Signale voneinander abziehe, die in Phase sind, ist das Ergebnis immer noch genau in Phase mit den beiden. Also ist jetzt HT exakt in Phase mit TT. Hat aber jetzt die Flankensteilheit des Tiefpassfilters, das ist der Witz an der Sache. Das Summensignal hat nun aber eine frequenzabhängige Gruppenlaufzeit, nämlich die des Tiefpasses. HT und TT sind aber exakt phasengleich. Und die Summe der Amplituden von HT und TT ist exakt 1.
Den gesamten Beitrag findet man hier.
Fortepianus hat geschrieben:Übrigens: Ein Subtraktionsfilter, zumindest eines mit mehr als 6 dB Flankensteilheit wie z. B. mit dem Allpasstrick à la Lipshitz/Vanderkooy, dreht durchaus die Phase vom Eingang zum Ausgang. Das macht übrigens sogar ein zeitrichtiges FIR-Filter - denn jede Zeitverzögerung ist auch eine Phasendrehung.
Den gesamten Beitrag findet man hier.

Friedrich Müller fasst die Bedeutung des Subtraktionsfilters wie folgt zusammen:
Friedrich Müller hat geschrieben:Indem das aktive Subtraktivfilter die von verschiedenen Chassis abgestrahlten Frequenzen zeitlich richtig zusammenfügt, ist es gewissermaßen der Apochromat unter den Frequenzweichen.
Den gesamten Beitrag findet man hier.
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