Sensorregelung: Verfahren, Messung und Hörbarkeit

phase_accurate
Aktiver Hörer
Beiträge: 803
Registriert: 06.05.2008, 16:47
Wohnort: Bern

Beitrag von phase_accurate »

Ja, EBS (= Extended Bass Shelf) Tunings sind definitv cool. Man hat hier einen weiteren Freiheitsgrad zur Verfügung um bei gegebenem Teiber einen passenden Kompromiss zu wählen zwischen Grenzfrequenz, Wirkungsgrad und Grösse. Bedingt durch die Raumakustik kann häufig sogar auf das (im Reflexfreien Raum notwendige) Anheben der tiefen Frequenzen verzichtet werden.

Solche Abstimmungen machen dann plötzlich auch hochwertige PA Chassis für HiFi Wiedergabe interessant.

Die TAD Chassis, zu welchen ich einen Link gepostet habe, erreichen schon ohne Tricks 40 Hz Grenzfrequenz mit Hilfe einer ganz gewöhlichen (B4) Reflex Abstimmung. Und das mit einer Souveränität und Authorität die man suchen muss. Es handelt sich übrigens auch nicht um ganz reine PA Chassis.

Was mich daran erinnert, dass ich noch eine Antwort schuldig bin:
O.Mertineit hat geschrieben:
phase_acourate hat geschrieben: Bassreflex nur mit Woofern ohne Gummisicke, ...
könntest Du das bitte näher erläutern?
Ich spielte auf das erwähnte asymmetrische Verhalten von Gummisicken an. Wenn einen dieses Verhalten stört, ist eine Möglichkeit ganz einfach darauf zu verzichten und Aufhängungen wie bei PA Chassis zu verwenden. Letzere sind auch weniger Empfindlich bezüglich des "Gleichrichtereffektes" (muss zuerst wieder herausfinden wie der richtig heisst), wo das oft leicht asymmetrische Strömungsverhalten von Reflextunneln bei hoher Aussteuerung das Chassis aus der Mittellage dränt und dann plötzlich in der Praxis nicht mehr 12 dB Membranhubverkleinerung erzielt werden kann. Ich will damit nicht behaupten, dass es keine Chassis mit Gummisicke gibt, welche für Reflexabstimmung geeignet sind.

Gruss

Charles
Bild
phase_accurate
Aktiver Hörer
Beiträge: 803
Registriert: 06.05.2008, 16:47
Wohnort: Bern

Beitrag von phase_accurate »

dietert hat geschrieben:Wer heutzutage Passivboxen oder ungeregelte Subs als High-End anbietet, lebt doch irgendwie in der Vergangenheit.
Das passive Monitorsystem mit TAD Chassis, auf das ich anspiele, verwendet übrigens ein bekannter Toningenieur in seinem Studio. Seine Aufnahmen werden bei vielen Mitgliedern dieses Forums zu Hause zu finden sein.

Gruss

Charles
Bild
O.Mertineit
inaktiv
Beiträge: 755
Registriert: 07.05.2012, 11:42
Wohnort: Reinheim bei Darmstadt
Kontaktdaten:

Beitrag von O.Mertineit »

zwodoppelvier hat geschrieben: Ist es nicht so, daß für die Wahrnehmung zunächst einmal der Direktschallanteil ausgewertet wird - dieser also als Signalverlauf so sauber wie möglich reproduziert werden muß?
Hallo Eberhard,

es wurde hier viel über den Eigenresonanzbereich und das Einschwingverhalten von Tiefon LS in diesem Bereich gesprochen. Bei Frequenzen unterhalb der Schröderfrequenz üblicher Wohnräume (oft um 120Hz), ist das Impulsverhalten am Hörplatz hauptsächlich von

- Geometrie und Bedämpfung des Raums
- Positionierung und Anzahl der Schallquellen (und des Hörplatzes)
- Abstrahlcharakteristik der Schallquellen (z.B. Monopol/Dipol/Kardioid)

abhängig.

Das Impulsverhalten der Schallquellen selbst hat natürlich immer noch einen Einfluss - besonders im Nahfeld - jedoch sind die aus den vorgenannten Parametern resultierenden Resonanzgüten wesentlich hoher - mithin die daraus resultierenden Einschwingvorgänge wesentlich ausgeprägter - als dies bei den vergleichsweise geringen Güten typischer LS der Fall ist ( ...selbst wenn z.B. die Güte einer geschlossenen Box mal Qt=1 erreichen oder leicht übersteigen sollte, liegt hier das Problem eher in einem überhöhten Frequenzgang als im Einschwingverhalten selbst, welches vom Raum weitestgehend dominiert wird.)

Der Begriff "Direktschall" verliert im Bereich unterhalb der Schröderfrequenz weitgehend seine Bedeutung, da freie Schallausbreitung in einem sich modal verhaltenden Raum nicht mehr möglich ist.

Auch für den oft bis in den unteren Mittelton ausgedehnten Transitionsbereich des Raums, dominieren oft noch Effekte durch geringe modale Überlappung und Reflexionen, was ebenfalls das Augenmerk auf Verteilung und Rundstrahlverhalten von Schallquellen im Raum lenkt.

Ich bin darauf in einem vorangegangenen Post schon eingegangen und habe das Impulsverhalten von
Monopol/Dipol/Kardioid gegenübergestellt.

Einen "Grundkurs Kleinraumakustik" hier zu halten, würde jedoch m.E. das Thema überdehnen und auch meine verfügbare Zeit momentan übersteigen.


Grüße Oliver
Bild
O.Mertineit
inaktiv
Beiträge: 755
Registriert: 07.05.2012, 11:42
Wohnort: Reinheim bei Darmstadt
Kontaktdaten:

Beitrag von O.Mertineit »

phase_acourate hat geschrieben: Ich spielte auf das erwähnte asymmetrische Verhalten von Gummisicken an.
Hallo Charles,

das dürfte eher ein Problem der Formgebung und der Dimensionierung sein und spielt bei vernünftiger Auslegung kaum eine Rolle. Jedenfalls hängt es nicht am Material allein.

Es gibt z.B. auch Gummisicken mit "Wellenform" die nicht nur eine "Rollbewegung" in jeweils eine Richtung ausführen, solche Bauformen setze ich übrigens bevorzugt in meinen Dipol-Subwoofern ein.

Ich sehe übrigens solche Papiersicken wie bei vielen PA Chassis mit dämpfenden Einstrichen aus Polymerbitumen o. dergl. als sehr unvorteilhaft an.

Der Einsatz von plastischen Komponenten in der Aufhängung sorgt zwar für mech. Dämpfung, jedoch sind solche Komponenten fast immer deutlich hub- bzw. frequenzabhängig, in dem was sie an mech. Widerstand bzw. Federsteifigkeit beitragen. Man kann es natürlich auch absichtlich provozieren, irgendwann tatsächlich eine Regelung zu brauchen, weil z.B. das Kleinsignalverhalten dann stark abweichend werden kann.

Zur Anschauung: Plasiklineal kurz (leicht) verbiegen und loslassen, danach mal länger (stärker) verbiegen und loslassen.

Bessere Linearität erreicht man m.E. mit Chassis, welche sehr geringe mech. Verluste in der Aufhängung haben und ihre Dämpfung durch den - vorzugsweise sehr linearen - Antrieb beziehen (Qms eher hoch und Qts ähnlich Qes), die also ganz eindeutig und möglichst ausschließlich auf elektromagnetische Dämpfung der Eigenresonanz ausgelegt sind.

Natürlich steigt dann die Anforderung an die Membrankonstruktion, denn es fällt nicht mehr so leicht
"Partialschwingungen zuzulassen und am Rand zu dämpfen", was bei größeren Chassis aus dem PA Bereich die einzige praktisch mögliche Auslegung ist.

Ich teile u.a. aus diesem Grund die Begeisterung für den Einsatz (derartiger) "PA-ähnlicher" Chassis im Bereich der hochwertigen Heimwiedergabe überhaupt nicht und halte sie eher für kontraproduktiv, auch wenn es um das Vermeiden von Diskontinuitäten im Bündelungsmaß von Mehrwegesystemen geht.

Grüße Oliver
Bild
Fortepianus
Aktiver Hersteller
Beiträge: 3692
Registriert: 17.12.2008, 12:41
Wohnort: Stuttgart

Beitrag von Fortepianus »

Hallo Oliver,

zunächst freut es mich, dass dieser alte Thread sich wieder so großer Besucherzahlen erfreuen darf - ist doch die Sensorregelung von Aktivlautsprechern eines der Kernthemen, die zumindest die Kerntruppe hier zusammengebracht hat.

Nun ist der Inhalt in den letzten Beiträgen jedoch etwas vom Thema abgedriftet. Zunächst kam von mir als Anwender der Regelungstechnik im Lautsprecherbau keine Reaktion, weil ich mir ob mancher offener und mancher versteckter Polemik nicht ganz sicher war, ob es Dir wirklich um die Sache geht oder nur darum, andere als weniger vom Herrn Gesegnete dastehen zu lassen. Das will ich nun aber nicht unterstellen. Mit Harald (nihil.sine.causa), einem unserer Moderatoren, hatte ich einen kleinen Austausch per PN. Er hatte sich die Mühe gemacht, Deine Thesen zusammenzufassen. Mit seinem Einverständnis möchte ich sie gerne der Reihe nach diskutieren. Lass uns mit der ersten beginnen:

These 1 (Kolbenförmige Membranbewegung):
O.Mertineit hat geschrieben:Die Regelung wirkt von der Sensorik her nur im Bereich der kolbenförmigen Membranbewegung.
Das ist völlig richtig. Wenn man sich tiefer damit beschäftigt, merkt man jedoch schnell, dass man durch Messungen des Sensorsignals dazu erzogen wird, sich die Membranbewegungen viel genauer anzuschauen, als man das ohne Sensor müsste. Ein Beispiel: Nehmen wir einen 10cm-Mitteltöner. Egal, von welchem Hersteller, wenn man sich die veröffentlichen Frequenzgangschriebe ansieht, könnte man meinen, es gibt für den Bereich bis 2kHz keinerlei Probleme. Kauft man sich dann ein Exemplar und hält ein Mikrofon davor, wundert man sich, warum man selbst bei ca. 1kHz einen Einbruch im Frequenzgang misst und der Hersteller nicht. Erkenntnis: Wenn man nur genügend glättet, kann man auch den Sternenhimmel auf eine Gerade zwingen. Denkt man etwas nach, wird klar, dass der gemessene Einbruch die erste Membranresonanz darstellt, bei der also die kolbenförmige Bewegung verlassen wird. Zwar schwingt das ganze Gebilde über den Umfang betrachtet noch gleichförmig, aber der Rand der Membran, am Übergang zur Sicke, bewegt sich nicht mehr genauso wie das Innere. Die Membran folgt dem Antrieb also nicht mehr kolbenförmig. Man kann sich das schwingende Gebilde nun vorstellen wie eine Tulpe, die sich öffnet und schließt. Der verminderte Membranhub außen wird aber teilweise dadurch kompensiert, dass das Innere dafür etwas mehr Hub macht - der Antrieb trifft auf weniger Widerstand, weil die Membran außen nicht mehr mit will und weniger Strahlungswiderstand darstellt. Der gemessene Frequenzgangeinbruch wird sich also in Grenzen halten, typisch sind 2-3dB, die dann gerne dem Glättungsverfahren zum Fraß vorgeworfen werden. Diesen Frequenzgangeinbruch "sieht" ein Sensor an der Schwingspule jedoch als Überhöhung - innen bewegt sich die Membran ja mehr! Angeschlossen an eine Regelschleife wird der Einbruch also sogar noch verstärkt.

Ist man soweit vorgedrungen, könnte man natürlich die Flinte ins Korn werfen und sagen, ach, das Gewabbel der nicht ideal steifen Membran bringt einen besseren Frequenzgang hervor als meine geregelte Membran, lassen wir's also. Oder man hört unterhalb von 1kHz auf mit dem Übertragungsbereich, den man dem Chassis gibt - kein Zufall, dass die ganz alten B&M dem geregelten Mitteltöner nur bis 880Hz Futter gaben. Oder aber - man steigt soweit ein, das man Gegenmaßnahmen ergreifen kann und die Membran bis zu höheren Frequenzen steif kriegt. Friedrich Müller hat damals in den 80ern deshalb dicke Alumembranen genommen, die er später (als erster!) zu Keramik gebacken hat. Was ziemlich ideal steif ist. Man kann aber auch einer dünneren Alumembran die erste Resonanz aberziehen, indem man beispielsweise außen am Übergang zur Sicke entlang einen Karbonfaden einklebt, der Aufweitung und Zusammenziehen wie bei einer Tulpe einfach unterbindet. Und schon läuft unser Beispiel-Chassis recht gut kolbenförmig bis 2kHz.
O.Mertineit hat geschrieben:Die Regelung kann also den Bereich eines LS "korrigieren", wo es bei Chassis mit handwerklich nach Stand der Technik ausgelegten Antriebssystemen und Membranaufhängungen ohnehin kaum Probleme gibt.
Oh doch, da gibt es so manche Probleme wie zum Beispiel oben. Wie gesagt, so ein Sensor erzieht dazu, genauer hinzuschauen.

These 2 (Beugungserscheinungen):
O.Mertineit hat geschrieben:Regelung ist bezüglich des enstehenden Schalldruckverlaufs prinzipiell machtlos gegen:

- Partialschwingungen der Membran
- Beugungserscheinungen am Gehäuse
- Eigenschwingungen des Gehäuses
- Hohlraumresonanzen des Gehäuses, welche durch Gehäuse und oder Partialschwngungen der Membran
abgestrahlt werden können.
Das ist doch alles klar, hat aber mit dem Thema der Membranregelung herzlich wenig zu tun. Es sind schlicht die Grundregeln im Lautsprecherbau zu beachten. Mit der Sensorregelung versucht man, ein möglichst ideal schwingendes Chassis zu kriegen, was naturgemäß nur in einem begrenzten Frequenzbereich klappt. Wer wird denn so blöd sein, den Aufwand einer Membranregelung zu betreiben, und dann das geregelte Chassis in eine Pappschachtel stecken? Schauen wir uns mal einen von mir konstruierten geregelten Aktivlautsprecher genauer an, die AGM 7.4. Die Chassis sind symmetrisch zum Hochtöner angeordnet - ich nenne das bewusst nicht d'Appolito, weil zu d'Appolito auch eine spezielle Frequenzweichenauslegung gehört. HT und MT sitzen asymmetrisch zur Schallwandmitte und sind nach innen gewinkelt, das minimiert Beugungserscheinungen sehr gut. Das Gehäuse ist aus 40mm MDF und damit recht massiv. Im Inneren des Gehäuses findet sich eine Vielzahl von eigenen Kammern für die verschiedenen Töner, die im Fall der MT so gestaltet sind, dass sich keine parallelen Wände mit stehenden Wellen bilden. Die Elektronik hat eine eigene geschirmte Kammer, und die vier Bässe arbeiten paarweise nach dem Boxerprinzip zur Minimierung des Impulseintrags auf das Gehäuse. Etc., was ich damit sagen will ist: Es wäre töricht, den getriebenen Aufwand beim Chassis und seiner Regelung enden zu lassen.

These 3 (Nichtlinearitäten innerhalb der Sensorik):
O.Mertineit hat geschrieben:Auch die Sensorik selbst hat natürlich ebenfalls in allen Fällen mit Nichtlinearitäten zu kämpfen.
Ja klar. Aber bei vertretbarem Aufwand kriegt man den Sensor besser als den Antrieb. Die von Dir aufgezählten Sensorprinzipien
O.Mertineit hat geschrieben:Eine Regelung mit kapazitiver oder anderweitiger Gegenkopplung bezieht sich auf verschiedene Bewegungsgrößen der Membran, nämlich

- den "Membranhub" (durchschittlicher Membranhub ?), bei kapazitiver Gegenkopplung durch Metallgitter über leitender Membranoberfläche

- den "Schwingspulenhub" bei optoelektronischer Erfassung mittels an der Schwingspule befestigtem "Schattenkeil" (T&A hat oder hatte m.E. so ein System)

- die lokale "Beschleunigung einer Membranzone" z.B. bei Anbringung eines Sensors (piezoelektrisch) u.a. auf der Staubschutzkappe eines Tieftönersftöners (z.B. Phillips "MFB" Motional Feedback)
haben allerdings alle Nachteile, die sie bei tieferer Beschäftigung damit als untauglich entpuppen. Was man eigentlich regeln will, ist die Beschleunigung der Membran, denn sie ist es, die beim Kolbenstrahler proportional zum gewünschten Schalldruck ist. Das Signal der kapazitiven Gegenkopplung wie das all der anderen Verfahren, die die Auslenkung messen, muss also zweimal differenziert werden, um die gewünschte Beschleunigung zuerhalten. Wer das, egal, ob auf analoger oder digitaler Ebene, schon mal gemacht hat, weiß, was ich mit "viel Vergnügen dabei" meine.

Der Piezokristall dagegen liefert tatsächlich eine Beschleunigung. Aber das Signal ist so fehlerbehaftet, dass man damit keine hochwertige Regelung aufbauen kann. Wer schon einmal einen dieser kratzig-spitzig klingenden Piezo-Hochtöner gehört hat, weiß, was ich meine. Es gibt aber inzwischen auch Beschleunigungsmesser in Chipform. Mit diesen habe ich etwas experimentiert - sie haben ein viel zu schlechtes Signal-Rauschverhältnis.

Deshalb hat sich bei den wenigen Herstellern, die eine Membranregelung machen, die Sensorspule durchgesetzt, die das Geschwindigkeitssignal liefert. Sie ist an der Schwingspule befestigt und liefert die Geschwindigkeit der Membran, solange sie sich kolbenförmig bewegt - siehe oben. Eine gute Sensorspule zu fertigen ist aber ein recht hoher Aufwand. Er ist vergleichbar mit der Fertigung eines MC-Tonabnehmers.
O.Mertineit hat geschrieben:Hier stellt sich sicher gelegentlich die Frage "was ist in der Herstellung billiger":

- z.B. ein Magnetsystem mit "Underhung Coil" (ersatzweise die Patentgebühren für eine andere Motortopologie mit vergleichbaren Eigenschaften) oder eine Regelung.

- was kann man publikumswirksamer (je nach Zielgruppe) vermarkten ?
Den Aufwand treibt ganz sicher niemand, um Geld am Chassis zu sparen.

These 4 (Nichtlinearitäten des Chassis):
O.Mertineit hat geschrieben:Regelungen könnte man allerdings verwenden, um nichtlineare Verzerrungen zu dämpfen, wenn ein Chassis bis in den Bereich betrieben werden soll, wo der Hub deutlich nichtlinear wird.
Das gilt nicht nur im Bereich des nichtlinearen Hubs. Zu Beginn dieses Therads habe ich Messungen an meiner guten alten BM20 gezeigt, bei denen geregelte Chassis ungeregelte im Klirr weit hinter sich lassen, egal, bei welchem Pegel. Gute geregelte Töner kriegt man unter -60dB runter im Klirr für K2-K5. Damit liegt man im Klirr in einem Bereich, den man sonst nur von der ansteuernden Elektronik kennt.

These 5 (Strahler nullter Ordung):
O.Mertineit hat geschrieben:Eine Regelung der Ausprägung wie oben beschrieben macht aus einer Membran/Gehäuse Konfiguration keinen "Strahler nullter Ordnung" (ideale Punktschallquelle oder Kugelstrahler), wenn eine Konfiguration im jeweils betrachteten Frequenzbereich dem nicht ohnehin schon nahekommt.
Wie schon oben erwähnt, und da sind wir uns glaube ich völlig einig: Die Grundprinzipien des Lautsprecherbaus werden durch die Membranregelung nicht geändert.

These 6 (Aperiodische Bedämpfung):
O.Mertineit hat geschrieben:Aperiodische Bedämpfung eines (auch eingebauten) LS-Chassis ist sowohl mit- als auch ohne Regelung zu erreichen.
Ja, das stimmt. Man kann die Schwingungsdifferenzialgleichung zweiter Ordnung, die das Masse-Feder-System des eingebauten Lautsprechers darstellt und durch die Thiele-Small-Parameter ausgedrückt werden kann, auf verschiedene Weise versuchen zu beeinflussen. Analoge Vorsteuerung à la Linkwitz, Pfleid oder die Doppelintegrierermethode von mir, digitale Entzerrung (bringt aber erhebliche Latenzzeiten bei FIR mit) oder rein passive intelligente Auslegung. Letzteres kämpft aber immer mit der Quadratur des Kreises, der sich um Frequenzgang (wie weit runter und wie linear?), Gehäusegröße und Ein-/Ausschwingverhalten zieht. Die Membranregelung zieht nicht nur den Frequenzgang bis zur gewünschten Tiefe gerade wie einen Strich, sondern damit einhergehend auch das Ein-/Ausschwingverhalten. Die Größe des Gehäuses ist erst einmal zweitrangig. Verträgt das Chassis genug Leistung, kann man es mit der Regelschleife auch unterhalb der Resonanzfrequenz zwingen, das zu tun, was es soll.

These 7 (Esoterik):
O.Mertineit hat geschrieben:Es ist mir schon häufig und über Jahrzehnte hinweg aufgefallen, daß im Bereich der Regelung von LS-Chassis viele esoterische Argumentationsweisen gedeihen, deren Absurdität der Argumentation einiger "Kabelklang Fetischisten" in keiner Weise nachsteht.
Lass uns sachlich bleiben :cheers: .

These 8 (Abstrahlverhalten):
O.Mertineit hat geschrieben:Bei den klanglich sehr hervortretenden Aspekten sind u.a. Rundstrahlverhalten und Diffraktion am Gehäuse zu nennen. Was die Glattheit oder Rauhigkeit von (Freifeld-) Frequenzgängen (in der Feinstruktur) betrifft, die ebenfalls klanglich sehr relevant ist
Siehe oben, hat nichts mit der Regelung zu tun. Das Abstrahlverhalten wird allerdings auch durch die Frequenzweiche verhunzt, wenn man nicht aufpasst, dass die Wege zueinander phasenstarr gekoppelt sind.

These 9 (Impusverhalten):
[Nach allerlei Diagrammen von verschiedenen Abstrahlcharakteristiken]
O.Mertineit hat geschrieben:Wer möchte denn bei dieser Gegenüberstellung des Impulsverhaltens noch über die Einflüsse von aktiver Regelung diskutieren?
Ich gerne, wenn es gewünscht wird. Ich gehe wie viele andere hier einen ganz anderen Weg, den wir hier im Forum aber schon ausgiebig diskutiert haben: Das DBA (Double Bass Array) bzw. VBA (virtuelle Bass Array). Ich sorge also dafür, dass in meinem Raum unter der Schröderfrequenz, die bei ca. 100Hz liegt, sich im Bass nur eine möglichst ebene Welle in Längsrichtung des Raumes bewegt. Das erreicht man durch die verteilte Anordnung mehrerer Tieftöner, mindestens vier braucht man dazu. Kommt die Welle nach Durchlauf zweimal der Raumlänge wieder beim Lautsprecher an, wird das Basssignal um die Schalllaufzeit verzögert und invertiert auf die Bass-Chassis gegeben. Das alles spielt sich nach der Weiche ab, damit die Phasenbezüge stimmen, und unterdrückt Raumresonanzen wirkungsvoll.

These 10 (Erkenntnishorizont):
O.Mertineit hat geschrieben:ch kenne keinen Lautsprecher, der mit den o.g Essentials so makelos dasteht, daß es sich ansatzweise lohnen würde über Regelung überhaupt zu reden.
Komm vorbei!

These 11 (Persönliche Einschätzung):
O.Mertineit hat geschrieben:Für mich ist der Einsatz einer Regelung vom Effekt her nicht viel mehr als die Veränderung der Parameter eines ungeregelten Chassis. Für den Hörer ist es vollkommen gleichgültig, wie ein bestimmtes Aussschwingverhalten zustande kommt.
Die Summe macht's Ergebnis.

These 12 (Manifestation der Regelung):
O.Mertineit hat geschrieben:Die hauptsächliche Manifestationsebene der Regelung ist das Ein-/Ausschwingverhalten von Einzelchassis (bzw. deren Membranen) im Eigenresonanzbereich. Dies kann "gut" oder "schlecht" sein, ganz unabhängig davon, ob ein System ein bestimmtes Einschwingverhalten "geregelt" oder "ungeregelt" erreicht.
Ich versuch's mal mit einem Analogon, das wie immer etwas hinken wird. Nehmen wir an, wir würden beide die Aufgabe gestellt kriegen, oben am Berg eine unbemannte Seifenkiste runterrollen zu lassen und unten durch ein Tor zu treffen. Als Randbedingung gelte, dass der Weg, eine geteerte Straße mit Spurmarkierung, unterwegs nicht verlassen werden darf.

Nun gehen wir also unterschiedlich drauf los. Du entscheidest Dich für die passive Lösung, machst 200 Versuche, in welchem Winkel Du starten musst, und baust noch allerlei Mechanik ein, die bei Neigung der Straße ein passives Gegenlenkverhalten Deiner Seifenkiste hervorruft, damit du die Spur nicht verlässt. Du schaffst es nach langen Nächten des Tüfftelns, zehnmal hintereinander das Tor zu treffen und fühlst Dich gut für den Tag des Wettbewerbs gerüstet.

Ich dagegen baue eine aktive Lenkung ein, versehe meine Kiste mit einem optischen Spurerkennungssystem und mache ebenfalls 200 Versuche, bis ich die Regelung im Griff habe.

Am Tag der Prüfung kommt eine steife Brise auf, Deine Karre fährt in den Graben und meine ins Ziel.

Fragestellung
O.Mertineit hat geschrieben:Eine weitere Frage wäre, ob das Anklemmen eines gewöhnlichen LS-Chassis an einen Verstärker
bei üblicher Spannungssteuerung nicht ebenfalls schon ein "geregeltes System" herstellt
Schon, aber wir wollen doch die Membranbeschleunigung regeln. Die induzierte Spannung ist proportional zur Geschwindigkeit.

Beweislastumkehr 1:
O.Mertineit hat geschrieben:Wer behauptet, daß eine "aktive Regelung" durch eine unabhängig von der Schwingspule eines Chassis zu erfassende Regelgröße (Membranhub, -geschwindigkeit, -beschleunigung, ...) einen signifikanten Vorteil gegenüber anderen bekannten Maßnahmen (z.B. Auslegung des Antriebs, Anpassen des Dämpungsfaktors) bereitstellt, der sollte unabhängige Messungen hierzu vorlegen, die das Behauptete belegen.
Abgesehen davon, dass der Thread schon etwas älter ist und Messungen hier schon diskutiert wurden: Ich poltere doch auch nicht in ein Forum von sagen wir Langstreckenläufern und sage, Ihr Deppen, wisst ihr nicht, wie ungesund das ist? Rhythmische Sportgymnastik ist viel besser! Beweist mir, dass Laufen gut ist!

These 13 (Absenkung der unteren Grenzfrequenz):
O.Mertineit hat geschrieben:eine Absenkung der unteren Grenzfrequenz ist durch simple aktive Entzerrung zu bewerkstelligen:
Dazu benötigt man "aktive Regelung" wirklich nicht.
Wie oben schon erwähnt, geht das analog wie digital. Die Regelung macht das eben ganz nebenbei.

Beweislastumkehr 2:
O.Mertineit hat geschrieben:Und hier ist mein Standpunkt: Nein. Liefert bitte Beweise, wenn ihr andere überzeugen wollt.
Wir wollen Dich nicht überzeugen.

These 14 (Rolloff):
O.Mertineit hat geschrieben:Heute verfügt auch jeder ernstzunehemende aktive Studiomonitor über feinfühlige Anpassungsmöglichkeiten insbesondere des Rolloff- Verhaltens im Tiefton zur Anpassung an Raum und Aufstellungssituation.
Mit den groben Reglern kann man bestenfalls ein bisschen am Klang rumparfümieren. Resonanzstellen kann man damit nicht gezielt angehen. Oder man kann halt das Kind mit dem Bade ausschütten und den Bass ganz weglassen, wenn's dröhnt.

Ergänzungen zu These 11 (persönliche Einschätzung):
O.Mertineit hat geschrieben:Ich habe schon viele "aktiv geregelte" LS gehört und keine spezifischen Vorteile dieser Gruppe gegenüberv anderen "Design Paradigmen" feststellen können: Es waren für mich persönlich positivere aber auch sehr negative Beispiele z.B. hinsichtlich Tonalität und Neigung zu Verfärbungen dabei.
Welche Lautsprecher waren das? Lautsprecherhersteller, die nicht nur im Bass regeln, kann man nämlich an einer Hand abzählen.

These 15 (Divergenz von Parametern):
freezebox hat geschrieben:Was für mich jedoch den Vorteil einer Regelenung ausmacht ist das quasi TSP (und damit Lautstärke-) unabhängige Ein- und Ausschwingverhalten. Wer schon einmal die TSP eines Tieftöners bei Kleinsignalen und bei höheren Pegeln verglichen hat, erkennt hier teilweise recht große Unterschiede.
O.Mertineit hat geschrieben:hier sprichst du m.E. einen Punkt an, der mit Regelung tatsächlich sinnvoll angegangen werden kann.

Allerdings kenne ich aus eigenen Messungen sehr unterschiedliche Beispiele zur Divergenz von Paramern zw. Kleinsignal- und Großsignalverhalten.

Bei vielen im HiFi Bereich eingesetzten (guten) Chassis ist diese Parameterdrift überhaupt kein Problem, wenn ich von Tieftönern und Mitteltönern in traditioneller Nawi- bzw. Konusform mit Sicke und Zentrierspinne zur Bereitstellung der Rückstellkraft spreche. Aber es sind z.B. nicht alle Sickenformen und Materialien gleich gut in dieser Hinsicht.
Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass ein gutes geregeltes Chassis sich bis zu einer Frequenz, bei der die Membran ihr Eigenleben entwickelt und bis zu einem Hub, der einigermaßen linear vom Antrieb gestellt werden kann, ziemlich ideal benehmen wird. Der Rest des Lautsprecherbaus ist business as usual. Vielleicht davon abgesehen, dass das Volumen für den Bass nicht so kritisch ist.

These 16 (Form der Sicke):
O.Mertineit hat geschrieben:Auch bei Hochtönern bestehen sehr große Unterschiede in Material uns Formgebung der Sicke. Ich habe früher u.a. viel mit den Focal Hochtönern der T120 Serie gearbeitet, die eine flache relativ breite Sicke aus Schaumgummi aufweisen, die an die eigentliche Kevlar (Invers-) Kalotte angeklebt ist.

Diese Konstuktion verhielt sich z.B. diesbezüglich sehr anständig. Von der Tendenz her ist die "Billiglösung", die Sicke einfach aus dem gleichen Material wie die Membran zu machen und bloß "ein paar Falten einzuprägen", m.E. keine gute Lösung. Es braucht eine deutlich ausgeformte Sicke, aus einem geeigneten geschmeidigen Material, dann klappt es bei einem Hochtöner auch mit dem Kleinsignalverhalten, das habe ich immer wieder beobachtet.
Kalotten haben für meinen Geschmack ganz prinzipiell den Nachteil, dass sie ungerichtet in die vordere Halbkugel strahlen, wenn man Beugungs- und Bündelungseffekte für diese Betrachtung mal außer Betracht lässt. Das ist in meinem Fall völlig ungeeignet, denn es bricht mit dem bis zum Ende der MT-Arbeitsfrequenz gebildeten Zeilenstrahler, der sich durch die Anordnung aus mehreren Chassis bildet. Deshalb kommt für mich im HT-Bereich nur ebenfalls ein Zeilenstrahler in Frage - die besten Erfahrungen habe ich mit AMTs. Sie sind, abgesehen von der Abstrahlcharakteristik, Kalotten auch im Impulsverhalten überlegen.

These 17 (Bassreflex):
O.Mertineit hat geschrieben:Mit die beste Maßnahme - und ich weiß jetzt wird es gleich hageln - zur Verbesserung der Linearität ist die Reduktion des Membranhubs. Das geht bei gegebener Membranfläche am besten mit einer vernünftigen Bassreflex Abstimmung und ist besonders vom Regal- bis zum mittleren Standlautsprecher m.E. das Mittel der Wahl.
Bevor ich mir so ein röchelndes Loch in die Lautsprecher bohre, nehme ich lieber ein paar Chassis mehr. :cheers:

Thema Push/Pull Betrieb
dietert hat geschrieben:Ebenso wäre ich interessiert, wenn jemand ein fertiges Gerät weiß, welches ohne Regelung die Asymmetrie im Motor eines Subs korrigiert. Mit Asymmetrie meine ich hier den Unterschied zwischen Einziehen und Ausdrücken der Antriebsspule, messbar als D2.
O.Mertineit hat geschrieben:Bei dieser konkreten Ursache von Verzerrungen (Asymmetrien durch Antrieb und Aufhängung bedingt) habe ich durch Push/Pull Betrieb zweier (oder mehrerer) Woofer gute Erfahrung gemacht. Daher setze ich diese Betriebsart auch in einigen meiner Dipol Subwoofer gezielt ein: Leichte Asymmetrien kompensieren sich so auf natürliche Weise.

Push/Pull Betrieb ist auf so ziemliche jede Gehäusekonfiguration anwendbar, wenn man das möchte.
Das ist ein bisschen OT, Push/Pull braucht man bei einer geregelten Anordnung nicht.

These 18 (Hubverdopplung)
dietert hat geschrieben:Wenn ich aus demselben Lautsprecher mit einem Regler mehr machen kann, dann ist das eine angemessene Lösung. Und zwar schon seit etwa 30 Jahren, viele Patente in diesem Bereich sind ja schon abgelaufen. Kann nur allen Protagonisten hier empfehlen, endlich mal diese Patente zu lesen, bevor sie sich in der Öffentlichkeit zu dem Thema äußern. Man kann nicht immer wieder an derselben Stelle kapitulieren.
O.Mertineit hat geschrieben:Bis jetzt beruht Dein Standpunkt auf der unbewiesenen Pauschalaussage, mittels Regelung lasse sich der "nutzbare Hub" eines Chassis (immer) verdoppeln und damit die Ausgangsleistung vervierfachen.

Denn nur unter bestimmten Voraussetzungen kann diese "wundersame Hubverdopplung" gelingen: Das (ungeregelte) Ausgangschassis muß schlecht genug sein, um es einfach zu formulieren. Es ist auch klar, daß bei Deiner Herangehensweise jegliche Pufferzone zwischen "bevorzugtem Betriebsbereich" und "Zerstörungsgrenze" immer dünner wird.

Man kann das "weiche" Erreichen einer Hub- Begrenzung auch als natürliches "Soft Clipping" verstehen, als einen Betriebsbereich aus dem man sich heraushält, der aber noch keine Schäden verursacht.

"Kratzt" man hier mit einer Regelung das Letzte heraus, so daß das Chassis bis kurz vor dem Anschlagen der Schwingspule oder strukturellen Veränderungen z.B. an Sicke und Membran noch "fast normal" klingt, könnte man das auch einfach als "schlechte Auslegung" betrachten: Die Haltbarkeit leidet. Für ein Gerät zum Musikgenuss ist das "Fahren auf Verschleiß" absolut nicht angebracht.
Ach darum geht's doch gar nicht. Wenn ich mal ausrechne, welches Verschiebevolumen meine Frontlautsprecher im Bass können und welcher Schalldruck daraus bei 16Hz (!) resultiert, komme ich auf 116dB. Damit werde ich mir doch nicht Gehör und Verdauungsorgane ruinieren, indem ich die Membranen an den Anschlag fahre.

These 19 (Schröderfrequenz)
O.Mertineit hat geschrieben:Bei Frequenzen unterhalb der Schröderfrequenz üblicher Wohnräume (oft um 120Hz), ist das Impulsverhalten am Hörplatz hauptsächlich von

- Geometrie und Bedämpfung des Raums
- Positionierung und Anzahl der Schallquellen (und des Hörplatzes)
- Abstrahlcharakteristik der Schallquellen (z.B. Monopol/Dipol/Kardioid)

abhängig.

Das Impulsverhalten der Schallquellen selbst hat natürlich immer noch einen Einfluss - besonders im Nahfeld - jedoch sind die aus den vorgenannten Parametern resultierenden Resonanzgüten wesentlich hoher - mithin die daraus resultierenden Einschwingvorgänge wesentlich ausgeprägter - als dies bei den vergleichsweise geringen Güten typischer LS der Fall ist ( ...selbst wenn z.B. die Güte einer geschlossenen Box mal Qt=1 erreichen oder leicht übersteigen sollte, liegt hier das Problem eher in einem überhöhten Frequenzgang als im Einschwingverhalten selbst, welches vom Raum weitestgehend dominiert wird.)
Wieder einmal sind wir uns einig - der Hörraum ist nicht zu unterschätzen. Habe ich einen guten Hörraum, werde ich aber ganz sicher nicht schlechte Lautsprecher reinstellen wollen. Wie oben schon erwähnt, gibt es viel intelligentere Methoden (DBA, VBA), die Raumresonanzen zu behandeln, als sich das Zimmer mit Resonatoren vollzustellen.

Auf Deine Anmerkungen zu PA-Chassis gehe ich nun bewusst nicht ein, denn das gehört hier nicht in den Thread.

Vielleicht wird nun für Dich etwas klarer, dass Entwickler, die eine Membranregelung verwenden, nicht deshalb zwangsläufig den Rest der Physik über Bord werfen.

Viele Grüße
Gert
Bild
cay-uwe
Aktiver Hersteller
Beiträge: 1175
Registriert: 25.02.2009, 09:15
Kontaktdaten:

Beitrag von cay-uwe »

Hallo Gert,

ich hatte mich schon gewundert, dass sich eingefleischte "Aktiv-Geregelte-Entwickler" hier nicht zu Wort gemeldet hatten und hatte schon ein 8 seitiges Dokument erstellt um einiges zu erläutern.

Jetzt bist Du mir zuvor getreten ...

Vielen Dank für die Erläuterungen :cheers:
Bild
Daihedz
Aktiver Hörer
Beiträge: 793
Registriert: 25.06.2010, 15:09

Beitrag von Daihedz »

Hallo Gert

Interessant:
Fortepianus hat geschrieben: ... Nehmen wir einen 10cm-Mitteltöner. ... bei ca. 1kHz ... die erste Membranresonanz. Die Membran folgt dem Antrieb also nicht kolbenförmig. Man kann sich das schwingende Gebilde nun vorstellen wie eine Tulpe, die sich öffnet und schließt. ... Man kann aber auch einer dünneren Alumembran die erste Resonanz aberziehen, indem man beispielsweise außen am Übergang zur Sicke entlang einen Karbonfaden einklebt, der Aufweitung und Zusammenziehen wie bei einer Tulpe einfach unterbindet. Und schon läuft unser Beispiel-Chassis recht gut kolbenförmig bis 2kHz.
Super (mechanischer) Ansatz, der eine Regelung sinnvoll ergänzen könnte! Das würde heissen, dass man z.B. mit Carbon-Roving, Epoxy und etwas Geschick den nutzbaren Übertragungsbereich eines Konus-Lautsprechers um eine ganze Oktave nach oben hin erweitern könnte! Aber nach der ersten Begeisterung kommt gleich der obligat-gewohnte Anflug von Argwohn: Wird die erste Membranresonanz tatsächlich völlig unterdrückt, oder aber wird sie lediglich dergestalt bedämpft, sodass sie sich mit abgesenktem Q im Frequenzgang nicht mehr offensichtlich äussert? Ich habe auch schon "blind" radiale Carbon-Speichen auf meine Magnesiummembranen geklebt. Diese Massnahme war im Frequenzgang partiell effizient. Ich bin allerdings nach einem einleuchtenden Einwand von Uli Brüggemann wieder davon abgekommen: Ich hatte mit dem Carbon lediglich die Güte der Resonanz etwas abgesenkt.
Fortepianus hat geschrieben:Das gilt nicht nur im Bereich des nichtlinearen Hubs. Zu Beginn dieses Therads habe ich Messungen an meiner guten alten BM20 gezeigt, bei denen geregelte Chassis ungeregelte im Klirr weit hinter sich lassen, egal, bei welchem Pegel. Gute geregelte Töner kriegt man unter -60dB runter im Klirr für K2-K5.
Was auf den Bildern Deines HM 312 zu sehen ist, ist tatsächlich beeindruckend. Und auch die Aussicht auf durchgehend niedrige Klirrwerte < 0.1% für die harmonischen Verzerrungen tönt in der Tat sehr ansprechend. Hast Du dazu ergänzend auch entsprechende Messungen des Klirrs (sowohl linear, als auch nicht-linear) z.B. der von Dir verbauten Mitteltöner, geregelt vs. ungeregelt, welche Du hier publizieren könntest? Das wäre aus verschiedener technisch-konstruktiver Hinsicht hoch interessant.

Dazu ein kleines theoretisches Gedankenexperiment: Nehmen wir an, dass eine Regelung bei einem ideal-linear schwingenden Membrankolben eine Verbesserung der Verzerrungen von durchgehend 20dB erbringt. Wenn in einem realen System nun die erzielbare Verbesserung in weiten Bereichen tatsächlich 20dB beträgt, die Verzerrungen bei einer Frequenz jedoch signifikant höher sind, dann muss in diesem Bereich etwas mit der Linearität des Sub-Systems [Membran-Aufhängung] nicht koscher sein. Das System des [Antriebs] haben wir ja mit der Regelung linearisiert. Mit dieser Information könnte man nun gezielt versuchen, das mechanisch schwingende System mit konstruktiven Massnahmen für diesen sich durch die Regelung unbeeinflussbaren Frequenzbereich zu verbessern, z.B. mit Deinen erwähnten Carbon-Modifikationen. Ein solcher Ansatz, falls er denn richtig angedacht wäre, könnte sicherlich auch für Chassisentwickler interessant sein.

Angetan-lesende Grüsse
Simon
Bild
cay-uwe
Aktiver Hersteller
Beiträge: 1175
Registriert: 25.02.2009, 09:15
Kontaktdaten:

Beitrag von cay-uwe »

Wie ich bereits vorher schrieb, hatte ich mir auch so meine Gedanken gemacht und zusammengefasst. Das Meiste hat Gert schon erwähnt, weil ich mir aber die Mühe gemacht habe, stelle ich das hier rein. Wie immer wenn ich was schreibe, versuche ich das so einfach wie möglich dar zu stellen, weshalb für die eingefleischten "Techies" es hier und da eventuell ein Nasenrumpfen geben wird. Mir geht es aber auch darum, dass Mitleser, die nicht so tief in der Materie stecken auch von dieser Diskussion profitieren können :wink:

Diese Abhandlung soll in einfacher Form die Funktionsweise eines dynamischen Lautsprechers erläutern und wie und wo es sinnvoll ist eine Regelung ein zu setzen.

Dazu wird der dynamische Lautsprecher in seinen Antriebseigenschaften einfach dargestellt um dessen wesentliches Verhalten simpler erklären zu können. Es sei an dieser Stelle bereits erwähnt, dass es wesentlich komplexer zugeht als hier beschrieben.

Bild
Abbildung 1: Prinzipieller Aufbau eines dynamischen Lautsprechers

Bei einen dynamischen Lautsprecher befindet sich eine Spule in einen Magnetfeld, das durch einen Permanetmagneten erzeugt wird. Wird an der Spule eine Spannung angelegt ( das Musiksignal ) führt der entstehende Stromfluss dazu, dass sich in der Spule ein Magnetfeld aufbaut, der wie bei den Festmagneten eine Richtung aufweist. Das führt dazu, dass die Spule mal vom Magnetfeld des Permanentmagneten abgestoßen oder angezogen wird. Dadurch kommt die an den Magneten befestigte Membran in Schwingungen, die letztendlich den Schall erzeugen. Damit das unter Anderen zufriedenstellend funktioniert sollte sich die Membran bei den entstehenden Bewegungen nicht verformen, sprich die Membran sollte kolbenförmige Auslenkungen ausführen.

Unter diesen Aspekt lässt sich das Antriebsverhalten von einen dynamischen Chassis wie folgt darstellen.

Bild
Abbildung 2: Vereinfachtes Antriebsverhalten eines dynamischen Chassis

Abbildung 2 zeigt in einfacher Form wie die Auslenkung eines dynamischen Chassis im Ideal- und Realfall verläuft. Ideal wäre es wenn der Antrieb in seinen Bewegungen dem Signal ( U / I ) linear proportional folgt. Sprich wird eine bestimmte Spannung angelegt, die z.B. zu einer Auslenkung von +1mm führt, dann sollte beim verdoppeln der Spannung die Auslenkung auf 2mm erhöht werden, unter der Annahme das es eine 1:1 Proportion vorhanden ist, wie in der Abbildung 1 mit der ROTEN Kurve gezeigt wird. Das ist in der Realität so nicht der Fall, wie die BLAUE Kurve zeigt. Im reallen Fall ist es so, dass der Antrieb in einen gewissen Bereich recht linear arbeitet, aber ab einen bestimmten Punkt flacht die Auslenkungskurve immer mehr ab. In der Abbilung 1 stellt das Verhalten sehr vereinfacht dar, denn dieses Abflachen ist ein kontinuierlicher Prozess je größer die Auslenkung ausfällt. Real gesehen entspricht der Verlauf eher einen schräg verlaufenden „S“. Dieses Abflachen im Auslekungverhalten rührt im Wesentlichen daher, dass die Membran mechanisch gedämpft werden muss um sie gegen zu hohen Auslenkungen zu schützen. Dies wird hauptsächlich durch die Zentrierspinne und Sicke am Membranrand erledigt, aber auch der Einbau in eine Box sorgt für diese mechanische Eigenschaft.

Wie sich das beim Übertragen auf ein Signal auswirkt sollen folgende zwei Beispiele zeigen, wobei einmal das Verhalten bei kleinen Auslenkungen erläutert wird und zum Anderen bei großen Auslenkungen beschrieben wird.

Bild
Abbildung 3: Signalverhalten eines dynamischen Lautsprechers bei kleinen Amplituden

Wie Abbildung 3 zeigt, wird der Lautsprecher das angelegte Signal 1 zu 1 wiedergeben, denn in beiden Fällen arbeiten der ideale und reale Lautsprecher linear.

Das ändert sich wenn man das Übertragungsverhalten bei großen Amplituden betrachtet.

Bild
Abbildung 4: Signalverhalten eines dynamischen Lautsprecher bei großen Amplituden

Wie zu erwarten war, wird der ideale Lautsprecher das angelegte Signal 1 zu 1 übertragen, was aus den roten Lautsprechersignal zu sehen ist. Er entspricht in seiner Form dem Großsignal.

Anders sieht es mit den reallen Fall aus, den blau gekennzeichneten Lautsprechersignal. Deutlich zu erkennen ist, dass es nicht mehr den angelegten Signal entspricht. Wie aus den projizierten Linien zu sehen ist, rührt es daher, dass ab einen gewissen Punkt der reale Lautsprecher das Signal nicht mehr linear übertragen kann und das entstandene Lautsprechersignal wird verzerrt, was an der Form gut zu erkennen ist.

Man spricht in diesen Fall von nicht linearen Verzerrungen, die durch Unlinearitäten vom Antriebsverhalten des dynamischen Lautsprechers her rühren. Vollständigkeitshalber sollte noch erwähnt werden, dass es viele weitere solche Verzerrungen gibt, die einerseits mit dem Antrieb zu tun haben, wie z.B. hyterese Effekte durch Magnetfelder, aber anderseits z.B. dadurch entstehen, dass sich die Membran beim Bewegen zum Teil verformt und sogenannte Partialschwingungen erzeugt. Auch kann es innerhalb der Membran zu Resonanzen kommen, die durch Reflexionen am Membranrand ( Sicke ) entstehen, was praktisch bei jeder harten Membran zu beobachten ist.

Was für Auswirkungen und Betrachtungen man berücksichtigen muss um eine Regelung sinnvoll ein zu setzen, soll anschließend kurz erläutert werden.

Wenn es um eine Regelung geht, muss man sich Gedanken machen, was geregelt werden soll um die geeignete Regelung auf zu bauen, wobei an einen einfachen Beispiel erläutert werden soll, wie prinzipiell eine Regelung funktioniert und zwar an einen für Viele alltäglichen Beispiel.

Nehmen wir mal an, dass man auf einer Straße mit 100 km/h fahren muss. Dann ist es offensichtlich, dass die zu regelnde Größe die Geschwindigkeit ist. Man spricht auch davon, dass dies die Sollgröße, bzw. die 100km/h der Sollwert ist. Überschreitet man die Geschwindigkeit wird man abbremsen, da ein Sensor, in diesen Fall der Tacho signalisiert, dass man zu schnell ist. Der Sensor übermittelt eine sogenannte Istgröße und eine Regelstrecke ( Fuß am Gaspedal ) wird dafür sorgen, dass man etwas weniger Gas gibt und das Auto wird langsamer. Dabei schaut man wieder auf den Tacho ( Sensor ), denn man könnte die 100km/h unterschreiten. Ist dies der Fall wird man wieder, weil der Sensor ( Tacho ) sagt dass man zu langsam ist, etwas Gas geben. In diesen Fall spricht man auch über „Negative Feedback“, da die Geschwindigkeit reduziert wird wenn man zu schnell ist, oder erhöht wird wenn man zu langsam ist. Wie zu erkennen ist wird sich dieses Verhalten kontinuierlich einstellen, sprich Geschwindigkeit beobachten ( Istgröße ) und mit dem Gas dementsprechend regeln um die Sollgröße einzuhalten.

Vereinfacht gesagt, sieht das Ganze wie in Abbildung 5 aus, die die prinzipielle Arbeitsweise dieser Regelung aufzeigt.

Bild
Abbildung 5: Prinzipielle Arbeitsweise einer Regelung

Das gezeigte Lautsprechersignal in Abbildung 4, ist nichts anderes als Schalldruck der durch die Bewegung der Membran erzeugt wird. Daher ist es naheliegend zu sagen, dass man den Schalldruck regeln sollte, da dieser letztendlich das Signal ist was man zu hören bekommt. Vorteil dieser Betrachtung ist, dass dieses Signal alle Unregelmäßigkeiten beinhalten würde, wie das nicht lineare Antriebsverhalten des Chassis, aber auch die erwähnten Partialschwingungen, Resonanzen, usw. Demnach würde die Regelung eines Lautsprechers wie in Abbildung 6 gezeigt ausschauen.

Bild
Abbildung 6: Vereinfachte Regelung eines Lautsprechers

Theoretisch gesehen würde die Aufnahme der Istgröße ( Schalldruck ) durch ein Mikrofon als Sensor ideal sein. Die Istgröße wird dann mit dem Eingangsignal ( Sollgröße ) verglichen und gemäß den Geschwindigkeitsbeispiel geregelt bzw. korrigiert. Betrachtet man das Lautsprechersignal in Abbildung 4, dann würde es bedeuten, dass man ab der Stelle bei dem das Signal abflacht „mehr Gas“ geben muss, sprich höhere Spannung, bzw. Strom liefern, damit die Auslenkung stärker ausfällt und der Schalldruck steigt.

Leider ist es so, dass das Mikrofon jeglichen akustischen Ereignis ausgesetzt ist, auch solche die nicht vom Lautsprecher erzeugt werden und aus der Umgebeung her rühren. Das heisst, die Istgröße nimmt „falsche“ Ereignisse auf und das führt zu Fehlern bei der Regelung. Außerdem leidet die Aufnahme der Istgröße unter der Schallgeschwindigkeit, was heißen soll, dass zum Teil Ereignisse aufgenommen werden, die „zu spät“ erkannt werden und somit die Regelung Vergleiche und Korrekturen erstellt die nicht mehr passen. Technisch betrachtet spricht man von Totzeiten und das ist für eine Regelung kontraproduktiv. Die Totzeiten machen sich insbesondere bei hohen Frequenzen bemerkbar, weshalb man diese Art von Sensor im Wesentlichen nur bei Bässen findet.

Aus diesen Grund muss man nach Sensoren suchen, die Istgrößen liefern, die man in direkten Bezug auf den Schalldruck stellen kann. Im Prinzip verhält sich es so, dass der Schalldruck einen Bezug auf die Auslenkung hat, womit eine Positions- oder Streckenbestimmung durchaus eine interessante Lösung wäre. Allerdings setzt das vorraus, dass sich die Membran ideal kolbenförmig bewegt, ohne z.B. an Partialschwingungen oder Resonanzen zu leiden. Kann man das sicherstellen, zu mindestens im Einsatzbereich vom Chassis, dann kann man das Antriebsverhalten als Istgröße für eine Regelung benutzen. Das würde sehr viel Sinn machen, denn unter anderen bezeichnet Kippel die Unlinearitäten des Antriebs als eine der offensichtlichsten Fehlerquellen [1].

Als Streckensensoren sind oft Induktionssensoren zu finden, die primär Geschwindigkeitsaufnehmer sind, aber durch entsprechende Entzerrung kann man eine Weg- bzw. Positionsbestimmung erreichen. Diese Art von Sensor hat sich bei Lautsprecherregelungen weit verbreitet und besteht im Wesentlichen aus einer im Antrieb zusätzlichen Spule, die durch Induktion ein Istgrößensignal liefert. Bis zu einen gewissen Punkt, können für diese Zwecke auch Chassis mit Doppelschwingspulen benutzt werden, da die zweite Spule dazu genutzt werden kann den Istgrößenwert zu liefern. Auch Beschleunigungsaufnehmer oder optische Positionssensoren sind anwendbar.

Alle diese Art von Sensoren haben eines gemeinsam, sie liefern bei korrekter Entzerrung Informationen über die Position des Antriebs und somit auch über den erzeugten Schalldruck. Bei entsprechender Regelung erreicht man so eine Linearisierung des Antriebsverhalten, wodurch sich eine Reduzierung von Verzerrungen ergibt. Insbesondere Intermodulationsverzerrungen, also Anregung von mehreren Signalen gleichzeitig, was letztendlich typisch bei die Lautsprecherwiedergabe ist, profitiert davon [2].

Die Fragen die man sich nach dieser vereinfachten technischen Betrachtung stellt sind, in wie weit ist das hörbar, oder relevant, was für weitere Einsatzmöglichkeiten eröffnen sich bei der Entwicklung von einen Lautsprecher, usw. usw. …

Als erstes sei erwähnt, dass die Regelung den Einsatzbereich von Chassis im unteren Frequenzspektrum erweitert, ohne das Verzerrungen stärker ausfallen. Das wiederum ermöglicht eine idealere Implementierung von Frequenzweichen, da die Regelung auch eine Linearisierung des Frequenzgang mit sich bringt, soll heißen, Amplituden- und Phasenverhalten werden idealer eingehalten.

Folgende Klirrmessung eines Tieftöners soll das verdeutlichen.

Bild
Abbildung 6: Verzerungen eines Tieftöner mit und ohne Regelung

Abbildung 6 zeigt den Klirr eines Tieftöners mit und ohne Regelung, eingebaut in einen geschlossenen Gehäuse, wobei in beiden Fällen der Tieftöner im Bass identisch entzerrt wurde und zwar bis zu einer Grenzfrequenz von ca. 30Hz.

Im oberen Teil der Grafik sind die Verzerrungen ohne Regelung dargestellt im unteren Part die mit Regelung. Insbesondere sind die unharmonischen K3 und K5 Klirrwerte ( grüne bzw. rote Kurve ) zu beachten, denn hohe Werte in dem Bereich zeigen auf, dass es bei starken Auslenkungen zu unlinearen Verhalten kommt [1], bis hin zum Fall, dass die Spule das Magnetfeld verlässt. Im geregelten Fall zeigt sich eine starke Reduzierung beider kritischen Klirrwerte, K3 und K5.

Diese enorme Verbesserung rührt daher, dass die Regelung das Antriebsverhalten der Chassis linearisiert und die in Abbildung 4 zu sehende Verzerrungen eliminiert werden. An dieser Stelle sei nochmals erinnert, dass das Antriebsverhalten der Chassis sich mit kontinuierlichen Weg auch ständig ändert, sprich selbst bei kleinen Auslenkungen gibt es Verzerrungen, womit eine Regelung theoretisch und messbar gesehen ihre Vorteile hat.

Die immer wieder gestellte Frage ist: Ist das hörbar?

Bei der Messung des Klirrs in Abbildung 6 muss man sagen ja, denn ohne Regelung hat das Chassis „geschäppert“. Es hörte sich an als ob es kratzen würde. Das hat mit Regelung deutlich hörbar abgenommen, doch das sind Extremfälle.

Die Frage der Hörbarkeit wird eigentlich immer unbeantwortet bleiben, denn es ist auch eine sehr subjektive Empfindung die mitunter in eine Beurteilung einfließt. Oft wird das „Gefällt mir besser“ gleich gesetzt mit technisch besser, was nicht immer der Fall sein muss. Hinzu kommt noch, dass der Lautsprecher einerseits das schwächste Glied in der Wiedergabekette ist, aber auch das Komplexeste. Weichenngestaltung, Abstrahlcharakteristik, Boxenkonstruktion, etc. hat einen enormen Einluß auf den Klang, womit ein Vergleich mehrere Boxen immer auf ein „Gefällt mir“ oder „Gefällt mir nicht“ heraus laufen wird. Was die Unterschiede ausmachen können die Wenigsten beschreiben und noch weniger woher die Unterschiede herrühren.

Ein „fairer“ oder objektiver Vergleich wäre nur möglich, wenn man ein und die selbe Box einmal geregelt und zum anderen ungeregelt hören könnte, wobei dann die Weichentopologien und sonstige Entzerrungen auch gleich gestaltet werden sollten – und selbst dann wird es schwierig.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Regelung sehr effektiv Unlinearitäten vom Antrieb des Chassis entgegen wirken wird. Technisch, wie auch messbar, gibt es Vorteile die nicht von der Hand zu weisen sind. In wie fern das hörbar ist, wird schwierig zu beantworten sein, da Lautsprecherbeurteilungen sehr subjektiv ausfallen können ...

Referenzen:

[1] Loudspeaker Nonlinearities – Causes, Parameters, Symptoms, Wolfgang Klippel, Klippel GmbH, Dresden, Germany

[2] Optische lineare Wegmessung zur Modellierung und Regelung von Lautsprechern, Dipl.-Phys. Wolfgang Geiger, Erlangen - 2004
Bild
Fujak
Moderator
Beiträge: 5752
Registriert: 05.05.2009, 21:00
Wohnort: Bayern
Kontaktdaten:

Beitrag von Fujak »

Liebe Diskutanten,

das Thema dieses Threads finde ich insofern von zentraler Bedeutung, als es den Ursprung dieses Forums darstellt. Als Rudolf sich vor ziemlich genau 7 Jahren entschlossen hat, Aktives Hören ins Leben zu rufen, geschah dies, um der aktiven LS-Technik im Allgemeinen und der Regelungstechnologie im Besonderen zu mehr Öffentlichkeit und Geltung zu verhelfen.

Insofern freue ich mich darüber, dass durch den von Rudolf verlinkten Beitrag von Roman (Lautsprecher verstehen, Teil 1 bis 3) in diesen bis vor kurzem schlafenden Thread wieder frischer Wind gekommen ist - nicht zu letzt auch dadurch, dass hier durchaus kontrovers diskutiert wurde, und sich zudem unsere Spezialisten für sensorgeregelte Lautsprecher z.T. sehr detailliert beteiligt haben - allen voran Ralph, Roman und Gert.

Wovon ich in den vergangenen Tagen weniger angetan bin, ist die aus meiner Sicht völlig unötige persönliche Schärfe, die in einigen Beiträgen leider festzustellen war. Dabei spreche ich ganz bewusst auch Dich an, Oliver. Dies bitte ich nicht als Beleg dafür zu verstehen, dass inhaltliche Kontrapunkte zur Sensorregelung hier nicht gewünscht sind, sondern es ausschließlich um eine Kritik am Diskussionsstil geht.

Umso mehr freut es mich, wenn ich feststellen kann, dass es doch einige in unserem Forum gibt, die als "Hüter des guten Tons" sich hier in den vergangenen Tagen zu Wort gemeldet haben und berechtigterweise Mäßigung und Rückkehr zur Sachdiskussion angemahnt haben.

Um den Fluss der inhaltlichen/sachlichen Diskussion des Themas zu gewährleisten, wird das Moderatorenteam im Laufe des Tages alljene Beiträge ins Archiv verschieben, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Thema stehen (also auch meinen hier). Ich bitte dies nicht als Missachtung dieser Beiträge zu verstehen (insbesondere jener, die sich für den guten Ton eingesetzt haben), sondern als eine dem Inhalt des Threads dienenden Maßnahme.

Ich wünsche mir und uns weiterhin eine sachbezogene und gerne auch kontroverse Diskussion über das Thema.

Viele Grüße
Fujak
Bild
RPWG
Aktiver Hersteller
Beiträge: 254
Registriert: 18.12.2012, 13:49

Beitrag von RPWG »

Hallo zusammen,

Nachdem glaube ich noch gar keiner dem Cay-Uwe für seine Ausführungen (die bestimmt nicht in irgend einer Kaffeepause entstanden sind) gedankt hat: DANKE. :wink:

Bei Gerts Ausführung (Aus der "Thesendiskussion" halte ich mich raus):
Fortepianus hat geschrieben:[...] merkt man jedoch schnell, dass man durch Messungen des Sensorsignals dazu erzogen wird, sich die Membranbewegungen viel genauer anzuschauen, als man das ohne Sensor müsste.
musste ich direkt an meine eigenen Messungen denken. Wen es denn mal interessiert, was so ein Geschwindigkeitssensor an Information ausspuckt:

Bild

Die Ordinatenbeschriftung ist natürlich Quatsch und auf die Sensitivität meines sonst verwendeten Mikrofons angepasst. Darum geht's aber auch nicht. Im Datenblatt-FG des betreffenden 17 cm Alu-Chassis waren bis 2 kHz keinerlei Unregelmäßigkeiten zu erkennen. Das vielleicht nur als Untermalung.

Vielleicht sollte man sich einfach in der Mitte treffen und die Diskussion bei einem Bierchen weiterführen. Wenn uns dann zu später Stunde der Diskussionstoff ausgehen sollte, bleiben noch die zitierten Youtube-Videos als allgemeine Belustigung :cheers: ...

Beste Grüße,
Roman
Bild
Ralph Berres
Aktiver Hörer
Beiträge: 510
Registriert: 05.08.2011, 11:04
Wohnort: Trier
Kontaktdaten:

Beitrag von Ralph Berres »

Cay-Uwe hat geschrieben:Bei der Messung des Klirrs in Abbildung 6 muss man sagen ja, denn ohne Regelung hat das Chassis „geschäppert“. Es hörte sich an als ob es kratzen würde. Das hat mit Regelung deutlich hörbar abgenommen, doch das sind Extremfälle.
Irgendwann hatte ich mal in irgendeinen Tread Messungen an dem BM6 Hochtöner eingestellt.

Einmal mit und einmal ohne Gegenkopplung. Angeregt hatte ich mit einem Rechtecksignal.

Wenn ich nur wüsste in welchem Tread das war.

Ich hab's gefunden: in dem Thread Subtraktionsweichen war es.

Ralph
Bild
O.Mertineit
inaktiv
Beiträge: 755
Registriert: 07.05.2012, 11:42
Wohnort: Reinheim bei Darmstadt
Kontaktdaten:

Dissertation über optisches Verfahren zur Membranregelung

Beitrag von O.Mertineit »

Hallo Cay Uwe,
cay-uwe hat geschrieben: [1] Loudspeaker Nonlinearities – Causes, Parameters, Symptoms, Wolfgang Klippel, Klippel GmbH, Dresden, Germany

[2] Optische lineare Wegmessung zur Modellierung und Regelung von Lautsprechern, Dipl.-Phys. Wolfgang Geiger, Erlangen - 2004
auch ich bedanke mich für die anschauliche Darstellung der Grundzusammenhänge bezüglich des Auslenkungsverhaltens von dynamischen Lautsprechern: Vielleicht wird das Thema für eine größere Anzahl Teilnehmer nun noch anschaulicher.

Zu Deinen Literaturhinweisen:

[1] Hatte ich zuvor auch bereits erwähnt, [2] war mir noch nicht bekannt: Eine m.E. sehr interessante Arbeit, auch weil eine positionsbasierte Methode mittels eines "Position-Sensitive-Detector (PSD)" verwendet wird.

Hier ein direkter Link zur Arbeit:
[2] http://opus4.kobv.de/opus4-fau/files/104/drarbeit.pdf

@Cay-Uwe
Hast Du (oder haben andere) eine Erklärung dafür, warum dort in den Messungen auf S. 92 (=98 im PDF), Abb. 92, Messung 1) bei Membranhüben um 3,22mm (das ist der maximal gemessene Hub) die nichtlinearen Verzerrungen auf der Ebene der Schwingspulenbewegung (Weg/Zeit Funktion) zwar durch Regelung abnehmen, insbesondere die Verzerrungskomponenten K3 und K4 im erzeugten Schallfeld jedoch demgegegenüber sogar zunehmen ?

Der Effekt ist so deutlich, daß K3 und K4 sogar gegenüber der ungeregelten Variante um je ca. 8-10dB zunehmen(!), wie im schalldruckbezogenen Diagramm 1) links zu sehen ist.

Außerdem erscheint im Schalldruck eine Spektralkomponente mit ca. 3,3 facher Grundfrequenz, welche um ca. 25dB höher (rot) ist als in der ungeregelten Version (blau).

Obwohl in dieser Messreihe lt. Abb. 92 bis in den mittleren Hubbereich auch die Klirrkomponenten im Schalldruck abnehmen (wenn auch nicht im gleichen Maß wie in der Weg/Zeit Funktion der Schwingspule), trifft dies im Bereich sehr hoher Auslenkung der Membran nicht mehr zu:

Obgleich mit Regelung rein vom Weg/Zeit Verhalten der Schwingspule insgesamt noch Vorteile durch Regelung zu verzeichnen sind (außer bei K4), schlägt auf der Schalldruckebene der Effekt der Regelung hier sogar zum Nachteiligen um.

Dabei sollte doch gerade im Grenzbereich die größte Verbesserung eintreten ?


Viele Grüße

Oliver
Bild
cay-uwe
Aktiver Hersteller
Beiträge: 1175
Registriert: 25.02.2009, 09:15
Kontaktdaten:

Beitrag von cay-uwe »

Hallo Oliver,

ich habe mir zu Deiner Frage auch die Gedanken gemacht und gehe davon aus, dass es sich um Partialschwingungen handelt, denn das Chassis ist soweit ich das sehen konnte ein 18" ( Monacor SPH390TC ), bei dem bestimmt Partialschwingungen nicht zu vermeiden sein werden.

Ich habe übrigens auch solche Erfahrungen mit eine sehr billigen Chassis gemacht. Allerdings, war bei meinen Messungen K3 und k5 immer niedriger, aber K2 und K4 erhöhten sich zum Teil. So wie ich Kippel verstanden habe, sind das Effekte die aus Partialschwingungen her rühren, da diese harmonische Verzerrungen verursachen.

Bei einen "aufwendiger" und besser gemachten Chassis habe ich durchgängig Verbesserungen, insbesondere bei K3 gemessen.

Bild

Das Beispiel zeigt aus meiner Sicht, dass man selbst bei Regelung, die Chassis gut auswählen sollte :wink:

Ansonsten freue ich mich, dass meine vereinfachte Abhandlung gut angekommen ist :cheers:
Bild
O.Mertineit
inaktiv
Beiträge: 755
Registriert: 07.05.2012, 11:42
Wohnort: Reinheim bei Darmstadt
Kontaktdaten:

Partialschwingungen bei großen Woofern schon ab 30Hz ?

Beitrag von O.Mertineit »

Hallo Cay-Uwe,
cay-uwe hat geschrieben: ich habe mir zu Deiner Frage auch die Gedanken gemacht und gehe davon aus, dass es sich um Partialschwingungen handelt, denn das Chassis ist soweit ich das sehen konnte ein 18" ( Monacor SPH390TC ), bei dem bestimmt Partialschwingungen nicht zu vermeiden sein werden.
...das klingt m.E. sehr plausibel. Jedoch sprechen wir hier über eine Messfrequenz von 30Hz:

Es sind nicht 300Hz oder 3Khz. Die Membran bewegt sich hier durchaus noch weit unterhalb ihrer "Mode 01", nur bei großen Hüben findet wohl eine Deformation statt. Eine solche Deformation würde ich dann eher als eine "quasi statische Deformation" sehen wollen:

Die Randeinspannung geht vermutlich in die Begrenzung und die Membran deformiert sich. Das verschobene Volumen ist nicht mehr proportional zur Auslenkung der Schwingspule.

Das Dumme dabei: Die Regelung "sieht nur die Schwingspule" und weiß gar nicht, daß dieser Fall eingetreten ist und sie ab jetzt "besser fahren würde", wenn man den Membranhub nicht nachregelte, sondern dem freien Spiel der Kräfte seinen Lauf(!) ließe:

Die Schwingspulengeschwindigkeit (und der Hub) würde zwar zurückgehen und wäre nicht mehr proportional zur Eingangsspannung, dafür würden Deformation der Membran und mechanische Balastung der Aufhängung geringer, und der Klirr sogar weniger. Die ungeregegelte Gegenmessung Abb. 92 oben Messung 1) links, blau zeigt es.

Nichts anderes habe ich - für diejenigen die sich noch erinnern - lange zuvor gesagt:
Man kann nicht - schon gar nicht bei qualitativ fragwürdigem Material - davon ausgehen, daß man den nutzbaren Membranhub durch Regelung stets um eine konstanten Faktor (z.B. 2 fach, um 6dB ) steigern kann und dabei noch verbesserte Klirrwerte erhält.

Merke also: "There is no free Lunch." (Auch nicht durch Regelung von Bewegungsgrößen der Schwingspule.)

Dafür habe ich mir hier zuvor von anderen große Häme einfangen müssen. Jetzt müssen wir die von Dir dankenswerterweise verlinkte Dissertation lesen, um zu sehen, daß mein Standpunkt berechtigt war und ist. Vielen Dank dafür.


Grüße aus Reinheim

Oliver Mertineit


P.S.
dietert hat geschrieben: Wenn ich aus demselben Lautsprecher mit einem Regler mehr machen kann, dann ist das eine angemessene Lösung. Und zwar schon seit etwa 30 Jahren, viele Patente in diesem Bereich sind ja schon abgelaufen. Kann nur allen Protagonisten hier empfehlen, endlich mal diese Patente zu lesen, bevor sie sich in der Öffentlichkeit zu dem Thema äußern. Man kann nicht immer wieder an derselben Stelle kapitulieren.
Zur Falsifikation wissenschaftlicher Hypothesen nach Sir Karl Popper
http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Popper
nun ein Beispiel:
"Mit einer Regelung erreicht man immer eine Verdopplung des nutzbaren Membranhubs."

(Ab heute auch bekannt als "Free Lunch Hypothesis" nach @dietert)

Falsifiziert ist eine Hypothese im wissenschaftlichen Sinn durch ein einziges gültiges Gegenbeispiel.

Ich weiß: Die in diesem Forum argumentativ direkt oder indirekt vertretenen Hersteller verwenden alle viel besseres Materal (an Membran und Aufhängung), sowie wesentlich ausgefeiltere Regelungsverfahren, so daß die in o.g. Dissertation am Einzelfall gemessenen Anomalien bei großen Membranhüben hier nicht zu erwarten sind. OK so ?
Bild
Ralph Berres
Aktiver Hörer
Beiträge: 510
Registriert: 05.08.2011, 11:04
Wohnort: Trier
Kontaktdaten:

Beitrag von Ralph Berres »

Oliver

Es ist doch klar das man den Lautsprecher nicht bis zu seinen Belastungsgrenzen betreiben soll.

Aber man kann doch ( wenn auch auf Kosten der maximalen Lautstärke ) mit Hilfe der Regelung den Frequenzgang nach unten hin ausweiten. Gerade bei kleinen Gehäusen welche in kleinen Räumen spielen soll ( ich rede hier so von 10-16qm Raumfläche ) ist man doch froh wenn der Lautsprecher nicht bei 70-100Hz untere Grenzfrequenz am Ende ist, weil das Gehäuse nur 10 Liter Volumen hat. Unterhalb der Resonanzfrequenz nimmt der Schalldruck ja bekanntlich mit 12db/Oktave ab.

Wenn durch die Regelung der Frequenzgang egalisiert wird und man den Lautsprecher dadurch auch unterhalb seiner ( mechanischen ) Resonanzfrequenz betreibt, nimmt halt der maximal erzielbare Schalldruck unterhalb der ( mechanischen ) Resonanzfrequenz um 12db/ Oktave ab.

Aber da man in einer Mietwohnung eines Mehrfamilienhauses eh nicht mehr als 80-maximal 90dba Schalldruck hören kann ( wegen der Nachbarn ) sehe ich das nicht unbedingt als Nachteil an, sondern erfreue mich einer tieferen Basswiedergabe.

Ich betreibe zu Hause meine BM76 mit einen 20cm Tieftöner in einen vielleicht 10 Liter großen Gehäuse.

Das Nettovolumen ist sogar eher noch kleiner, da der Lautsprecher voll gepackt mit Elektronik ist und das Mitteltonchassis sein eigenes Gehäuse im Gehäuse besitzt.

Sicherlich kann man die Problematik, das die Resonanzfrequenz eines Lautsprechers sich in einen Geschlossenen Gehäuse erhöht, durch andere Gehäusetechniken mildern, eventuell sogar nach unten erweitern ( Bassreflexsysteme , Hornsysteme Transmissionsline etc ) , doch dazu sind relativ große Gehäuse notwendig welche sich in einen kleinen Wohnzimmer nicht immer unterbringen lassen.

Grüße aus einem kleinen verschlafenen Nest am Rande der Eifel mit ca. 100000 Einwohnern

Ralph
Bild
Antworten