Aufwärmen, Einlaufen, Einspielen ...

Player, Streamer, Wandler, Vorverstärker usw.
shakti
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Beitrag von shakti »

dann hier mal ein Wikipedia Artikel zum Drahtziehen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Draht

und hier ein wikipedia link zu elektrischen Leitern, in dem erwaehnt wird, dass es primaer um die freien Elektronen in der Metallgitterstruktur ankommt:

https://de.wikipedia.org/wiki/Elektrischer_Leiter


hier noch eine wikipedia Definition zum spezifischen Widerstand , der eine Funktion (unter anderem) der kristallinen Gitterfehler ist und somit die mechanische Verspannung der Gitterstruktur mit beruecksichtigt

https://de.wikipedia.org/wiki/Elektrischer_Leiter

Gruss

Juergen
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

free hat geschrieben:Wie stellt man fest ob sich bei solchen Behauptungen das Gerät/Kabel einspielt oder das Gehör das sich an einem bestimmten Klang gewöhnt?
Hallo Frank,
die Antwort ist doch ganz einfach: Man lötet 2 gleichlange Audio Kabelsätze mit gleichem Lötzinn und Steckern, gleicher Laufrichtung, benutzt einen Satz, der andere wird im Stecker nach außen nicht sichtbar markiert und landet für 6 Wochen in der Schublade.
Dann kommt der Moment, wo beide Sätze zum Vergleich antreten.
Das Ergebnis kann man nach gemachter Erfahrung auch besser diskutieren.

Bei Lautsprecherkabeln schließt man beide Sätze mit gleicher Laufrichtung an, kehrt sie um, hört sich die Differenz an und merkt sich die Schwierigkeit, sie wahrzunehmen. Dann lässt man das Kabel in der schlechteren Version 2 Wochen im Tagesbetrieb spielen und wiederholt den Laufrichtungstest. Auch hier hilft eine verdeckte Markierung, die Ergebnisse zuzuordnen. Meine Erfahrung ist, dass das Kabel nach Einspielzeit eine größere Differenz der beiden Laufrichtungen aufzeigt, aber es bleibt bei der Präferenz, was anfangs besser war, ist jetzt noch besser. Damit widerspreche ich der These, dass Kabel durch die erste Benutzung in der Laufrichtung geprägt werden (vorsätzlich wurde in der "schlechteren" Richtung eingespielt).

Auf Ben Duncan und seine Messtechnik zur Kabellaufrichtung habe ich hier hingewiesen. Die meisten Quellen sind wenig ergiebig, da BD ein Honorar sehen will, und offenbar geht die Liebe zur Veröffentlichung bei den meisten nicht so weit wie BDs ausgestreckter Arm bezgl. Honorarforderung reicht.
Aber schon der Hinweis auf einen Unterschied bezüglich hochfrequentes Rauschen zeigt in eine interessante Richtung. Ich kenne Kabel, bei denen bestimmt der Schirm die Laufrichtung mehr als die darunter befindlichen Signal- und Masseleiter (symmetrische AudioLeitung).
Und die erste messtechnische Laufrichtungsunterscheidung bei Kabeln durch Robert Harley (The Absolute Sound um 1990) geschah mit SPDIF-Digitalkabel - welches HF überträgt.
Deshalb glaube ich weniger an Kristallversetzungen beim Guss und Ziehen des Kabels auf die gewünschte Stärke als an die Eigenschaften des Schirms und der umgebenden Isoliermaterialien, die bei der Fertigung auch aufgebracht werden müssen.

Die Beobachtung, dass ein Laufrichtungsunterschied nach der Einspielphase deutlicher erkennbar werden kann, passt auch mit der zu dem Isoliermaterial gehörenden dielektrischen Absorption (DA) zusammen. wer Kabel verstehen will, muss auch DA verstehen.
Wer Einspielvorgänge verstehen will, muss sich mit DA auseinandersetzen, der beste Artikel dazu stammt mMn von Bob Pease unter National Semiconductors, aber auch Wikipedia hat inzwischen einen guten Beitrag.
Da die Batterievorspannung, wie ich sie seit 1993 benutze (Pierre Johannet war schon 1989 dabei), das Isoliermaterial außerhalb des Schirms weniger beeinflusst, weil kein Bezug zum Erdpotential besteht, bleiben auch diese Kabel laufrichtungsabhängig.
Will sagen, um den Nachweis zu erbringen, dass Versetzungen in der Leiter-Kristallstruktur mehr Einfluss auf den Klangeindruck nehmen, muss man viele Hürden nehmen. Und zugleich gibt es Kabel, bei denen ich noch keine Unetrschiede der Laufrichtung heraushören konnte wie beim Apogee WydeEye 1m.

Bei Lautsprecherkabeln kann man Zwillingsleitungen finden, bei denen beide Stränge gegensinnig gewendelt sind. Welchen man für Signal, welchen für Masse verwendet, macht einen Klangunterschied beim Tausch. Das gilt auch für die geflochtenen KimberKabel. Womit das Argument, dass bei Wechselstrom kein Unterschied sein dürfte, durch Praxisbeobachtung ausgehebelt wird und das Augenmerk auf die kapazitiven Bezüge von Signal und Rückleiter (zur geeerdeten Verstärkermasse) gegenüber der Hausmasse (Estrich, Wände) gelent wird und bei Betrachtung der zu erwartenden Feldlinien der üblicherweise auf dem Boden oder an der Wand verlegten Kabel so mancher Unterschied elektrotechnisch erklärbar wird.

Bei Geräten sollte man bedenken, dass Lösungsmittel noch ausgasen können, dass Elektrolytkondensatoren sich erst durch Anlegen der Spannung zur vollen Kapazität formieren, dass 20° Raumtemeratur und innere Betriebstemperatur sich unterscheiden wobei Elkos mit (angemessener) erhöhter Temperatur im Innenwiderstand besser werden.
Und ob der Durchfluss von Wechselströmen auch ansatzweise Entmagnetisieren ferromagnetischer Effekte mit sich bringt, könnte man auch durchdenken. Widerstände haben oft Eisenkappen (Magnettest ist aufschlussreich), Elkos haben oft verzinnten Eisendraht. Verzerrungen durch Induktivität und Hysterese können die Folge sein. Manche Hersteller bieten Audio-Elkos mit Kupferdraht an (ELNA Cerafine).

Dass jede Lötstelle zwischen Kupfer und Eisen auch eine kleine Thermospannung erzeugt, wobei jede Verbindungsstelle auch zugleich eine Rauschquelle darstellt, kommt hinzu.
Und wenn hier eine Ionenmigration im Laufe der Zeit die Metalle aneinander annähert, wäre zu erwarten, dass das Ergebnis sich zumindest nicht verschlechtert. Da ich kein Metallurg bin, deklariere ich den letzten Satz als reine Spekulation, die sich aber mit meinen Beobachtungen gut verträgt.

Aber wer hat schon 2 Neugeräte, die unter gleichen Bedingungen kurz betrieben werden, um sich vom identischen Klangeindruck zu vergewissern, um das eine Gerät im Schrank verschwinden zu lassen, während das andere einspielt. Dann beide kalt starten und vergleichen, nach dem Unterschied das hinzugenommene Gerät ausschalten, das andere warmspielen und auch diesen Unterschied bei beiden mit dem 2. (frisch eingeschalteten) anhören. Bei solchen Vergleichen ist mir wichtig, dass nicht das eine Gerät auf einer Plattform steht, das andere Gerät auf dem Deckblech des ersten betrieben wird oder womöglich nicht ausgephast wurde.
Eine Methode, Unterschiede unhörbar zu machen, ist das Umschalten bei kontinuierlich weiterlaufender Musik. Und am Ende kommt der Zweifel, wenn man nicht auf unter 0,1dB Pegelunterschied abgeglichen hatte.

Kein Zweifel besteht jedoch darin, dass man nach einer gewissen Benutzungsdauer den Neuzustand hinter sich gelassen hat - und zu dem kann man wohl kaum vollständig zurückkehren. Da man zwangsläufig kurz über lang beim eingespielten Zustand enden wird, ist die Einspieldiskussion nur relevant, wenn man neue Geräte im Vergleich zu anderen kurzfristig aussagekräftig beurteilen und bewerten will, z.B., um die Kette durch Gerätewechsel zu verbessern. Wenn es aber im nativen Zustand schon überzeugt, ist eine Verschlechterung durch Spielen vorläufig nicht zu erwarten (das Ende der Lebnsdauer liegt noch fern).
Deshalb brauchen sich die weniger erfahrenen / informierten Forenten sich nicht Glaubenskriege mit Andersgesinnten liefern.
Grüße Hans-Martin

P.S. Dass Lautsprecher sich erst einspielen müssen, um ihre mechanischen Soll-Parameter zu erfüllen, verrät jeder LS-Hersteller.
Ein stundenlang gespielter LS hat auch eine andere Schwingspulentemperatur, ebenso ändern sich die Widerstandswerte, wenn in Passiv-Weichen Widerstände als Abschwächer eingesetzt sind.
Mein Röhrenverstärker spielte nach 4 Stunden so flüssig, dass ich gar nicht mehr abschalten mochte...
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Melomane
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Beitrag von Melomane »

Hm, eigentlich sollte sich der Vergleich zweier Neugeräte relativ kostengünstig bewerkstelligen lassen: Man kaufe zwei Raspberry-Dinger (meinetwegen + angeflanschter DAC-Platine) und los geht es. Und nein - ich mache das nicht. Was soll ich mit 4 rpi's? ;)

Gruß

Jochen
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Jochen,
danach verkaufst du mir das zweite als Gebrauchtgerät...
Ich habe vergessen, die Beobachtung zu erwähnen, dass die meisten Digitalgeräte bei mir dauereingeschaltet sind, weil dieser Vorteil manches aufwiegt, was Endstufen nicht mehr ausgleichen können.
Röhrenendverstärker dauereingeschaltet lassen, ist zwar nicht wie unter der kalten Dusche stehen aber wie Hunderter zerreissen (in Abwandlung eines alten Regattaseglerspruchs, bei dem beides zusammen kommt).
Grüße Hans-Martin
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Melomane
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Beitrag von Melomane »

Hans-Martin hat geschrieben:Ich habe vergessen, die Beobachtung zu erwähnen, dass die meisten Digitalgeräte bei mir dauereingeschaltet sind, weil dieser Vorteil...
Hans-Martin,

mit solchem Tun bist du nicht der Einzigste. ;) Das habe ich schon von verschiedenen Seiten gehört. Ich selber bin allerdings zu geizig, um ebenso zu handeln.
Obwohl - bei rpi's fällt das auch nicht ins Gewicht. Wenn allerdings mein Linn 15 Watt im Standby wegnuckelt, geht mir das gegen den Strich.

Gruß

Jochen
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wgh52
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Beitrag von wgh52 »

Nachdem dieser Thread ja schon "eine gewisse Richtung" einschlägt, weis ich jetzt nicht sicher ob meine Erfahrung (noch :wink: ) hier in passt ...

Ein Freund kaufte vor Jahr und Tag zwei Paar Technics SB-7. Er wollte damals eine Quadroanlage mit Telefunken Receiver aufbauen. Dann hatte er Aufstellungsprobleme und bemerkte auch den kleinen Sweetspot. Darauf wanderte ein Paar in den Keller .... bis es voriges Jahr befreit wurde und mir als Notlautsprechersystem dient. Bei diesen Boxen merkte ich sehr deutlich, wie sich über einige Wochen eine "Wiederbelebung" abspielte. Gemessen habe ich das nicht, glaube aber im Zerfallspektrum wäre das wahrscheinlich über die Zeit ablesbar gewesen - diese Verbesserung von Impulstreue und Durchzeichnung.

Gruß,
Winfried

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Melomane
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Beitrag von Melomane »

Bei Lautsprechern müssen halt die Sicken wieder durchgeknetet werden, das habe ich schon bei einem Paar kleiner Spendors, die auch lange untätig rumstanden, leibhaftig erlebt.


Gruß

Jochen
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Weichmacher in den flexiblen Teilen müssen homogen verteilt sein, Bewegung fördert das - das erklärt doch alles. Aber wenn altersbedingt weg, dann weg, dann ist Ultimo.
Luftfeuchtigkeit und UV-Lichtanteile scheinen das Unerwünschte zu fördern.
Grüße Hans-Martin
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frankl
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Beitrag von frankl »

Hallo Forenten,

für mich gibt es gar keinen Zweifel daran, dass es "Einspieleffekte" bei neuer Elektronik (und auch bei Kabeln) gibt. Meine Äußerung, die Simon im Eingangsbeitrag zitiert hat bezog sich auf den REGEN USB-Regenerator. Davon hatte ich vor ein paar Wochen bereits ein (eingespieltes) Exemplar bei mir getestet und wusste daher, was mich ungefähr erwartet. Ich hatte aber auch damit gerechnet, dass das neue Gerät ganz zu Anfang meine Erwartung nicht erfüllen würde - und so war es auch, erst im Laufe des ersten Tages hat die gewünschte Wirkung erst nach und nach eingesetzt.
Messungen habe ich dazu nicht gemacht, aber das war so deutlich, dass ich Einbildung oder Gewöhnung als Erklärung ausschließe.

Die krassesten Erfahrungen bezüglich Einspielen von Elektronik habe ich mit zwei Verstärkern gemacht. Zum einen mit einem Cyrus 8vs Vollverstärker. Ich hatte ein Vorführgerät bei mir zu Hause getestet und daraufhin einen bestellt. Als ich das Neugerät angeschlossen hatte, war ich entsetzt und habe mich gefragt, wie ich so etwas kaufen konnte, weil da zuerst nur ein Klangbrei aus meinen Lautsprechern kam. Ich war etwas beruhigt, als ich in der Bedienungsanleitung gelesen habe, dass das Gerät erst drei Wochen einspielen müsse, bevor das Hörvergnügen einsetze, und in den Folgemonaten auch noch besser würde. Und genau so war es. Nach ca. drei Wochen setzte innerhalb von wenigen Tagen der Klang ein, den ich aufgrund des Testens erwartet hatte. Ich fragte mich, wie man überhaupt so ein Gerät entwickeln kann, wenn man jeden Prototyp erst nach Wochen beurteilen kann . . .

Noch krasser ging es mir, als der Cyrus Verstärker zur Reparatur musste und ich mir testweise einen Class-D-Verstärker bestellt habe, einen TrendsAudio TA 10.1. In den ersten Tagen änderte der alle paar Stunden seine Klangcharakteristik ganz erheblich, aber auch da wurde mir beim Kauf gesagt, dass das Gerät 2 bis 3 Wochen einspielen müsse. Nach etwa 10 Tagen fehlten im Klang plötzlich mehrere Oktaven im Mittelton fast völlig und ich wollte das Gerät als defekt zurückschicken (das habe ich auch gemessen, das waren Einbrüche im Frequenzgang von bis zu 20dB). Der Verkäufer hat mir (irgendwie überzeugend) versichert, dass ich nicht die Nerven verlieren solle und dem Gerät noch weitere 10 Tage Zeit geben solle, danach würde ich es bestimmt nicht zurück schicken wollen. Tja, er hatte recht. Etwa eine Woche später rastete der Klang der kleinen Kiste regelrecht ein - und ich war begeistert. Das war nun so viel besser als der Klang des etwa neunmal so teuren Cyrus, dass ich den Cyrus nach Rückkehr von der Reparatur verkauft habe.

Nach diesen Erfahrungen ist es für mich selbstverständlich, dass Elektronik einspielen muss. Zum Glück ist es meist nicht so extrem, wie in den beiden geschilderten Beispielen, und nach den ersten Stunden oder wenigen Tagen kann ich auch keine Klangänderungen mehr ausmachen. (Bei den Hypex Endstufen, die ich jetzt nutze, konnte ich fast gar keinen Einspieleffekt ausmachen.)
FoLLgoTT hat geschrieben:Aufwärmen kann ja zumindest technisch relativ einfach nachvollzogen werden, weil gewisse Bauteile erst ab einer bestimmten Temperatur ihre Sollkennlinien erreichen.

Einspielen bei Elektronik halte ich dagegen für einen Mythos. Vielmehr gewöhnt sich der Hörer an einen spezifischen Klang. Und gewöhnter Klang löst im Hirn Glücksgefühle aus. Dementsprechend empfinden wir den Klang nach einer gewissen Zeit als "besser". Dieser Mechanismus funktioniert ja bei Musik (z.B. bei Melodien) genauso.
Diese Sichtweise finde ich merkwürdig. Es gibt ja Leute die Aufwärm- und Einspieleffekte für einen Mythos halten, das ist zumindest konsequent. Doch einerseits anzuerkennen, dass Bauteile ein temperaturabhängiges Verhalten haben, aber andererseits davon auszugehen, dass das Verhalten von Bauteilen ganz am Anfang schon genau so ist, wie nach längerer Benutzung, leuchtet mir nicht ein.

Leider verstehe ich die physikalischen Details elektronischer Bauteile nicht genug, um zu den von Simon eingangs erfragten Erklärungsversuchen etwas beitragen zu können. Solche Erklärungen würden mich aber auch interessieren. Wissen die Elektronik-Experten hier im Forum mehr darüber?

Viele Grüße,
Frank
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FoLLgoTT
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Beitrag von FoLLgoTT »

Hallo Frank,
frankl hat geschrieben:Diese Sichtweise finde ich merkwürdig. Es gibt ja Leute die Aufwärm- und Einspieleffekte für einen Mythos halten, das ist zumindest konsequent. Doch einerseits anzuerkennen, dass Bauteile ein temperaturabhängiges Verhalten haben, aber andererseits davon auszugehen, dass das Verhalten von Bauteilen ganz am Anfang schon genau so ist, wie nach längerer Benutzung, leuchtet mir nicht ein.

Leider verstehe ich die physikalischen Details elektronischer Bauteile nicht genug, um zu den von Simon eingangs erfragten Erklärungsversuchen etwas beitragen zu können. Solche Erklärungen würden mich aber auch interessieren. Wissen die Elektronik-Experten hier im Forum mehr darüber?
Ich habe zwar E-Technik studiert, bin aber bei der Softwareentwicklung gelandet und dementsprechend nie so tief in Hardwarethemen reingekommen. Und im Studium werden viele Grenzeffekte nicht durchgenommen.

Ich nach wie vor extrem skeptisch, was Klangaussagen angeht, die über einen größeren Zeitraum entstanden sind und nicht durch einen Blindtest verifiziert wurden.

Zumindest die Effekte der Erwärmung kann man ja relativ einfach messen (alleine Kupfer verschlechtert seine Leitfähigkeit mit steigender Temperatur drastisch). Und was messbar ist, kann ggf. auch von sehr sensiblen Ohren hörbar sein. Das will ich nicht ausschließen, auch wenn die meisten "Gläubigen" in solchen Blindtests versagen (bzw. meist wollen sie sie gar nicht erst durchführen).

Dass dagegen elektronische Bauteile nach wenigen Wochen ihre Parameter so stark verändert haben sollen, dass das hörbar ist, kann ich nicht glauben. So etwas habe ich noch nie gehört und wäre für die Halbleiterindustrie eine Katastrophe ("Ihr Smartphone stürzt in den ersten Wochen ab und zu ab, das ist ganz normal." :mrgreen: ). Ich weiß zwar, dass sich die Leiterbahnen von hochgetakteten CPUs nach langer Laufzeit ein wenig abnutzen, es findet also ein Verschleiß statt. Der ist aber in der Regel erst bemerkbar, wenn die Kondensatoren schon ihren Geist aufgegeben haben. also weit entfernt von "einigen Wochen Einspielzeit".
Zu euren Aussagen fehlen mir einfach die Messung. Was hörbar ist, muss auch in irgendeiner Form messbar sein. Und selbst wenn es geringe Änderungen in den ersten Wochen geben sollte, heißt das nicht, dass es auch für den Klang relevant ist. Wenn etwas deutlich hörbar ist, dann ist es normalerweise auch problemlos messbar (andersrum gilt das dagegen nicht).

Könnt ihr Belege oder Messungen zu solchen Prozessen liefern? Auch fände ich mehr Informationen zu der angeblich asymmetrischen Impedanz von Kabeln interessant. Wikipedia reicht da nicht. Viele solcher Grenzeffekte haben bis 20 kHz und Kleinsignalen überhaupt keine Bedeutung.

Gruß
Nils
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Nils
höre mal deine Lieblings-CD mit einem Player, der 1 Woche dauereingeschaltet war und gehe in den "Normalbetrieb" mit An/Aus Zyklen über.
Wenn du dann Unterschiede hörst, kannst du das für Einbildung halten. Wenn du keine Unterschiede hörst, kannst du das dem zeitlichen Abstand zuweisen.
Ein eingespielter CD-Player kann sich oft gegen das nächstbessere Modell desselben Herstellers behaupten, wenn letztgenanntes frisch aus dem Karton zum Vergleich herangezogen wird (beide richtig ausgephast).

Man kann eine Entmagnetisierungs-CD durchlaufen lassen und danach feststellen, dass die Höhen feiner aufgelöst und der Raum besser erfahrbar ist. Einbildung, Voodoo, oder Reduktion ferromagnetischer Effekte /Hystere?
Als ETtechniker müsstes du doch die Vorgänge erklären können, statt Grundlagen zu bezweifeln.
Grüße Hans-Martin
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FoLLgoTT
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Beitrag von FoLLgoTT »

Hallo Hans-Martin,
Hans-Martin hat geschrieben:höre mal deine Lieblings-CD mit einem Player, der 1 Woche dauereingeschaltet war und gehe in den "Normalbetrieb" mit An/Aus Zyklen über.
Liegt hier vielleicht einfach ein Missverständnis vor?

Ich bin natürlich bei den "3 Wochen Einspielzeit" nicht davon ausgegangen, dass das Gerät permanent eingeschaltet ist, sondern jeden Tag erneut ein- und ausgeschaltet wird. So reden wir ja wieder über die normalen Erwärmungseffekte und nicht über eine permanente Veränderung der Bauteile durch bloßes Benutzen.
Als ETtechniker müsstes du doch die Vorgänge erklären können, statt Grundlagen zu bezweifeln.
Welche Grundlagen? Dass ein Kabel eine (hörbar!) asymmetrische Impedanz haben soll? Oder dass sich elektronische Bauteile innerhalb von wenigen Tagen stark verändern?

Das sind keine Grundlagen (an die erinnere ich mich noch gut). Im Moment halte ich das noch nicht einmal für erwiesen. ;)

Gruß
Nils
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Daihedz
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Beitrag von Daihedz »

Eine der Schwierigkeit bei der aktuellen Diskussion liegt im Umstand, dass wir uns sowohl in der Empirie unserer individuellen Eindrücke befinden, als auch mit der exakten Wissenschaft der Physik zu tun haben. Wir beobachten, stellen fest und suchen sodann nach Erklärungen, welche möglicherweise zunächst falsch und irreführend sind, möglicherweise fast richtig liegen, möglicherweise nur partiell erklärend und möglicherweise doch wieder nicht. Die Ungewissheit soll uns doch nicht daran hindern, möglichst unvoreingenommen weiter zu suchen... Und all jene, welche etwas feststellen, was nicht sofort erklärbar ist, dürfen zunächst ruhig einmal ernst genommen werden.

Alle jene z.B., welche vor zu Beginn des CD-Zeitalters Digital nicht mochten und stattdessen verbissen und belächelt das Vinyl bevorzugten und weiter pflegten, haben zwischenzeitlich dank heute besseren Wissens Recht erhalten: Erst seit einigen Jahren verstehen wir etwas besser, dass z.B. Jitter dem Signal bei den Wandlungen arg zusetzen kann. Und dass eine störungsarme Stromversorgung wichtig ist. Und ich gehe mal davon aus, dass wir damit noch nicht alles in Wissen aufgelöst haben. Jede Hypothese dazu ist willkommen, muss jedoch mit Vorsicht gehandhabt werden. Vielleicht wäre eine Einteilung all unserer Ideen, Hypothesen und unseres Wissens in einem Raster nach "Härtegraden" sinnvoll, von "Bieridee" bis "Gesichertes Wissen".

Dazu sei anzumerken, dass die Geschichte der Menschheit gepflastert ist von historisch "gesichtertem Wissen", das sich in der Folge als, nett ausgedrückt, kollektiver Irrtum herausgestellt hat. Deshalb lasst uns doch munter weiterforschen und sinnieren über das, was uns wohl auffällt, zunächst nicht so recht in den Kram passen will. Danke in diesem Sinne all jenen, welche bis anhin mitgedacht haben.

Simon
Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Es gibt kaum einen Grund die Einspielphase überzubewerten, da sie vorübergeht und nur eine Episode in der langen Zeit der Bestimmungsgemäßen Verwendung bleibt. Sie wird dann bedeutungslos. So gesehne macht es keinen Sinn, darüber Streitgespräche anzuzetteln.
Dennoch gibt es eine Vielfalt von gesicherten Erkenntnissen, die zum Verständnis hilfreich sind, und erfolgreiche

Pragmatiker kennen sie.

Es gibt spezielle Öfen, in denen Bauteile getempert werden, damit sie bereits beim Einbau stabile Werte haben, die sie im Betrieb behalten sollen.

Eigenschaften von Elektrolytkondensatoren sind hier in diesem Paper von Nichicon (S.3 u. 7). mit Temperaturabhängigkeit der Parameter und Teil 2 S. 10 mit dem Reforming nach Lagerung
Nachfolgendes gilt für Lagerung über einen Zeitraum von genannten 2 Jahren oder länger:
Nichicon hat geschrieben:The treatment for an individual capacitor is accomplished by charging up to its rated voltage through a resistance of about 1 kΩ and applying the voltage for approximately 30 minutes.
When a capacitor is already built into an appliance, the appliance must undergo aging. In this case, it is recommended that the input voltage be raised gradually with a voltage regulator to the rated input voltage of the appliance.
Immer wieder wird in Diskussionen auf eine vereinfachte Modellvorstellung zurückgegriffen, bei der die Bauteile auf ihre idealisierten Eigenschaften reduziert werden.
Aber in der Praxis haben Kondensatoren induktive Komponenten, Spulen kapazitive, Widerstände haben oft ferromagnetische Nebeneffekte mit Hysterese und unterschiedlicher Verzögerung in Frequenzabhängigkeit, womöglich auch Mikrofonie, wie sie auch bei Elkos bekannt ist (Druckänderungen gehen in die Kapazität mit ein).

Dass der Klang der Kette unterschiedlich sein kann, abhängig davon, an welchem Ende der quasisymmetriscen Audiokabel der Schirm auf Signalmasse gelegt wurde, ist auch bekannt.
Ich bezweifle, dass es das Kabel interessiert, ob irgendwer solche Zusammenhänge versteht.
Grüße Hans-Martin

P.S.
in der 2. Hälfte der 1980er Jahre habe ich auf einer Berliner Funkausstellung die Frage nach dem unterschiedlichen Verhalten beim Netzsteckerdrehen bei verschiedenen Herstellern aufgeworfen.
Ich wurde an einem Stand zum leitenden Ingenieur verwiesen, der mir sinngemäß sagte: Ich kenne das Gerät genau, ich habe es schließlich konstruiert. Als ich anhand eines Digitalvoltmeters den üblichen Unterschied gegenüber Schutzerde messtechnisch nachwies, antwortete er darauf, das könne man nicht hören.
So viel zum Thema "genau" :cheers:
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FoLLgoTT
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Beitrag von FoLLgoTT »

Hallo,
Anscheinend sind objektive Daten zu viel verlangt. Daher reite ich auch nicht weiter darauf herum. Es reicht nicht, mögliche Erklärungen für eine Wahrnehmung zusammenzusuchen. Es muss auch belegt werden, dass diese Erklärung mit dem Gehörten korreliert und genau das sehe ich hier, wie so oft, nicht. Also ist die Diskussion für mich fruchtlos.

Und nicht falsch verstehen: ich habe schon diverse Dinge herausgefunden bzw. umgesetzt, die andere für unmöglich hielten. Ich bin also prinzipiell auch für offensichtlich abwegige Erklärungen offen. Aber ohne genaue Untersuchungen bleiben das alles eben nur Thesen. Und ich kann nicht alle Thesen glauben. ;)

Also viel Spaß noch bei dem Thema. Ich bin raus.

Gruß
Nils
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