Abacus A-Box 5 vs. Neumann KH 120 A

Rudolf
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Abacus A-Box 5 vs. Neumann KH 120 A

Beitrag von Rudolf »

Liebe Freunde,

bei mir tut sich wieder etwas. Schon seit langem spiele ich mit dem Gedanken, meine hochgeschätzte Abacus V-Box 5 mit einem amtlichen Studiomonitor zu vergleichen. Da ich aber keiner bin, der sich einfach mal einen Lautsprecher ohne echte Kaufabsicht zuschicken lässt, habe ich abgewartet, bis meine Wunschkandidaten zu einem vertretbaren Preis erhältlich sind, so dass eine realistische Möglichkeit besteht, dass ich sie anschließend auch behalten werde.

Es sind dies die Neumann KH 120 A. Ich wollte sie aber unbedingt in weiß haben und in dieser Ausführung sind Schnäppchenangebote rar. Jetzt war endlich ein weißer Versandrückläufer günstig bei Thomann zu haben und so habe ich beherzt zugeschlagen!

Seit heute nun läuft der Vergleichskampf und ich will euch gerne daran teilhaben lassen. Zuerst stelle ich euch die Kandidaten noch einmal vor:

Der Platzhirsch: Abacus A-Box 5 (als V-Version)

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● Bestückung: 5”-Tiefmitteltöner + 1”-Hochtöner
● Frequenzgang: 16...200 bis 20.000 Hz
● Ausgangsleistung: 50 W
● DSP- und mikrokontrollergesteuert
● Line-Eingang über Cinch
● Symmetrischer Eingang über XLR oder 6,3 mm Klinke
● Überlastschutz (Programmlimiter)
● Übertemperatursicherung
● Subsonic-Filter
● Einschaltautomatik (reagiert auf Signal, nicht auf Netzimpulse)
● Lautstärke stufenlos regelbar
● Bass Roll-off stufenlos regelbar 16-200 Hz
● Abmessungen (H x B x T): 300 × 170 × 170 mm
● Gewicht: 5,25 kg
● Preis: 990,00 €

Der Herausforderer: Neumann KH 120 A

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● Bestückung: 5,25” Tieftöner + 1” Hochtöner
● Frequenzgang: 52 bis 21.000 Hz (+/- 3 dB)
● max. SPL: 112,2 dB
● Ausgangsleistung: 50 W Woofer und 50 W Tweeter
● 4-stufiger Akustikregler für Bass, Low-Mid und Treble
● elektronische Peak-/Thermo-Limiter-Schutzschaltung getrennt für Woofer und Tweeter
● Eingangs-/Ausgangs-Pegelregler
● Eingang: symmetrisch XLR, magnetisch geschirmt
● Abmessungen (H x B x T): 277 x 182 x 220 mm
● Gewicht: 6,2 kg
● Straßenpreis: 1.300,00 €

Vorab sei auf einige Unterschiede zwischen den beiden Boxen hingewiesen, die es bei einer abschließenden Beurteilung einzubeziehen gilt:

● Bei der V-Box 5 handelt es sich um eine von unserem Forumsdesigner Vittorio optisch veredelte A-Box 5 des ersten Typs. Die aktuelle A-Box 5 besitzt einen anderen Tief-/Mitteltöner und ist zusätzlich in einer (teureren) AMT-Version erhältlich.
● Die KH 120 hat ein um ca. 20% größeres Gehäusevolumen (von mir geschätzt).
● Die KH 120 ist teurer und müsste vom Preis her eigentlich mit einer Abacus A-Box 10 verglichen werden (Preis: 1.190,00 €); diese wiederum hat ein um ca. 40 % größeres Volumen als die KH 120 und wäre mir zu groß als Desktop-Lautsprecher.
● Mein Test bezieht sich ausschließlich auf die Verwendung als Desktop-Lautsprecher; bei größeren Hörabständen fließen sicherlich noch andere Kriterien mit ein.

Die Aufstellung der beiden Kandidaten erfolgt links und rechts von meinem Bildschirm in einem gleichschenkligen Dreieck mit einer Kantenlänge von ca. 0,7 m. Die V-Box besitzt einen Sockel, der den Hochtöner genau auf meine Ohren abstrahlen lässt (auf dem Bild nicht so gut erkennen, ist aber so). Für die KH 120 habe ich einen solchen schräggestellten Sockel nicht. Mit Hilfe von Diamagazinen habe ich sie daher "auf Ohrniveau" gebracht. Bei beiden Aufstellungsvarianten sind die Reflektionen von der Schreibtischplatte zu vernachlässigen, wie ich durch Vor- und Zurückneigen feststellen konnte.

Die Boxen haben hinter sich einen Wandabstand von ca. 2 m und auch hinter mir ist ein Freiraum von ca. 1 m. Der Raum hat eine Grundfläche von ca. 18 m² und ist allseitig mit einer Wärmedämmung aus Heraklit versehen. Die Akustik ist dadurch (subjektiv) sehr angenehm.

Zuspieler ist ein Mytek Stereo192-DSD DAC, der von meinem Notebook per USB versorgt wird. Abspielsoftware ist Foobar2000. Die Ansteuerung der Boxen erfolgt über symmetrische XLR-Kabel.

Soviel zu den Rahmenbedingungen. Morgen werde ich etwas zu meinen ersten Eindrücken schreiben, die ich im Laufe der kommenden Woche vertiefen möchte.

Bis dann, viele Grüße
Rudolf
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slarti05
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Beitrag von slarti05 »

Hallo Rudolf,

spannender Vergleich - bin schon gespannt, wie es weitergeht.

Kurze Frage - hattest Du nicht früher mal einen A-Bass dabei?

Und setzt Du noch Acourate ein? Vielleicht wäre es ja auch ein gute Idee, einen Vergleich mit/ohne Einmessung beider LS zu machen, um Aufstellung und Raum mehr auszublenden. In dem Zusammenhang - wenn Du hier mal den Frequenzgang der C2 mit/ohne Tischplatte vergleichst (auf dem C2-Ständer), kann ich kaum glauben, dass die Tischreflektionen keinen hörbaren Einfuss haben - und dann reagieren die Probanden ja vermutlich auch noch anders durch das Waveguide der K+H.

Viele Grüsse
Ralf
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Rudolf
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Beitrag von Rudolf »

Hallo Ralf,
slarti05 hat geschrieben:Kurze Frage - hattest Du nicht früher mal einen A-Bass dabei?
Vom A-Bass 12 hatte ich mich bereits vor einiger Zeit getrennt, weil er für die Desktop-Anwendung nicht notwendig war. Natürlich konnte man mit ihm die A-Box 5 im Tiefton entlasten und damit pegelfester machen, aber da ich am Schreibtisch so laut nur selten höre, empfand ich den Subwoofer als überflüssig.
Und setzt Du noch Acourate ein?
Acourate hat mir bei der Anbindung des A-Bass sehr geholfen. Im Alleinbetrieb jedoch benötige ich Acourate nicht. Dazu ist der Direktschallanteil ausreichend hoch und die Raumanregung ausreichend gering.
... kann ich kaum glauben, dass die Tischreflektionen keinen hörbaren Einfuss haben ...
Mag sein, dass es da einen messbaren Unterschied gibt, aber gehörmäßig kann ich bei diversen Neigungen bzw. Aufstellungshöhen keinen Unterschied ausmachen.
... und dann reagieren die Probanden ja vermutlich auch noch anders durch das Waveguide der K+H.
Mag sein, aber soviel sei schon mal verraten: Das Fehlen eines Waveguides gereicht der A-Box 5 - zumindest bei der Anwendung als Desktop-Lautsprecher - nicht wirklich zum Nachteil.

Ich habe nun auch nicht unbedingt den Ehrgeiz, einen ultimativ objektiven Test durchzuführen, sondern will eher meine Herangehensweise und meine subjektiven Eindrücke schildern. Diese mag dann jeder für sich "filtern".

Viele Grüße
Rudolf
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Rudolf,

bei meinem Schreibtisch auf 75 cm Höhe und angemessenem Drehstuhl komme ich bei aufrechtem Sitz auf fast 1,30m Ohrhöhe. Bei 2,40-2,50m Wohnraumhöhe ist das Ohr etwa auf halber Raumhöhe, was die erste vertikale Mode auslöscht. Die bei einem kleinen Tieftöner anzunehmende Höhe über dem Boden beträgt dort etwa 85cm, zur Decke etwa den doppelten Abstand wie zum Boden, was ebenfalls die Moden neutralisiert. Mit einem 75cm tiefen Schreibtisch vor der Wand sitzt man dann auf ca. 1,05m Wandabstand vor einem quasi konischen Horn, sofern der LS vor der Wand auf der Schreibtischplatte steht.

Da kann man sich schon vorstellen, dass ein Subwoofer am Boden nur wenige Vorteile neben den unvermeidbaren Nachteilen einbringt. Sinnvoll könnte dann eine Platzierung des Subs weiter in den Raum hinein sein, was grundsätzlich ein Hindernis darstellt, zunächst auch abwegig erscheint, und deshalb wohl eher selten probiert wird, obwohl es sehr gute Ergebnisse bringen kann.

Grüße Hans-Martin
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Rudolf
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Erste Eindrücke

Beitrag von Rudolf »

Hallo zusammen,

ich melde mich mit meinen ersten Eindrücken zurück.

Logisch, dass ich mich zunächst einmal länger in die KH 120 eingehört habe und nicht dauernd hin- und gewechselt bin. Spontan dachte ich, wow, so sehr unterscheidet sich die A-Box 5 gar nicht von einem Studiomonitor! Die Tonalität ist schon sehr ähnlich, vor allem wenn ich die Ortsfilter der KH 120 für Bass- und Mitteltonbereich um 2,5 bzw. 1,5 dB absenke.

Was schon eher auffällt, ist das unterschiedliche "max. Drehmoment" sprich die optimale Abhörlautstärke der beiden Lautsprecher. Während die A-Box 5 bereits bei vergleichsweise geringen Lautstärken ein sehr schönes plastisches Klangbild liefert, muss man die KH 120 dazu weiter aufdrehen. Dann wird man allerdings mit einer extrem transparenten Darstellung belohnt. Umgekehrt verliert die A-Box 5 bei höheren Lautstärken etwas den Überblick.

Die KH 120 erinnert mich an die Wiedergabe auf einem Live-Konzert mit einer guten PA-Anlage. Sie macht einen großen Raum auf. Insgesamt wirkt die KH 120 also erwachsener. Die A-Box 5 wiederum scheint mir etwas präziser auf den Punkt zu spielen.

Ich werde versuchen, meine Eindrücke im Laufe der Woche an konkreten Musikbeispielen festzumachen. Tatsache ist aber auf jeden Fall schon mal, dass die KH 120 einen tollen ersten Auftritt hingelegt haben! Auch längeres Zuhören, selbst bei höheren Lautstärken, ermüdet nicht.

Viele Grüße
Rudolf
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detlevR
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Beitrag von detlevR »

Hallo Rudolf,

das ist ein interessanter Vergleich. Bin mal auf die Eindrücke gespannt. Dein Setup ist ja fast identisch mit meinem. Sind die 70cm Abstand der Lautsprecher Mitte - Mitte gemessen?

Gruß
Detlev
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Rudolf
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Beitrag von Rudolf »

Hallo Detlev,
detlevR hat geschrieben:Sind die 70cm Abstand der Lautsprecher Mitte - Mitte gemessen?
es sind genau 73 cm. Ich sitze allerdings nicht so still, dass es stets auch genau 73 cm zu meinen Ohren hin sind. Aber so ungefähr. :wink:

Viele Grüße
Rudolf
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heifisch
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Beitrag von heifisch »

Hallo Rudolf,

Ich benutze auch die KH 120. In der Bedienungsanleitung ist das akustische Zentrum definiert. Es war bei mir wichtig dieses Zentrum auf Ohrhöhe zu bringen. Ich habe meine neu gekauft und es war eine deutliche Einspielzeit vorhanden. Zu Anfang spielte sie schön Und jeden Tag hatte sie den Fokus auf einem anderen Frequenzbereich liegen. Nach einiger Zeit spielte sie jeden Tag gleich. Sie war dann eingespielt.
Viel Spaß bei Deinen Vergleichen.

Heiner
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Rudolf
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Beitrag von Rudolf »

Hallo Heiner,

durch meine "Untersetzer" spielen die KH 120 exakt auf Ohrhöhe. Hinsichtlich des Einspielens verweist Neumann in seinen FAQs ausschließlich auf psychoakustisch Effekte:
Georg Neumann hat geschrieben:Psychoakustik – Das menschliche Hörgedächtnis ist SEHR kurz und beträgt weniger als fünf Sekunden. Diese Tatsache ist in wissenschaftlichen Kreisen wohl bekannt. Man führt also kontrollierte ABX Hörtests mit schnellen Schaltanlagen durch, um zu vermeiden, dass der Hörer das gerade Gehörte vergisst. Beim sogenannten „Einfahren“ von Lautsprechern hört sich der Nutzer den Lautsprecher eine gewisse Zeit an, lässt den Lautsprecher über einen langen Zeitraum (z. B. 24 Stunden oder sogar bis zu einer Woche) „einfahren“ und hört sich dann erneut den Lautsprecher an. Bei diesem Verfahren wird der Hörer wahrscheinlich einen Unterschied wahrnehmen.
[...]
Das “Einfahren” von Lautsprechern gehört der Vergangeheit an, in der schlecht konstruierte Passivsysteme weit verbreitet waren. Heute verfügen wir über gut konstruierte aktive Lösungen, die man sofort nach dem Auspacken vollwertig einsetzen kann.
Quelle: http://www.neumann-kh-line.com/neumann- ... al-answers

Auch ich habe keine Veränderungen wahrnehmen können. Aber es handelt sich bei meinen Exemplaren aber um Versandrückläufer, die evtl. schon eine längere Einspielzeit hinter sich haben.

Viele Grüße
Rudolf
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heifisch
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Beitrag von heifisch »

Hallo Rudolf,

sicher sind Deine KH 120 schon eingespielt, da gebraucht. Wenn Neumann schreibt, dass es keine Einspieleffekte gibt, habe ich mich wohl verhört. :D

Aber Du scheinst ja die von Neumann gebotenen Informationen mit Sorgfalt gelesen zu haben. Daraus schließe ich, daß Du nicht den Hochtöner auf Ohrhöhe hast, sondern das akustische Zentrum. Es ging nur aus Deinem Text nicht deutlich hervor. Ich könnte allerdings darauf wetten, daß auch die Abacus ein akustisches Zentrum haben, welches nicht der Hochtöner ist. Allerdings kenne ich deren Bedienungsanleitung nicht. Sorry wenn Du meinen Betrag als Besserwisserei bewertest hast. So war es nicht gemeint.

Viel Spaß beim Vergleich.

Heiner
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Frederik
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Beitrag von Frederik »

Hallo Zusammen,

Ich habe bei meinen KH 120 A auch kein Einspielen der Lautsprecher bemerkt. Wohl aber das ich mich an die Lautsprecher gewöhnt habe. (Das ging relativ schnell.)

Allerdings, wenn ich mal längere Zeit Musik mit anderen Lautsprechern höre und dann wieder auf die KH 120 A wechsel, klingt sie etwas "uneingespielt". :lol:

Ich würde das Phänomen also auch eher auf psychoakustische Effekte schieben.

Grüße,
Frederik
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Rudolf
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Verarbeitung und Bedienung

Beitrag von Rudolf »

Hallo Heiner,
heifisch hat geschrieben:Sorry wenn Du meinen Betrag als Besserwisserei bewertest hast. So war es nicht gemeint.
No sweat, das hatte ich auch nicht so empfunden. :cheers:

Zwischendurch mal was zur Verarbeitungsqualität bzw. Bedienbarkeit.

Hier geht ein dickes Lob an Neumann. Die KH 120 verfügt über ein wertiges Aludruckgussgehäuse, das satt in den Händen liegt. Sehr elegant finde ich den Anschluss der notwendigen Kabel gelöst: die Buchsen zeigen nach unten, so dass die Kabel glatt an der Rückseite herunterlaufen. So sehen die Monitore auch von hinten aufgeräumt aus. Kein ganz unwichtiger Aspekt, wenn der Schreibtisch - so wie bei mir - frei im Raum steht und die Lautsprecher dadurch von hinten sichtbar sind. Die Lautsprechergitter schützen die beiden Chassis zuverlässig vor unliebsamen Kontakten. Hier kann bei dem Preis nichts besser machen, finde ich.

Die Ortsfilter für Hoch-, Mittel und Tiefton lassen sich angenehm ergonomisch verstellen, indem man über die Box nach hinten langt und die gut rastenden Schalter nach oben bzw. unten verschiebt. Auch der rückwärtig angebrachte Netzschalter ist von vorne gut zugänglich.

Meine A-Box 5 stammt noch aus der allerersten Serie (Serien-Nr. 3 + 4), so dass deren Verarbeitungsqualität nicht unbedingt als Maßstab dienen sollte. Die aktuellen Boxen von Abacus haben einen höheren Standard. Da ich bei meiner A-Box 5 ohnehin keine Ortsfilter verstellen kann, reicht mir der ebenfalls sehr gut von vorne zu erreichende Netzschalter.

Viele Grüße
Rudolf
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Rudolf
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Basswiedergabe

Beitrag von Rudolf »

Räumlichkeit und Basswiedergabe sind für mich eng miteinander verbunden. Der Bass schafft ein Fundament, auf dessen Grundlage wir uns - zusammen mit dem Nachhall - ein Bild von der Größe des virtuellen Raumes machen. Je größer dieser Raum, desto besser bzw. angenehmer empfinden wir in der Regel die Musikwiedergabe. Auch die Lautstärke hat hierbei einen Einfluss, denn niemand verbindet einen großen Raum mit einer geringen Lautstärke bzw. umgekehrt.

Nun ist es in aller Regel so, dass elektronische bzw. elektronisch verstärkte Musik oftmals überhaupt keinen realen Raum abbildet, sondern es der Produzent und Toningenieur sind, die durch Beimischung von Hallanteilen bzw. anderen Spielereien einen künstlichen Raum erschaffen. Anders bei Liveaufnahmen bzw. Aufnahmen mit akustischen Instrumenten. Insofern eignen sich letztere besser zur Beurteilung eines Lautsprechers.

Angestoßen durch den parallelen Trifon Thread und die dort zitierte Feststellung des Testers von Fairaudio, dass sich die Basswiedergabe der Trifons vom "üblichen Erfahrungskanon von HiFi-Fans" maßgeblich abhebt, möchte ich hierzu auch an dieser Stelle ein paar Worte verlieren. Es ist meine persönliche Überzeugung, dass viele Lautsprecher schon deshalb als angenehm empfunden werden, weil sie einen großen Raum machen. "Machen" deshalb, weil sie aus einer Mücke einen Elefanten machen und/oder die Basswiedergabe durch Nachschwingen verlängern. Wohlgemerkt ohne dass diese Information in dieser Ausprägung als Signal vorliegt. Kommt nun ein Lautsprecher daher, der dem Signal nichts hinzufügt, wird er oftmals als bassarm mit der Folge verminderter Räumlichkeit empfunden!

Ich gebe gerne zu, dass auch ich einen sattes Bassfundament als angenehm empfinde. Ohne Bass keine moderne Musik. Der Großmeister des "Generalbass", Johann Sebastian Bach, schrieb hierzu:
J.S. Bach hat geschrieben:Der General Bass ist das vollkommste Fundament der Music welcher mit beyden Händen gespielet wird dergestalt das die lincke Hand die vorgeschriebene Noten spielet die rechte aber Con- und Dissonantien darzu greifft damit dieses eine wolklingende Harmonie gebe zur Ehre Gottes und zulässiger Ergötzung des Gemüths und soll wie aller Music, also auch des General-Basses Finis und End-Ursache anders nicht, als nur zu Gottes Ehre und Recreation des Gemüths seyn. Wo dieses nicht in Acht genommen wird, da ists keine eigentliche Music, sondern ein teuflisch Geplerr und Geleyer.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Generalbass

Wir mögen sie (den Bass und den Bach) einfach! :D

Aber wir suchen hier ja nicht nach den schönsten Klängen - diese Aufgabe überlassen wir getrost den Musikschaffenden - sondern nach der ehrlichsten Wiedergabe.

Was hat das alles nun mit der A-Box 5 und der KH 120 zu tun? Einiges, wie ich meine, weil es tatsächlich so ist, dass die Neumann trotz des geringeren Tiefgangs eine größere Bühne darstellt. Allerdings erst ab einer höheren Lautstärke. Ich will es mal so ausdrücken: die A-Box-5 zeichnet ein holographisches, auch nach hinten reichendes Bild vergleichsweise geringer Breite, die KH 120 dagegen zieht eine weite Bühne auf, auf der sich die einzelnen Akteure sehr gut verorten lassen. Die Phantommitte ist ebenfalls superb.

Anspieltipps: J.S. Bachs "Toccata und Fuge d-moll BWV 565", wunderbar interpretiert von Simon Preston oder "Rameau à la turque" von Musica Sequenza mit dem türkischen Fagottisten Burak Özdemir (vergesst bitte die letzte Rezension bei Amazon, der Mann weiß einfach nicht was gut ist):

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Nun zum zweiten Punkt, der Bassqualität.

Audiophile lieben ganz besonders den tiefen und gleichzeitig konturierten Bass. Sehr schön zu hören z.B. bei Renaud Garcia-Fons, dem Meister am Kontrabass, mit seiner Komposition "Ghazali" auf der CD "Oriental Bass" oder bei Jacques Loussiers Interpretation des Vivace von J.S. Bachs "Konzert c-moll für zwei Cembali BWV 1062":

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Hier punktet die A-Box 5, sowohl im Tiefgang als auch in der Kontur (die meines Erachtens mit dem bereits oben angesprochenen Nicht-Nachschwingen zu tun hat, aber das bleibt meine subjektive Spekulation). Die KH 120 führt den Bass zwar ebenfalls an einer straffen Leine, nur eben nicht ganz so straff und tief.

Bezüglich der Basswiedergabe ein abschließendes Fazit zu ziehen, fällt mir offen gestanden schwer. Ich will es mal so versuchen auf den Punkt zu bringen: die Neumann schafft mit ihrer Bassquantität eine beeindruckende Breite, die Abacus mit ihrer Bassqualität dagegen die größere Tiefe. Ich bin nach wie vor beeindruckt von der Natürlichkeit und Präzision der Abacus, aber andererseits macht es mir die große Bühne der Neumann in Verbindung mit der höheren Maximallautstärke leichter, z.B. die einzelnen Instrumente eines Orchesters auszuloten. Einen Tod muss man als Lautsprecherdesigner - bei gegebener Membranfläche bzw. Gehäusegröße - anscheinend sterben und entweder auf Bassquantität oder auf Bassqualität verzichten. (Da hilft übrigens auch der Roll-off Regler meiner A-Box 5 nicht viel: bei einer Erhöhung der unteren Grenzfrequenz ändern sich Bassquantität bzw. Maximallautstärke nur unmerklich.)

Wie schreibt unser verehrter Peter [musikgeniesser]: Möge es nützen!

Viele Grüße
Rudolf
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Rudolf
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Stimmenwiedergabe

Beitrag von Rudolf »

Das uns am besten vertraute Instrument ist immer noch die menschliche Stimme. Sie erlaubt uns eine gute Beurteilung der Mittel- und Hochtonwiedergabe.

Hier fällt mein Urteil relativ eindeutig aus: Während die A-Box 5 Stimmen mit einer Tendenz ins Helle wiedergibt und zusätzlich mit einem zarten "Schmelz" versieht, werden Männerstimmen mit der KH 120 dunkler und mit mehr "Body" wiedergegeben. Das mag/wird daran liegen, dass die Neumann den unteren Mitteltonbereich etwas mehr ausfüllt. Frauenstimmen klingen dagegen ähnlich, wobei die Neumann den Hochtonbereich weiter ausdifferenziert und sich zudem als sehr pegelfest erweist.

Bei den Männerstimmen habe ich folgende Aufnahmen gehört: Johnny Cash mit "Further On Up The Road" von "American V", Mark Murphy mit "Jump For Joy" von "Midnight Mood" und natürlich den Bariton meines verehrten Gil Scott-Heron mit "On Coming From A Broken Home" von "I'm New Here":

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Bei den Damen durften antreten: Joss Stone mit "The Chokin' Kind" von "Soul Sessions" und Nuria Rials glasklarer Sopran mit "Mich tröstet die Hoffnung" von "Telemann":

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Viele Grüße
Rudolf
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detlevR
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Beitrag von detlevR »

Hallo Rudolf,

toller Bericht :cheers:

Gruß
Detlev
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